Plädoyer für die Rohmilch

Schneeflo
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Plädoyer für die Rohmilch

Beitrag von Schneeflo »

Hallo!

Da es immer wieder über den Punkt Rohmilch Unsicherheiten gibt, möchte ich hier eine Lanze für die "gefährliche" Rohmilch brechen.

Erst mal sollten wir uns alle darüber klar sein, welche Gefahren von Rohmilch ausgehen können:

- Keime (kommen immer von Aussen - also über unhygienische Umstände - nie von der Milch)
- Krankheiten (die sich teilweise über hohe Zellzahlen äussern, bzw. teilweise nur im Labor nachgewiesen werden können).

Keime kommen also von Aussen. Dh. wenn ich in einen unsauberen Behälter melke, wenn mir Haare in die Milch fallen, wenn meine Hände nicht sauber sind und etwas Milch darauf kommt und in die gemolkene Milch tropft, etc.

Um das zu vermeiden, gilt es natürlich Hygiene mit Hausverstand walten zu lassen. Händewasche vor dem Melken, stehts saubere Melkgeschirre (ich verwend Schraubgläser, die immer im Geschirrspüler gewaschen werden und zum trocknen offen und mit der Öffnung nach unten auf ein Tuch gestellt werden), schnelles Milchabseien und schnelle Kühlung sofort man die Milch nicht gleich konsumiert / verarbeitet.

Dann gibt es noch die Möglichkeit, dass sich das Tier die Keime in den Milchkanal holt. Nach dem Melken ist der Milchkanal etwas grösser - Keime können leichter eindringen, wenn sich das Tier nach dem Melken sofort in Dreck legt - allerdings sind hiervor nur Tiere möglicherweise gefährdet, die eine extrem kurz gezüchtete Zitze haben (wie für die Melkmaschine ideal). Da man beim Melken jedoch sowieso die ersten zwei - drei Melkstrahlen verwirft, ist auch hier von einer nicht so grossen Gefahr auszugehen - ausserdem sind zumindest meine Ziegen saubere Tiere, die sich ungern in Dreck legen, sofern die die Möglichkeit dazu haben. Ich gehe mal bei euch Hobbyhaltern von ähnlich sauberen Bedingungen aus. Bzw. kann man auch direkt nach dem Melken zb. Heu füttern, so dass die Ziegen sich nicht gleich hinlegen.

Eins ist allerdings auch klar, selbst wenn Keime in die Milch gekommen sind, braucht es zu deren Verbreitung und Vermehrung ZEIT. Dh. in einer frisch gemolkenen Milch und einem kurz darauf erfolgtem Konsum kann da mal net wirklich was sein.... auch die schnelle Kühlung hindert die Keime am vermehren.

Dann kommen die Krankheiten....

Da wir hier eigentlich alle Hobbybetriebe sind, die viel Zeit und Liebe in die Tiere stecken, kennen wir die doch zur Genüge oder??? Euterentzündungen, Tuberkulosebeulen, das sind doch Sachen, die uns sofort auffallen sollten??? Also kann da auch nicht so ne grosse Gefahr davon ausgehen - abgesehen davon, dass gut versorgte Ziegen, die artgerecht leben dürfen, doch auch wesentlich weniger krankheitsanfällig sind, als die Hochleistungziegen. Auch werden seltener Tiere dazugegeben, so dass die Ansteckungsgefahr wesentlich geringer ist.

Woher kommt also die Angst vor der Gefahr vor Rohmilch???

Es ist ja schon mal irre, dass die Rohmilch net einfach Milch heisst. Die bearbeitete Milch (pasteurisiert) sollte doch irgendwie anders heissen... Dann ist natürlich klar, dass in der Milchindustrie wesentlich mehr Gefahr besteht, dass Rohmilch gesundheitsgefährdent sein kann. Viele Tiere, auf Höchstleistungen getrimmt, auf engem Raum, Melkmaschinen, wo die Schläuche ideale Keimbrutstätten sind (bei schlechter Reinigung), Leute, die melken, aber die Tiere nicht kennen und so Verhaltensauffälligkeiten nicht bemerken.

Rohmilch ist ein ganz besonders wertvolles Lebensmittel, das auch als solches eingestuft werden sollte - und nicht als Risikolebensmittel. Leider hat uns die Industrie das Vertrauen in selbsterzeugte Produkte erfolgreich genommen - warum wohl ? Damit wir dann ihre "gesunden" Erzeugnisse teuer kaufen.

Also ich für meinen Teil hab jetzt Vertrauen in meine Milch und meinen Rohmilchkäse - allerdings mach ich es so, dass meine Kinder und ich jeweils nur Milch vom letzten Gemelk trinken (also maximal ein paar h alt) und der Käse nur aus maximal drei Gemelken besteht (dh. die Rohmilch ist max. 24 h alt). Älter lass ich die Milch eben durch regelmässiges Käsen nicht werden - bzw. verwerf ich sie ansonsten (und verwende sie als Tierfutter).

Btw: Es ist nicht IN, Rohmilch zu trinken. Es war jahrhundertelang so und die Menschheit hats überlebt! Nur die Industrie hat sie zu einem Gefahrenprodukt in unseren Köpfen gemacht.

lg
schneeflo


Lolinchen
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Beitrag von Lolinchen »

Was den privaten bzw. Hobbybereich betrifft, bin ich ganz Deiner Meinung.

Was die industrielle Seite betrifft, eher nicht. Bei den großen Betrieben geht es nur um den Profit, egal was hinten raus kommt.
Da gibt es genügend Beispiele - ich denke da nur an BSE. Meistens gibt es mal kurz einen großen Aufschrei, das wars dann aber schon.

Selbst dem größeren Landwirt um die Ecke würde ich nicht bedingungslos vertrauen, auch der kämpft jeden Tag ums Überleben.


LG vom Lolinchen
Leela
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Beitrag von Leela »

Ich habe jahrelang rohe Kuhmilch getrunken (wohnte neben einem Bauernhof) und die sogar 3 Tage im Kühlschrankbehalten und verwendet, war nie ein Problem.
Fleisch esse ich ja auch gerne roh, warum dann nicht Milch....


Toshihikokoga
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Beitrag von Toshihikokoga »

[quote='Leela','index.php?page=Thread&postID=183073#post183073']
Fleisch esse ich ja auch gerne roh, warum dann nicht Milch....[/quote]
#bittebitte# #bittebitte# #bittebitte#


Being a vegan is a missed steak
Susanne M.
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Beitrag von Susanne M. »

Hallo,
ich hab schon mein Leben lang rohe Kuhmilch getrunken - auch in den Schwangerschaften. Hab auch meinen früh geborenen Sohn damit aufgezogen.

Uns wurde schon als Kinder vermittelt, dass es sich um ein besonders wertvolles Lebensmittel handelt.

Jetzt habe ich seit 8 Jahren Milchziegen und trinke nur rohe Ziegenmilch - mag keine andere, auch nicht im Kaffee - und esse Rohmilch-Ziegenkäse.

Bevor ich diese pasteurisierte, homogenisierte Kacke trinke, lieber schwarzen Kaffee.

LG Susanne


Lolinchen
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Beitrag von Lolinchen »

Sicher mag es früher anders gewesen sein - aber die zunehmende Industrialisierung verändert nun mal alles.
Erst vorgestern konnte man bei Quarks & Co. zum Thema Huhn diese Entwicklung verfolgen.

Bei den Wiederkäuern fällt mir die Paratuberkulose ein, die in Deutschland mehr verbereitet ist als die meisten denken.
Der Zoonosecharakter von Para-TB (Morbus Crohn beim Menschen) ist in der Forschung zwar noch umstritten, wird aber zunehmend diskutiert.
Mütter, die ihren Kindern, die ja noch kein ausgeprägtes Immunsystem haben, aus purer Gesundheitswut Rohmilch verabreichen, handeln in meinen Augen leichtsinnig.


LG vom Lolinchen
Toshihikokoga
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Beitrag von Toshihikokoga »

[quote='Lolinchen','index.php?page=Thread&postID=183086#post183086']
Mütter, die ihren Kindern, die ja noch kein ausgeprägtes Immunsystem haben, aus purer Gesundheitswut Rohmilch verabreichen, handeln in meinen Augen leichtsinnig.[/quote]

Meines Wissens handelt es sich beim Stillen ebenso um Rohmilch. Wirklich leichtsinnig, wenn man so bedenkt was da alles an Medikamenten und Keimen ausgespült wird :whistling:

Früher lag die Kindersterblichkeitsrate zwar höher, aber das Immunsystem jener die es geschafft haben war bei weitem Höher als bei den jetzigen "Sterilkabinenkindern", was für mich Hand in Hand mit einem unbeschwerten Leben geht. Könnte eventuell auch an der Rohmilch liegen, aber wird wohl nicht der einzige Faktor sein.


Being a vegan is a missed steak
Meli
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Beitrag von Meli »

Beim Pasteurisieren wird die Milch für ca. 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad erhitzt. Diese Methode wurde von dem französischen Arzt Louis Pasteur entwickelt und macht die Milch einige Tage länger haltbar. Außerdem werden damit eventuell in der Milch vorkommende unerwünschte Mikroorganismen unschädlich gemacht.
Durch das kurze Erhitzen wird das Milcheiweiß gering denaturiert, die Vitamine bleiben fast vollständig erhalten. Pasteurisierte Milch ist eine fast naturbelassene Vollmilch, die gekühlt zwischen 4 - 6 Tage haltbar ist.


Interessant fand ich diesen Artikel:
Kampf der Kulturen
"Für einen Franzosen ist pasteurisierter Käse ein Frevel."
"In den USA ist Rohmilch verboten."
"In Deutschland liegt Rohmilchkäse in jeder gut sortierten Käsetheke."


Bunnypark
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Beitrag von Bunnypark »

ich persönlich denke ja, dass milch ab einem bestimmten zeitpunkt für jungtiere, jungmenschen den begriff "lebensmittel" verliert und anstelle der begriff "genussmittel" zur geltung kommt :-D
der körper braucht es daher nicht mehr, bzw. kann diverses nicht mehr weiterverarbeiten

mag für jeden organismuss unterschiedlich sein....es ist ja nicht umsonst energie/lebensspender für junge, die noch nicht alles verdauen, beissen können #freunde#

rohmilch ist auch nicht gleich rohmilch, da jeder art ihre eigene zusammensetzung hat. artfremde milch kann zwar für notfälle eingesetzt werden, die folgen aber abzuwägen

es sei darauf hingewiesen dass nicht jeder mensch in späterer folge milch verträgt (woran das liegen mag?) ..... und rohmilch für menschen die sie nicht gewöhnt sind (und da sind unter ANDEREM keime gemeint, für die das immunsystem bislang noch keine zeit hatte um sich um sie zu kümmern #engel# ) unter umständen unangenehme bis fatale folgen haben kann *das bauernkind freut sich da es damit aufwächst*


Herrchen unser, der du bist am Hofe; geheiligt werde deine weide; das astwerk komme, unser Wille geschehe, wie im stall so auch auf der Weide; Uns're täglichen Kräuter gib uns heute; Und vergib uns unsere Schuld, wenn wir hopsen auf nachbars Weide; führ uns also nicht in Versuchung, sondern Erlöse uns von dem Astwerkmangel....so is'es .Bild
Schneeflo
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Beitrag von Schneeflo »

Mario: auch die Muttermilch ist ja schlecht und mit allerlei gesundheitsgefährdeten Sachen gefüllt - deshalb hat die Industrie ja gsd auch die Säuglingsmilch erfunden *irnoniewiederaus* --- meine Kinder sind auch sonst extremst gefährdet im Alltag - sie gehen blossfüssig durch den Hühnerauslauf, sie heben jeden Stein auf, neben Gras auf der Wiese in den Mund, sie klettern sogar hoch auf Bäume .....

Piri: das wird der letzte Beitrag sein, den ich von dir lese - ich hoffe stark, es gibt hier eine Ignorliste, weil deine Art zu schreiben hat ja schon etliche sehr erfahrende und höfliche Ziegenforumaner vertrieben und ich versteh ehrlich gesagt warum.... Schade nur, dass viele neue hier deinen dogmatischen radikalen Ansichten glauben. Weil bei erfahrenen Ziegenleuten kannst du eh net punkten ;-)

Lolinchen: Es ging mir um die Vorzüge von Rohmilch, die wir hier als Hobbyhalter, produzieren. Dass der Bauer unter wirtschaftlichen Zwang steht und deshalb vieles was wir machen, net tun kann, ist mir klar. Wobei ich auch hier trotzdem einige kenne, die das auch versuchen, nur sind die leider halt nicht die Masse, sondern einzelne hell leuchtende Sterne ...

Warum ist Rohmilch wertvoller. Das sagt mir doch der Hausverstand, weils einfach es generell ist, dass erhitzte Speisen vieles von ihren guten Eigenschaften verloren haben. Warum hält längerfrisch Milch drei Wochen im Kühlschrank ohne ihre Konsistenz zu verändert - die ist tot. Da lebt nix mehr. Rohmilch ist ein lebendiges Produkt, dass jede Stunde anders ist. Wissenschaftlich reichts mir, dass ein Kalb stirbt, wenn es mit pasteurisierter Milch gefüttert wird.

Es ist doch so, dass in der Milch nur drin sein kann, was vorne reinkommt. Ich treibe meine Ziegen mind. 5 Tage die Woche morgens auf gute Weiden (artenreich, nicht gedüngt) und hol sie abends wieder zum Melken heim. Nachts können sie dann am Grundstück bei mir fressen, weniger artenreich, aber noch immer naturbelassen. Da muss was anderes in der Milch sein, als bei Tieren, die im Stall stehen, und monotones Gras und Körner zu fressen bekommen. (gsd angereichert mit industriellen Vitaminen und Mineralstoffen :p)

Es gibt auch erfolgreiche Versuche, dass man Pollenallergien mit Ziegenmilch bekämpfen kann (dazu wird die Ziege hauptsächlich mit dem allergieauslösenden Pflanzen gefüttert) und die Rohmilch dann getrunken.

Lolinchen: ich finde es erstaunlich, dass du von Gesundheitswahn sprichst, wenn man selbst gesunde Lebensmittel produziert. Da hat die Industriemarketingabteilung ja ganze Arbeit geleistet. Warum hast du in die Industrie, die nur von Geldwahn getrieben ist, mehr Vertrauen. Reichen die offiziellen Nahrungsmittelskandale nicht? Dazu kommen ja noch die vielen Verstösse und Vorkommnisse, die nicht publik werden ...Keiner in dieser Erzeuger und Vertriebskette hat mehr das Wohl des Konsumenten als Antriebsargument. Da will jeder nur so viel wie möglich verdienen ...


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