Möchte beginnen, Ziegen zu melken!!!

Lafayette
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Registriert: 13.05.2005, 12:53

Beitrag von Lafayette »

Hallo zusammen,

vermutlich denkt der Verbraucher noch nicht mal wirklich über die Zusammenhänge zwischen Agrarförderung und Preis nach. Das tut er nur, wenn es grad mal wieder schlecht recherchiert in der Presse steht.

Es ist eher so, daß der Verbraucher möglichst wenig für Lebensmittel ausgeben möchte, damit mehr Geld für in erster Linie für das Freizeitverhalten übrig bleibt. Diese Aussage ist über seriöse Studien belegt.

Erst wenn der Verbraucher gut sittuiert ist, beginnt er wieder sich für hochwertige Lebensmittel zu erwärmen. Das sind dann auch die potentiellen Kunden für Ziegenmilchprodukte.

Geht es mit der Wirtschaft bergab, steigt die Nachfrage nach billigen Lebensmitteln - und das mit den bekannten Folgen - siehe Fleischskandal in jüngster Zeit.

Die Milchpreismisere ist agrarpolitisch hausgemacht.
Vor mehr als 25 Jahren waren die Garantiepreise für Milch im Verhältnis sehr hoch. Folge war, das die Kuhbestände extrem aufgestockt wurden. Daraufhin mußten die Übermengen, die im Land nicht abgesetzt werden konnten in Form von Butter und Magermilchpulver auf dem Weltmarkt verschleudert werden. Als wegen dem Garantiepreis nochmehr Übermengen entstanden wurde die Butter und das MMP nach Russland verschenkt - hauptsache weg. Das Ganze hat unser Land und die EU extrem viel Geld gekostet.

Um die Übermengen in den Griff zu bekommen hat man die Kontingentierung eingeführt. Von dem Moment an hatten die Molkereien die Preisschraube in der Hand, um den eigenen Profit zu erhöhen. Seit rund 10 Jahren ist der Erzeugermilchpreis praktisch nicht gestiegen, jedoch mit der allgemeinen Preissteigerung, alleine Treibstoffe, sind die variablen Kosten der Milcherzeugung erheblich nach oben gegangen.

Die Agrarförderung ist also der unzureichende Versuch, den Landwirten den einstigen Garantiepreis für Milch auszugleichen, jedoch die volkswirtschaftlichen Kosten dafür zu reduzieren. Politisches Fazit: Die jetzige Agrarförderung ist weitaus preiswerter wie die Garantierpreisregelung in früheren Zeiten, als die Erzeuger "ja nochwas für ihre Produkte bekommen haben".


Eines aber noch zum Schluß. Wir, also überwiegend Hobbyziegenhalter, dürfen uns nicht mehr als normale Verbraucher betrachten, da wir eine gewisse Schwelle auf die Seite des Produzenten schon überschritten haben. Ich bitte darum, dies bei der persönlichen Bewertung des o.a. Sachverhaltes zu berücksichtigen :wink:

Jetzt muß ich mir nochwas von der Seele schreiben.
Beruflich stehe ich auf der Seite des Landwirtes, bin aber Schaltstelle fast direkt zur Politik.
In meinen oft längeren Beiträgen zu agrarpolitischen Themen möchte ich Euch Einblicke geben, die Ihr so z. B. durch die Presse nicht unbedingt bekommt. Vieles ist oft anders als es auf den ersten Blick scheint. Selbst der Berufsstand blickt bei einigen Dingen nicht durch. Und wenn ein Bauer jammert, daß er früher doch viel mehr für seine Produkte bekommen hat, dann hat er o.a. Sachverhalt erfolgreich verdrängt.
Die Stützung des Agrarsektors erfolgt seit Bismarcks Zeiten #baeh# .

Jetzt hoffe ich nur, daß diesen Roman noch jemand liest lol und darüber nachdenkt :) . Würde mich freuen :D .

Grüßle
Lafayette


Elise
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Registriert: 21.08.2005, 17:49

Beitrag von Elise »

Hallo, ich lese gerne Romane. Dankeschön. Vlg Claudia


Jann

Beitrag von Jann »

@ Lafayette
Aber warum greift dort die Politik nicht ein: wenn die Landwirte einen höheren Preis für ihre Milch bekommen würden (vielleicht 50 Cent statt 30), dann würde zwar die Milch im Verkauf etwas teurer, aber im Gegenzug würden die Landwirte endlich gerecht entlohnt, die Subventionen würden drastisch zurückgehen (die EU würde also sparen) und die trotzdem anfallende Überproduktion würde also nicht mehr zum Schleuderpreis an Dritte-Welt-Länder verscherbelt werden können, die die dortigen Milchproduktion durcheinanderbringt.
Es würden doch mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden ...


Hitzewelle
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Beitrag von Hitzewelle »

So einfach ist das nicht. Wenn der Preis bei uns steigt, kommt immer mehr und mehr der Import. Und das ist nicht nur bei Milch sondern vor allem bei Getreide so. Im Ausland kann einfach billiger produziert werden, vor allem auch, weil die Lohnkosten um einiges niedriger sind. Ist ja in der Industrie auch so.


Viele Grüße
Christine
Lafayette
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Registriert: 13.05.2005, 12:53

Beitrag von Lafayette »

Hallo Jann,

das würde nicht funktionieren. Die Molkereien müßten dann ihre Produkte zu einem höheren Preis in den Markt drücken. Der Verbraucher reagiert dann direkt mit Konsumminderung und/oder -Verzicht. Der Absatz der Molkereien würde zurückgehen und damit sind wir dann fast wieder am Anfang.

Sicher wären Du und ich bereit etwas mehr für den Joghurt zu zahlen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist es aber nicht!

Von dem Moment an, wo der Staat in einen Markt eingreift, beginnt ein richtiger Teufelskreis, aus dem es nur einen radikalen Ausstieg gäbe.
Diesen Ausstieg hat uns Neuseeland vorgemacht.
Von einem Tag auf den anderen gab es vor mehr als 15 Jahren keine Marktstützung mehr für landwirtschaftliche Produkte. Es gab einen schlagartigen Strukturwandel bei den Betrieben, wo einige gewachsen sind und etliche aufgeben mußten.
Heute produzieren die Kiwis nach den Gesetzten des freien Marktes und der Agrarbranche geht es verhältnismäßig gut, und der Staat ist nicht mehr pleite. Muß aber ergänzen, daß zeitgleich auch die Sozialsysteme auf mehr Eigenverantwortung umgestellt wurden.

Jetzt fragt man sich, warum funzt das in Deutschland nicht?

1. Mitgehangen, mitgefangen bei der EU.

2. Deutschland hat eine starke Agrarlobby. Die Verbände haben starken Einfluß auf die Politik.

3. Frankreich und England haben eine noch stärkere Agrarlobby und da greift wieder Punkt 1.


4. Ein politisches Ziel in Deutschland ist die Erhaltung der Kulturlandschaft. Das geht nur mit Landwirtschaft. Reine Landschaftspflege bei voller Kostenvergütung wäre zu teuer, daher muß der Landwirt sich über seine erzeugten Produkte teilfinanzieren.

Die Politiker suchen beständig einen Weg aus diesem Kreislauf, allerdings versuchen sie auch, es allen Interessensvertretern recht zu machen. Folge waren die Agenda 2000 und die GAP-Reform. Also mal wieder nur am eigentlichen Problem rumgebessert.

Grüßle
Lafayette


Bunz

Beitrag von Bunz »

Hallo Lafayette,
bitte schreib' weiter Deine "Romane". Ich lese sie gern, verstehe aber maches nicht. Aber das wird sich mit der Zeit noch aufhellen.
lg
Bunz


Lafayette
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Beitrag von Lafayette »

Hallo Bunz,

bitte frag' einfach was Du nicht verstehst. Vielleicht setze ich zuviel voraus.

Grüßle
Lafayette


Bunz

Beitrag von Bunz »

Hallo Lafayette,
ich versteh' das gesamte Regelwerk in der Landwirtschaft nicht. Ich komme allerdings aus der Industrie.
Meine Meinung ist: Keine Subvention für niemand, aber Preise bei denen der Produzent noch leben kann. Fertig. Diese Preise notfalls per Gesetz durchdrücken und gegen das Ausland schützen. Wenn der Staat sagt, das führe zu weit, entgegne ich, daß er sich in viel unwichtigere Dinge auch reinhängt, die ich hier mal nicht aufzählen will.
Auch die Gerechtigkeit spielt für mich eine Rolle. Wieso kriegt Hinz Subventionen und Kunz nicht?
Als Beispiel: Wenn eine große Baufirma in Schwierigkeiten gerät, dann greift sogar der Bundeskanzler helfend ein. Wenn so ein Würstchen wie ich krachen geht, interessiert das kein Schwein, und ich erhalte mit meinen Steuern auch den Bundeskanzler. Wo bleibt da die Gerechtigkeit gegen jedermann?
lg
Bunz


Bunz

Beitrag von Bunz »

Hallo Christine,
ich kaufe keine Kuh-Milch, da ich Ziegenmilch ja selbst gewinne.
Da ich aber weiß, was dazu gehört, tun mir immer die Produzenten leid, wenn große Supermarktketten wieder großspurig die Preise senken.
Ich kann mich darüber nicht freuen, weil ich dann immer meiner Frau sage:
"Das kostet wieder einigen armen Schweinen die Existenz".
Ich gebe Dir recht: Auch mich wundert es täglich, daß der sogenannte Verbraucher nicht bereit ist, für das Wichtigste, nämlich die Ernährung, Geld auszugeben, während er für allen möglichen Blödsinn freiwillig viel bezahlt.
Sollte mich einer fragen, was ich beispielsweise für Blödsinn halte, dann nenne ich mal die derzeit "modischen" extrem spitzen Damenschuhe. Was soll das? Seine Füße kann man sich auch auf einfachere Weise ruinieren, indem man einfach täglich mal mit dem Hammer d'rauf haut.
lg
Bunz


Hitzewelle
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Registriert: 11.04.2005, 09:59

Beitrag von Hitzewelle »

#bonk# #bonk# #bonk# #bonk#


Viele Grüße
Christine
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