Ganz sicher ist das Kastenwesen in Indien Teil des dortigen Glaubens. Es ist bei den Hindus so sehr in der Tradition, in der Alltagserfahrung bis hin zum spirituellen Erleben verwurzelt, daß man daran unmöglich unsere westlichen Wert- oder gar Moralvorstellungen anlegen kann. Gemessen an der Milliarde Menschen, die ihn unterdessen bewohnt, ist selbst der große indische Subkontinent zu klein und viel zu arm, um der Gesamtheit dieser Menschen einen Lebenstandart zu ermöglichen, der unseren Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit entspricht. Das ist aufgrund der Gegebenheiten schlichtweg nicht machbar. Da hilft auch kein Moralisieren. Der Hindu aber ist tief gläubig, deshalb moralisiert er nicht. Selbst dem bettelarmen Shudra, dem Angehörigen der untersten Kaste, bleibt, wenn er schon sonst nichts besitzt, doch die Gewißheit des Eingebundenseins in eine göttliche Ordnung. Wohin und gegen wen also sollte er sich erheben?Zieglinde hat geschrieben:Aber kommen wir weiter zum Aberglauben oder Glauben!
Mir geht es da nicht nur um die kath. oder evang. Kirche, ich denke da auch z. B. an das Kastendenken in Indien, fällt für mich auch unter Glauben. (...) Das ist schon ganz prima, wenn ein Volk mit sooo vielen Einwohnern so denkt. Nicht auszudenken, wenn die sich erheben würden!
Selbst wenn man alle Reichen Indiens enteignete und das Geld unter der Milliarde von Menschen verteilte, wäre das nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Und morgen wäre es wieder, wie es vordem gewesen war. Es wäre sogar schlimmer. Entsetzlich viel schlimmer. Denn die westliche Ideologie von der angeblichen Gleichheit aller Menschen hätte den Ärmsten der Armen in Indien dann auch noch die Gewißheit des Eingebundenseins in ein großes göttliches Weltgeschehen genommen, ohne ihnen in ihrem neuen alten Elend mehr hinterlassen zu haben, als leere politische Phrasen.
Grüße aus Portugal!
Richard