Zum Umgang mit Kastraten

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Svenja

Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Svenja »

Über den Umgang mit Ziegenböcken ist ja so einiges in der Literatur zu finden.
Aber wie sieht es eigentlich mit Kastraten aus?

Unsere kastrierten Schafböcke, die wir seit vielen Jahren haben, sind die liebsten und schmusigsten Tiere, die man sich denken kann…
Da gab es nie irgendwelche Probleme.
Aber mit unseren Ziegen sind wir ja Neulinge, deshalb meine Fragen…

Denn unser seit letztem Winter kastrierter Josef zeigt in den letzten 10 Tagen ein sehr reges Interesse an mir. Erst freute ich mich ja über sein schmusiges Verhalten….
Doch nun wird er schon fast lästig, so dass ich kaum noch die anderen zwei Ziegen streicheln kann. Er drängelt die anderen beiseite und reibt andauernd seinen Kopf an mir herum und beginnt dann auch zu harnen.
Ich schiebe ihn dann ebenso beharrlich zur Seite und gebe ihm zu verstehen, dass er das nicht soll.

Ist dieses Verhalten bei Kastraten normal?
Wie soll ich damit umgehen?

Viele Grüße
Svenja


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von sanhestar »

Hallo Svenja,

auch im Umgang mit Kastraten sollte ein Mindestmaß an beiderseitigem Respekt eingehalten werden:

- sich uneingeladen Schmuseeinheiten einzufordern (als Ziege) ist - leider - ein sehr deutliches Zeichen von mangelndem Respekt bzw. dafür, dass der Kastrat für sich selbst den höheren Rang beansprucht (rangniedere Ziegen müssen "fragen", ob sie sich einem ranghöheren Tier nähern dürfen)

- Körperkontakt/reiben: s. oben - ähnlicher Motivationshintergrund

- aktuell: es beginnt so langsam die Brunstzeit. Das durchleben, wenn auch abgeschwächt, auch die Kastraten. Gerade, wenn sie mit intakten Ziegen zusammenleben.

Lösung: halte in mehr auf Abstand. Nicht wegschieben = Kräftemessen, sondern wegschicken durch Körperhaltung Deinerseits. Beim täglichen Umgang ein paar kleine Kniffe beachten:

- Bock darf nicht vor Dir durch Engpässe gehen (Türen, Tore)
- wenn Du ihn führst und wenden willst, wende ihn von Dir WEG!, nicht auf Dich zu
- er muss in einer gewissen Distanz von Dir warten, bis Du ihm erlaubst (durch Körperhaltung), sich weiter anzunähern. Spannung im Körper (bei Dir) signalisiert: Abstand halten!, Entspannung dann "Darfst herankommen" - üben und regelmässig abfragen.
- Abbruchkommando/-wort einführen: Nein!, Geh!, Ab!, Weg! durch entsprechende Körperhaltung und Körpersignale Deinerseits. Hierzu gibt es gute Literatur im Pferdebereich (Freiheitsdressur, u.ä.) oder lass' Dir von einem z.B. Westernpferdetrainer zeigen, wie man Körpersprache bei Pferden einsetzen kann.

Gruss


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Finn

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Finn »

kann man denn körpersprache von pferden 1:1 auf ziegen übertragen?
falls nein, was ist anders?


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von sanhestar »

Hallo,

nein, kann man nicht 1:1 wobei Grundpositionen ähnlich sind.

Ich bezog mich beim Begriff Körpersprache im o.g. Beitrag auch jeweils auf die menschliche Haltung und Körpersprache (Haltung, Muskeltonus, Position zum Tier, Position von Kopf, Schultern, Hüften; Einsatz der Arme, Hände).

Gruss


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Svenja

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Svenja »

Liebe Sabine,

vielen Dank für Deine Antwort.
Ich habe da auch schon an Monty Roberts gedacht...
Heute habe ich ihn ganz ruhig aber bestimmt fortgeschickt und bin ihm eine Weile gefolgt.
Er war sichtlich beeindruckt! Mal sehen, wie es weiter läuft.

Viele Grüße
Svenja


Finn

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Finn »

ich finde kastraten und auch böcke sowieso viel sensibler als geißen. ein böser blick, ein lautes wort und der kastrat zieht beleidigt von dannen. ansonsten gibt er pfötchen um gestreichelt zu werden.


Schweinchen Criss

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Schweinchen Criss »

hallo,
ich glaube das mit der sensibilität bei böcken stimmt. aber was das verhalten anbelangt, so konnte ich immer dann schwierigkeiten und dominanz oder respektlosigkeit dem menschen gegenüber feststellen, wenn diese tiere in frühester jugend auf den menschen fehlgeprägt wurden (handzahm). dabei spielte es keine rolle ob kastriert oder nicht.
nach gegenteiligen erfahrungen sowohl mit einem handzahmen bock und einem handzahmen kastraten.
man lernt in den jahren.
nun habe ich zwei wunderbare ziegenböcke stehen, beide sind ebenfalls zahm und freundlich ohne fehlprägung in der jugend und diese sind einfach wunderbar. hier muss ich nie etwas einfordern oder beachten, der letzte respekt ist immer da.
ja und ich kann sie auch anfassen, kraulen, reden - sie sind durch den umgang freundlich und zugänglich geworden, aber halten immer ein wenig achtung ein, man muss nichts beachten, wenn man an ihnen was macht, wie mal das bärtchen von 20 cm ausfitzen weil kletten dran sind, auch wird man nicht mit den hörnern bedrängt - im gegenteil, lieber gehen sie einen kleinen schritt zur seite.
aus diesen erfahrungen heraus, käme ein bock, der in der frühesten kindheit auf den menschen geprägt wurde für mich generell nicht mehr in frage.
bin auch ganz froh darüber, da mein grosser vierjähriger 1 m ausladende hörner hat und über 100 kg wiegt. ja und der ist besonders sensibel. während mein buntes dickerchen gemütlich mampft und sich seinem lieblingsthema Bäume und Büsche widmet schaut mich der grosse aufmerksam beobachtend an, ja das ist irgendwie herrlich, wenn er so dasteht und mich ansieht, irgendwie baut sich da in der letzten zeit so eine kommunikation auf, er ist sowieso nicht schwierig, aber sehr klug und lässt sich fast nonverbal händeln und ganz sanft - den liebe ich zur zeit besonders - obwohl ich sie natürlich alle sehr mag. sonst hätte ich mir keine zwei geholt, aber jeder hat seine frauen und ziegenböcke sind schon was schönes. während der grosse viel wissen und ruhe ausstrahlt und klugheit ist mein jüngerer doch eher sehr lebhaft - wurde von einem mann der naturschützer für bäume war verkauft - haha, ja wie lustig (da er mit vorliebe bäume bearbeitet war das wohl der alptraum)

(- und wenn ich seine mitgereiste ziege nur mal 5 m weiter weg nehme zum melken, da ruft er nach ihr - obwohl er noch eine daneben stehen hat. das sieht mein älterer natürlich alles sehr gelassen....mit erfahrung eben.
l.g. katrin


Svenja

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Svenja »

Liebe Katrin,

dann haben wir ja Glück!
Denn unser Kastrat wurde in der Jugend nicht auf Menschen geprägt.
Wir bekamen ihn erst mit 4 Monaten und er war die erste Zeit bei uns noch sehr lange scheu.

Die letzten Tage lief es übrigens prima mir ihm. Er lässt mich nach den paar mal "vertreiben" völlig in Ruhe!
Natürlich bekommt er nach wie vor seine Streicheleinheiten! Aber nun bestimme ich den Zeitpunkt!

Viele Grüße
Svenja


Finn

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Finn »

schweinchencriss, was verstehst du unter FEHLprägung?
unsere tiere werden alle mehr oder weniger auf den menschen geprägt - find ich wichtig damit sie nicht zu scheu sind. aber FEHLprägung konnte ich dadurch noch nicht feststellen. auch finn, der als zicklein sehr krank war und mehrmals täglich behandelt werden mußte, hat einen natürlichen respekt. mir ist aufgefallen, daß die böckchen nicht nur sensibler sondern auch von natur aus respektvoller sind als geißen.
tiere die ganzjährig auf der weide leben, ihre zicklein ohne menschenkontakt aufziehen, sind oft so scheu, daß man sie für jegliche behandlung einfangen muß. für mich kein zustand weil es doppelt so viel arbeit macht. scheue tiere werden geschlachtet.


Schweinchen Criss

Re: Zum Umgang mit Kastraten

Beitrag von Schweinchen Criss »

unter fehlprägung verstehe ich wenn die tiere allzu früh, z.b. durch flaschenaufzucht an den menschen gebunden werden. die spätere zähmung ist dann okay. wie überall bestätigen auch hier ausnahmen die regel. es ist kein muss, stellt sich aber meistens als nachteil und respektlosigkeit dem menschen gegenüber raus, wie bei tieren die anders aufgezogen werden. ja, handzahm sind meine tiere auch. das ist auch wünschenswert. nun ganzjährig auf der weide sie wild aufwachsen zu lassen, dass wäre auch falsch, es ist wirklich anstrengend mit wilden tieren was zu machen.


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