Welche Milch bei mutterloser Aufzucht?

Annabella
Beiträge: 1746
Registriert: 19.11.2003, 10:48

Welche Milch bei mutterloser Aufzucht?

Beitrag von Annabella »

Da dieses Thema hier immer wieder auftaucht und die Empfehlungen sehr unterschiedlich sind, möchte ich Euch meine Erfahrungen mitteilen. Vorausschicken möchte ich, daß ich nur von Lämmern der Milchrassen berichten kann.
Sicher ist der Idealfall, daß eine Ziege ihre Lämmer selber säugt. Aber es kann immer wieder vorkommen, daß eine Mutterziege eingeht, zuwenig Milch hat (z.B. bei Drillingen oder Vierlingen, oder wenn sie noch sehr jung ist), oder man selbst die Milch braucht und die Lämmer deshalb mutterlos aufziehen möchte. Die Alternativen sind dann (nachdem die Lämmer ausreichend Kolostralmilch getrunken haben): Kuhmilch vom nächsten Milchbauern, H-Milch mit unterschiedlichem Fettgehalt, Ziegenmilch aus dem Kühlregal, oder Milchaustauscher.
Mein Favorit (und der meiner Lämmer) ist einwandfrei der Milchaustauscher für Kälber, und zwar die angesäuerte Variante in dem für Aufzuchtkälber vorgesehenen Mischungsverhältnis. In diesem Milchaustauscher ist alles drin, was ein Ziegenbaby an Nährstoffen braucht, ich habe in den letzten Jahren nie auch nur einen Fall von Durchfall bei meinen Lämmern gehabt.
Mit Kuhmilch (frisch vom Bauernhof) habe ich noch keine Erfahrungen, ich könnte mir aber vorstellen, daß Ziegenlämmer diese Milch auch vertragen könnten. Auch diese Milch enthält noch alle Vitamine, der Fettgehalt entspricht in etwa dem der Ziegenmilch. Ein Problem könnte die Größe der Fettpartikel sein.
H-Milch ist eigentlich "tote" Milch- außer Wasser, Eiweiß und Fett (je nach Sorte) ist eigentlich nichts Bemerkenswertes enthalten, deshalb schmeckt sie so "wunderbar" neutral. Ok, ein paar Mineralstoffe sind noch drinnen, die bekommt man bei der Behandlung nicht so schnell kaputt wie die Vitamine....
Ziegenmilch aus dem Supermarkt ist auch "vorbehandelt", und wer sie schon einmal probiert hat wird verstehen, warum so viele Leute sagen: "Ziegenmilch, nein danke"...Und wer kann sich diese Milch auf Dauer schon leisten?
Und damit sind wir beim Preis:
Ein Liter H-Milch kostet beim Billig-Discounter immer noch ca. 60 Cent??? (ich kenne ehrlich gesagt nicht den aktuellen Preis, weil ich den Dreck nicht kaufe). Für einen Liter Kuhmilch bekommt der Bauer etwa 50 Cent (auch hier bin ich nicht über den aktuellen Marktpreis informiert), beim Ab-Hof-Käufer wird er etwas mehr verlangen. Ein Sack Milchaustauscher mit 20 kg kostet ca. 50 €, damit kann ich 200 Liter Tränke für meine Lämmer machen- der Liter kostet somit 25 Cent. Und ich brauche kein Extra-Geld für Durchfallmedikamente oder gar den TA....
Von dem Ratschlag, der H-Milch irgendwelche Dinge wie Haferflocken und Leinsamen zuzusetzen, halte ich gar nichts: der Labmagen, in den die Milch läuft, kann nur Milch verarbeiten- alles andere an Futtermitteln gehört in den Pansen!
Das sind meine Erfahrungen, die ich von einem alten und sicher sehr sparsamen TWZ-Züchter übernommen habe, und bisher habe ich damit nur beste Erfolge.
Wie sind Eure Erfahrungen? Ich bin gespannt!


Liebe Grüße,
Katja
------------------------------------------------------
Ich bin wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich!
(Konrad Adenauer)
Amelie
Beiträge: 1991
Registriert: 14.03.2007, 08:02

Beitrag von Amelie »

Hallo Katja,
danke für deine Erfahrungsberichte(damit meine ich auch die anderen Beiträge von dir).Für mich als Ziegenlämmerneuling sind sie immer sehr hilfreich und vor allem nachvollziehbar.Auch wenn andere scheinbar andere Erfahrungen gemacht haben würde ich im Notfall auch zum Milchaustauscher oder normaler,unbehandelter Kuhmilch greifen.H-Milch,ob Ziegenmilch oder Kuhmilch,finde ich auch nicht annehmbar.Und was Leinsamen und Haferflocken in der Milch sollen ist für mich nicht nachvollziehbar.Aber wenn manche damit gute Erfahrungen gemacht haben...nur zu. #ka#
Und übrigens,nur zur Info.Die Bauern bekommen im moment ca.30 Cent pro Liter Milch. ;-)

Eine Frage hätte ich da noch.Hast du nur das gesäuerte Milchpulver ausprobiert oder auch das andere?Ich will zwar nicht hoffen das es Probleme gibt,wenn meine Damen gedenken zu lammen,aber wir haben nur das ungesäuerte da und ich wüßte sehr gerne wie da die Erfahrungen sind.
Liebe Grüße und frohe Ostern
Christine


Therapiehof

Re: Welche Milch bei mutterloser Aufzucht?

Beitrag von Therapiehof »

Annabella hat geschrieben: Mein Favorit (und der meiner Lämmer) ist einwandfrei der Milchaustauscher für Kälber, und zwar die angesäuerte Variante in dem für Aufzuchtkälber vorgesehenen Mischungsverhältnis
Hallo Katja, danke für den Bericht, wichtig ist wohl genau die angesäuerte zu verwenden, normaler, d.h. nicht saurer Milchaustauscher macht oft Durchfall.

Mich würde noch die Tränketemperatur und die Häufigkeit der Tränke interessieren.

Leider können wir kontrollierte Biobetriebe diesen Milchaustauscher nicht verwenden, da Kuh- oder Ziegenmilch in den Richtlinien von Bioland vorgeschrieben ist.

Wie in fast allen Fragen zu diesem Thema schreibe ich hier auch: mein Favorit ist, nach natürlicher Ziegenmilch, die naturbelassene Kuhmilch vom Bauern nebenan. Wenn das Fett darin Probleme macht kann man die Milch im Kühlschrank stehen lassen, sie rahmt dann auf und sich die Sahne obendrauf in den Kaffee kippen und die Milch untern den Lämmern geben (mit 38 Grad).

Wie schon geschrieben wurde, ist alle Milch aus dem Supermarkt problematisch, weil bei verschiedenen Prozessen in der Molkerei die Milch stark verändert wird, das fängt beim Homogenisieren an, wo die Fettkügelchen zerstört werden und hört beim Erhitzen auf, wo es den Vitaminen und anderen Vitalstoffen an den Kragen geht. Ich kenne viele angebliche Milchallergiker, die frisch gemolkene Kuhmilch problemlos vertragen. Also H-Milch von Aldi und Co. ist eben eher weiss gefärbtes Wasser mit fraglicher Wirkung (aber das muss ich als Biobauer wohl schrieben)

lg
Andreas


Zieglinde
Beiträge: 2759
Registriert: 06.03.2003, 18:21

Beitrag von Zieglinde »

Hallo,
also wir haben mit Milchpulver für Kälber (nicht für Schafe!) die besten Erfahrungen gemacht, Durchfall hatten wir nie und die Milch wurde immer, vorausgesetzt der richtige Nuckel steckte, angenommen. Es muß halt nur richtig angerührt werden. Neben dem günstigen Preis für - umgerechnet - ein Liter Milch entfällt auch die olle Schlepperei und das Vorsorgen an Feiertagen (wieviel Tetrapacks müßte ich mir da hinstellen?). Den Sack schleppt man einmal und gut.
Die Anwendung ist furchtbar einfach.
Ich würde meinen Milchziegen nie H-Milch oder Haferflocken und anderes-Gedöns-in-Milch geben.
LG
Silke


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Beitrag von sanhestar »

Hallo,

ich habe letztes Jahr meine ersten Flaschenlämmer aufgezogen - drei an der Zahl.

Schwerpunktmässig erhielten sie die frische Kuhmilch vom Nachbarn nebenan - keine Probleme.

Anfangs, bis ich mich an die Rohmilch getraut habe, gab ich frische Vollmilch aus dem Supermarkt (3,5% Fett), mit ein wenig Laktosebakterien (1 TL pro Flasche) aufgewertet - auch da keine Probleme.

Die Empfehlung H-Milch hört man oft hinsichtlich der Aufzucht von Zwergziegen, aber da ich hier keine Erfahrungen habe, kann ich es nicht beurteilen.

Ein vor Jahren im Alter von 3 Monaten zugekaufter, mit der Flasche und Ziegenmilch aufgezogener Jungbock nahm den Milchaustauscher nur an, wenn ich diesen mit Kuh-Vollmilch gemischt habe (er bekam noch über ein paar Wochen 1x tgl. seine Flasche).

Mich persönlich stösst der Geruch des Milchaustauschers ab und ich bin eben in der glücklichen Lage, zu fast jeder Tageszeit mich beim Nachbarn eindecken zu können (es sei denn, ich verpasse den Milchtanker) und für "Lämmermilch" auch Mengenrabatt zu bekommen.

Gruss


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Amelie
Beiträge: 1991
Registriert: 14.03.2007, 08:02

Beitrag von Amelie »

@Silke:Welchen Milchaustauscher habt ihr denn genommen?Den angesäuerten?


Liebe Grüße

Christine


Der Optimist sieht die Rose,der Pessimist nur die Dornen.
Annabella
Beiträge: 1746
Registriert: 19.11.2003, 10:48

Beitrag von Annabella »

@ Amelie:
ich habe nur Erfahrungen mit dem angesäuerten Milchaustauscher (Kälbermilch S von Bergophor). Der Züchter, von dem ich meine ersten TWZ hatte, hat so ziemlich alles, was auf dem Markt ist ausprobiert (er liefert die Ziegenmilch und zieht die Lämmer deshalb von Anfang an mutterlos auf). Und er hatte die besten Erfahrungen mit diesem Austauscher gemacht, deshalb gab es für mich nie einen Anlass, einen anderen auszuprobieren. Und ich habe eben gesehen, daß in dem Sack nicht 20 kg sondern 25 kg sind.
Wenn Du nur ungesäuerten Austauscher hast, kannst Du ihn vielleicht mit etwas Joghurt ansäuern, manche Bauern hier geben zum ansäuern einfach einen Schuss Essig rein, was ich für nicht besonders gesund halte.
Wie Silke geschrieben hat, ist das A und O der richtige Sauger, um die Kitze an die Flasche zu bringen- oder gleich aus Schüsseln tränken. Stehen die Schüsseln am Boden, ist der Lämmerhals genauso leicht überstreckt wie bei der "normalen" Saughaltung (nur eben nach unten statt nach oben), und der Schlundrinnenreflex funktioniert.
@ Therapiehof:
Wir rühren das Pulver in gut 40 Grad warmes Wasser ein (100 gr. Pulver auf einen Liter Wasser), und lassen die Tränke dann auf 39 Grad abkühlen. Der Vorteil beim angesäuerten Milchaustauscher soll darin liegen, daß man (theoretisch) nur alle 2 Tage neu anrühren muß, ohne daß die Tiere Durchfall bekommen. Wir machen die Milch aber für jede Mahlzeit frisch an. Getränkt wird bei ganz jungen Kitzen 4-5 mal am Tag, wenn sie etwa 3 Wochen alt sind und schon etwas Heu und Quetschhafer fressen nur noch dreimal täglich.


Liebe Grüße,
Katja
------------------------------------------------------
Ich bin wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich!
(Konrad Adenauer)
Amelie
Beiträge: 1991
Registriert: 14.03.2007, 08:02

Beitrag von Amelie »

Hallo Katja,
Wie Silke geschrieben hat, ist das A und O der richtige Sauger, um die Kitze an die Flasche zu bringen- oder gleich aus Schüsseln tränken. Stehen die Schüsseln am Boden, ist der Lämmerhals genauso leicht überstreckt wie bei der "normalen" Saughaltung (nur eben nach unten statt nach oben), und der Schlundrinnenreflex funktioniert.
Das war mir durch die Kälberaufzucht bekannt.Wir haben das süße Milchpulver, weil die Akzeptanz bei den unseren Kälbern besser ist.Daher verwundert mich,das Lämmer das gesäuerte bevorzugen.Man lernt ja nie aus. ;-) Das man Joghurt hinzufügen kann,hatte ich hier schon irgendwo gelesen.

@Silke oder all:Welcher ist eurer Meinung nach der "richtige" Sauger?Ich hab mir für den Notfall eine Babyflasche mit dem kleinen,runden Latexsauger besorgt.Ansonsten kenne ich noch die Lämmersauger aus dem Landhandel.


Liebe Grüße

Christine


Der Optimist sieht die Rose,der Pessimist nur die Dornen.
Annabella
Beiträge: 1746
Registriert: 19.11.2003, 10:48

Beitrag von Annabella »

@ Christine: die angesäuerte Milch schmeckt genauso süß wie die ungesüßte.

Zum Thema Sauger: der einzige, den meine Kitze annehmen, ist ein gleichmäßig geformter, langer, weicher Kautschuk-Lämmersauger, so wie er in den Tränkeeimern von Eurofarm eingebaut ist. Es gibt diese Saugerform auch zum Aufziehen auf Limo-oder Mineralwasserflaschen.- Ähnlich geformte Sauger, die man auf Baby- oder Lämmerflaschen mit Schraubring setzen kann, haben vorne einen länglichen dünnen Nippel, den die Kitze nicht mögen- und abschneiden geht nicht, weil dann das Loch zu groß wird.
Latexsauger sind härter und die roten Gummisauger schmecken dazu noch ekelig.


Liebe Grüße,
Katja
------------------------------------------------------
Ich bin wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich!
(Konrad Adenauer)
Zieglinde
Beiträge: 2759
Registriert: 06.03.2003, 18:21

Beitrag von Zieglinde »

Hallo Christine,
nix angesäuertes. Ich hab es nie probiert, aber es roch süß und nach Kokosnus. Und muß immer frisch angerührt werden.

Sauger hab ich auch längliche gehabt (schlicht die Form eines Menschenfingers), da Menschenbabynuckler nie angenommen wurden. Ich weiß nicht, was für welche, weiß/gelbes Gummi und nicht so hart wie die roten. Werden, glaube ich, auch für die Aufzucht von Welpen genommen. Es kann nie schaden, einen Nuckler davon beim Raiffeisenmarkt zu kaufen und im Dunkeln im Schrank liegen zu haben.

LG
Silke


Antworten