Seite 1 von 5

Äußerst schwere Zangengeburt

Verfasst: 24.02.2008, 22:55
von Fridolin
Grüß Euch

Gerade komme ich nach mehrstündiger Geburtshilfe aus dem Stall und bin moralisch stark angeschlagen. Was habe ich doch den Deckschurz, mit dem unser Fridolin nun bereits das zweite Jahr unfallfrei herumgerannt ist, hier im Forum propagiert. In den letzten Wochen konnte ich es aber selbst fast nicht mehr abstreiten - unsere bzw. die Zwergziege unserer Nachbarn - Ricky muss wohl trächtig sein. Wenn es keine unbeflechte Empfängnis war, muss es dem Fridolin wohl irgendwie gelungen sein, seinen Deckschurz zu umgehen.

Um ca. 16 Uhr brachten wir unsere Ricky - an diesem wunderschönen, warme Februartag in ein Extragehege - wo alsbald in einem kleinen Ziegenstall der Geburtsvorgang begann. Zuerst verlief alles nach Plan, doch dann sahen wir, dass das erste Kleine mit dem Schwänzchen voraus im Geburtskanal lag. Der rasch herbeigeholte TA drehte das Kleine zurecht und zog es nach einigen Versuchen mit den Hinterbeinen voraus, heraus. Der TA hat das Kleine dann an den Hinterbeinen genommen und durchgeschüttelt, dann auf die Seite gelegt, eine Nadel im Bereich des Mäulchen gesetzt und auch im Schwänzchen. Dann hat er mit kaltem Wasser den Nackenbereich des Kleinen abgeschreckt. Danach wurde es von der Nachbarin trocken gerieben. Bevor der TA kam gab er uns telefonisch die Anweisung, die Mutterziege stehend zu halten und sie nicht niederlegen lassen, damit der Geburtsvorgang unterbrochen wird.

Das zweite Kitz lag ebenfalls falsch, nämlich Köpfchen voraus und die Beinchen hinten. Nachdem der TA das Kleine zurechtgedreht hat und an den Beinen herausziehen wollte, lag der Kopf seitlich und konnte nur mit Hilfe einer Geburtszange herausgeholt werden. Auch mit dem zweiten Kleinen wurde dann gleich verfahren. Schütteln, Nadeln, kaltes Wasser, trockenreiben. Der Mutterziege wurde dann noch eine Infusion gelegt, zuvor hatte sie bereits eine Spritze bekommen und nach der Infusíon dann noch zwei Spritzen im Nackenbereich.

Das war dann aber noch nicht das Ende. Die Mutterziege war natürlich derart fertig, dass sie alles wollte, nur ihre Jungen nicht. Sie konnte sie nicht ablecken, das ganz Prozedere einer natürlichen Geburt war ihr versagt geblieben. Wir haben zwar versucht ihr die Jungen anzusetzen, sie wehrte sich aber heftig. Trotzdem gelang es uns, das Erstgeborene anzusetzen und wenigstens ein paar Schluck Kolostrum zu trinken. Das Zweite konnte noch nicht aufstehen und als das gelang, war die Mutter einfach zu schwach um noch stehen zu wollen. Abgesehen davon wollte sie ihre Jungen immer wegstoßen. Ein paar Tropfen Kolostrum rangen wir ihr noch ab und gaben es dem Kleinen mit einer Spritze ein. Dann molken wir ein wenig von zwei anderen Ziegen ab, die vorige Woche je zwei Junge bekamen und flößten die Milch ein.

Die Nachbarn haben die Kleinen nun in einem Waschkorb in ihrem Badezimmer, Ricky steht bzw. liegt - Gott sei Dank - aufrecht in unserer Mutter-Kind-Box unter einer Rotlichtlampe und wird sich hoffentlich erholen. Zwischendurch knirscht sie zwar mit den Zähnen, was freilich auf Schmerzen hinweist. Wir hoffen natürlich, dass sie die Jungen morgen oder wenigstens übermorgen an sich lässt und wieder so eine gute Mutter wird, wie vor zwei Jahren mit Pünktchen und Micky.

Verfasst: 24.02.2008, 23:13
von Amelie
Fridolin,ich wünsche euch alles Gute.Ich hoffe Mutter und Lämmer schaffen es.

Verfasst: 24.02.2008, 23:14
von Fridolin
Servus Bertrand

Das war tatsächlich eine harte Tour. Bin ca. 4 Stunden lang bei der Ziege gekniet und habe sich gehalten. Mal in dieser Lage, mal in dieser, habe die Kleinen mit der Nachgeburt eingerieben, damit der Geruch des Gleitmittels und der Seifenlauge überdeckt wird, bin unter die Ziege gekrochen um die Kleinen anzulegen bzw. etwas abzumelken - ich habe nach allem gerochen, nur nicht nach Mensch.

Ich hoffe, die nächste planmäßige Geburt bei unserer Cilli verläuft wieder so normal wie sonst bei uns immer und Du kannst den Besuch bei uns einigermaßen genießen.

Verfasst: 25.02.2008, 09:07
von Fridolin
Danke Amelie für die guten Wünsche, wir werden sie brauchen können.

Die Nacht hat unsere Wöchnerin gut verbracht, um 0 Uhr 30 war ich das letzte mal im Stall. Heute kurz nach 5 Uhr fand ich sie aufrecht sitzend und wiederkäuent. Das war ja schon mal ein gutes Zeichen. Habe ihr dann frisches Heu in einer Schachtel vor die Nase gestellt und oben drauf einige zarte Fichtenzweige. Die hat sie auf einen Sitz aufgefressen, was wieder ein gutes Zeichen ist. Mit den Zähnen habe ich sie nicht mehr knirschen gehört, was ebenfalls gut ist. Ich denke, sie wird keinen bleibenden Schaden nehmen.

Ob wir ihr die Jungen allerdings angewöhnen können ist noch die Frage. Darum kümmert sich unsere Nachbarin. Sie wird versuchen, die Jungen nochmals mit etwaigen Körperflüssigkeiten aus der Scheide der Ziege einzureiben und versuchen, die Jungen ihrer Mutter unterzujubeln. Wir hoffen es klappt diesmal. Wenn das nichts hilft, kommt die Maggi-Methode - Kinder und das Maul der Mutter werden mit Maggi eingerieben um einen Geschmackgleichstand herzustellen. Soll helfen - kann aber natürlich auch sein, dass die Ziege noch unter einer postnatalen Depression steht, was angesichts der schweren Geburt nachvollziehbar ist.

Verfasst: 25.02.2008, 10:14
von Landlady
Auch vom mir allen guten Wünsche für Mutter und Zicklein. Es ist nachzuvollziehen, wie kaputt man nach solch einer Geburt ist. Hoffentlich, und jetzt bin ich mal egoistisch, bleibt meinen Tieren und mir so etwas erspart. Ganz liebe Grüße aus dem hohen Norden Gabriele

Verfasst: 25.02.2008, 12:52
von Fridolin
Grüß Euch

Noch keine sehr guten Nachrichten gibt es von unseren "verstoßenen" Zicklein zu berichten. Die Mutter - noch immer nicht voll auf der Höhe - will ihre Jungen noch immer nicht annehmen. Auch die Maggi Methode hat noch nicht gefruchtet. Sie braucht noch Zeit für ihre eigene Regeneration. Ich frage mich allerdings, wie lange wir noch Zeit haben werden, die Mutter an ihre Kleinen zu gewöhnen.

Hat da jemand einschlägige Erfahrung??

In unserer Resi - selbst seit 10 Tagen Wöchnerin - haben wir aber vielleicht eine Ersatzmutti gefunden. Sie lässt es zumindest am Melkstuhl zu, dass die fremden Jungen bei ihr säugen. Die wertvolle Biestmilch muss aber weiterhin unter Zwang der Mutter abgerungen werden. Sicherlich nicht einfach für alle Beteiligte.

Momentan liegt das Muttertier in einer kleinen Ziegenhütte und ihre Jungen zusammen mit dem Nachwuchs unseres braven Reserls in einem abgetrennten sonnigen Bereich des Ziegengeheges. Sie scheinen sich recht gut zu vertragen, wenn man davon absieht, dass die 10 Tage alten Großen schon fleissig auf dem Klettergerüst turnen, während die beiden Hascherln nach ihrer Mama suchen und rufen.

Nach ca. 2 Stunden wollen wir zuerst die "mutterlosen" Zicklein unserer Resi unterjubeln und danach dürfen ihre eigenen den Rest auftrinken. Danach wechseln wir von Resi zu Burgi, die unseren Zöglingen zwar nicht so freundlich gesonnen ist, aber auch sie muss uns mit ein wenig Milch aushelfen. Inzwischen wurde auch künstliche Ersatzmilch angeschafft, die ebenfalls zwischendurch verabreicht wird. Für Beschäftigung ist also gesorgt.

Leider aber nicht für mich, der ich tatenlos in meinem Büro - 60 km entfernt - nur videotelefonisch auf dem Laufenden gehalten werde.

Verfasst: 25.02.2008, 13:03
von Moritz
Fridolin, wenn die Mutter nicht völlig in den Sielen liegt, danhinsiecht und Ihr obendrein eine Wärmelampe für Mutter und Junge installieren könnt, würde ich die Kleinen bei der Mutter lassen, damit sie sich über Geruch und Stimme aneinander gewöhnen. Zum Trinken kann man sie ja immer wieder mal zur anderen tun, aber später auch bei der Mutter ansetzen.
Das klappt auch noch nach Tagen.

Die Mutter muß ab und an aufgestellt werden, auch für den Kreislauf.
Gruß Mo

Verfasst: 25.02.2008, 13:57
von Fridolin
Servus Moritz

Die Mutter ist die ganze Nacht unter einer Rotlichtlampe gelegen, die Jungen haben wir uns aber nicht dazu zu geben getraut, weil sie doch ständig nach ihnen geschlagen hat, sobald die in ihre Nähe kamen. Ich bin gestern in der Nacht etliche Zeit mit den Jungen neben der Mutter gesessen und habe ihr gut zugeredet. Wegen Erfolglosigkeit haben wir die Mutter dann in Ruhe gelassen und die Nachbarn haben die Jungen dann im Wäschekorb im Badezimmer stehen gehabt.

Wie gesagt, im Moment liegt die Mutter in einem kleinen Ziegenstall, aber nicht seitlich liegend, sondern aufrecht sitzend. Sie wiederkäut und zum Fressen steht sie auf. Besonders gern hat sie die Fichtenzweige angenommen, weniger gut schmeckt ihr das Heu, wohl aber etwas Grummet und auf Anraten des TA auch einige Pellets, die sie aber eher nicht frisst. Ausnahmsweise darf sie also etwas Kraftfutter bekommen, aber jedenfalls auch genügend Rohfaser für ihren Pansen. Ihre Jungen befinden sich in ihrer unmittelbaren Nähe, allerdings außerhalb des Stalls in der warmen Sonne. Manchmal scheint die Ziege sogar nach ihnen zu rufen - zumindest klingt das so, wie das Rufen nach den Kindern - wenn die aber kommen, dann schlägt sie recht heftig zu.

Ich selbst denke mir ja, ob man sie vielleicht mit kurzer Leine an der Raufe anbinden könnte, damit sie zwar liegen und aufstehen, nicht aber nach den Kleinen schlagen kann und diese somit in Ihre Nähe kommen können. Das wurde bislang aber im Familien- und Nachbarschaftsrat abgelehnt.

Moritz, was hältst Du von einer solchen Maßnahme? Kann man das Muttertier derart fixiert über die Nacht bringen, ohne dass das bei ihr einen weiteren psychischen Schaden auslöst?

Verfasst: 25.02.2008, 15:40
von Fridolin
Servus

Ich denke ja. Damit sollten die Kleinen zum Schreien veranlasst werden, damit sie das Fruchtwasser ausspucken. Ich weiß nun nicht, ob er ihnen in die Nase oder irgendwo in den Mund gestochen hat, geblutet haben sie jedenfalls nicht. Auch die Nadel im Schwänzchen muss wohl für irgendwelche Reflexe zuständig gewesen sein. Jedenfalls hat der TA die Jungen ganz toll hingekriegt, sogar das Zweite, dessen Geburt, oder sagen wir lieber, dessen Herausziehung gut eine Stunde gedauert hat. Als ich das Kleine dann später in meinen Händen gehalten habe, hatte ich jedenfalls Tränen in den Augen. Hat dann auch länger gebraucht um Aufzustehen und mit dem Trinken war das auch so eine Sache. Heute ist er jedenfalls - den Umständen entsprechend - quietschvergnügt. Nur die Mama fehlt halt, die ist noch immer mit sich beschäftigt.

Verfasst: 25.02.2008, 15:55
von Moritz
Auf keinen Fall anbinden, nein, nein, nein.
Wenn sie allerdings schon wieder so fit ist, daß sie von allein aufsteht usw. könnt Ihr sie mal kurze Zeit kurz anbinden, um dann die Jungen anzuhalten oder um abzumelken u. den Jungen dann die warme oder gewärmte Milch zu geben.
Natürlich kann sie auch treten und das Ganze muß unter Kontrolle geschehen. Immer wieder, immer wieder. Mehrmals täglich, abends morgens, mal nachts.
Die Jungen mal mit Milch einreiben und sie ihr natürlich auch immer wieder unter die Nase halten. Man schafft es, eine Bindung aufzubauen.
Hinzu kommt wohl, daß da hormonell durch den Stress noch allerlei im Ungleichgewicht ist.
Das Wichtigste ist Besonnenheit, Geduld, Unverzagtheit - und das auch auszustrahlen.
Mo