Denjenigen, die mit meiner romantisch-idealistischen Ader nix anfangen können, empfehle ich, diesen Thread zu ignorieren.
Zur Vorgeschichte: Eigentlich wollte ich keinen eigenen, sondern einen Leihbock, der meine drei Mädels einmalig beglückt und anschliessend retourniert werden kann. Da trotz intensiver Suche in der näheren Umgebung jedoch kein Bock aufzutreiben war, der zu den Mädels gepasst hätte, entschied ich mich dafür, einen jungen Bock zu kaufen, ihn nach erfolgter Beglückung kastrieren zu lassen und in der wachsenden Herde zu belassen.
Warum auch nicht? Kastraten sind offenbar die geeignetsten Hobby-Ziegen: sie stinken nicht, sind umgänglicher und verschmuster als Zicken und entgegen aller Unkenrufe ist es durchaus möglich, Kastraten und Zicken problemlos in ein und derselben glücklichen Herde zu halten.
Womit ich nicht gerechnet hatte, ist, dass es mir höllisch schwer fallen oder gar unmöglich sein könnte, einen knapp 9 Monate alten Bock kastrieren zu lassen und somit drastisch in seine natürliche Entwicklung (körperlich & seelisch) einzugreifen -- Gestank und Umgänglichkeit und Kuschelpotential hin oder her.
Da sich nun also ein intakter und offensichtlich fruchtbarer Bock in meiner Ziegenfamilie befindet, der ab Mitte Januar nicht mehr zeugen d.h. seine Haremsdamen nach dem Ablammen nicht gleich wieder decken und auch seine weiblichen Nachkommen später nicht beglücken soll -- was tun, wenn eine Kastration nicht in Frage kommt?
Ich hab alles Mögliche und Unmögliche in Betracht gezogen, von der Bockschürze über einen Verkauf oder ein saisonales Ausleihen als Zuchtbock bis hin zur eigenen kleinen Herdbuchzucht, konnte aber letztlich keiner einzigen Option mit Verstand UND Herz zustimmen -- bis auf eine einzige Ausnahme: Sterilisation statt Kastration.
Eine Sterilisation ist im Vergleich zur Kastration (egal ob mit Zange oder blutig) ein relativ kleiner Eingriff, der unter lokaler Betäubung und leichter bis mittlerer Sedierung vorgenommen werden kann, denn da wird nix abgequetscht und auch nix amputiert: ein kleiner Schnitt von 1 bis 1½ cm Länge, Samenstränge durchtrennen bzw. ein kleines Stück rausschneiden, Enden veröden, Schnittchen mit drei oder vier Stichen zunähen, fertig.
Eine Sterilisation belässt dem Bock die natürliche Hormonproduktion und somit sein ungestörtes Wachstum, sowohl körperlich (Beispiel Harnröhre => spätere Harnsteinproblematik) als auch vom Wesen her.
Dionysos hat sich in der kurzen Zeit, die er bei uns ist, schon prächtig entwickelt; auf dem ersten Bild sieht man ihn Mitte August am Tag seiner Ankunft im Alter von 4½ Monaten, auf dem zweiten Bild Anfang Dezember im Alter von rund 8 Monaten:


Ich finde ihn sowohl vom Äusseren wie auch von seinem Wesen her schlicht und einfach wundervoll und möchte ihm die Chance lassen, sich weiterhin möglichst natürlich entwickeln zu können.
Ich hab mir die Entscheidung alles andere als einfach gemacht und bin wochenlang zwischen allen möglichen und umöglichen Optionen geschwankt, bis ich die Entscheidung letztlich davon abhängig gemacht habe, ob sich überhaupt ein TA in der näheren Umgebung finden lässt, der bereit ist, eine Sterilisation vorzunehmen -- und siehe da: Ich hab tatsächlich einen gefunden, muss den Bock allerdings in seine Praxis bringen, was ich eigentlich vermeiden wollte, nun aber doch akzeptabel finde, da die Fahrt lediglich knappe 10 Minuten dauert. Der Eingriff wird am 18. Dezember vorgenommen.
Davon, wie sich die Entwicklung des sterilisierten Bockes auf die Mädels und insgesamt auf die ganze (wachsende) Herde auswirken könnte, hab ich keine Ahnung -- gewisse Vorstellungen schon, aber kein erprobtes/verlässliches Wissen, da keinerlei Erfahrung mit einer solchen Konstellation, und ich habe bislang auch keinen einzigen Ziegenhalter ausfindig machen können, der entsprechende eigene Erfahrungen gemacht hat.
Das ist nun auch der Grund, warum ich diesen Thread eröffne und in regelmässigen Abständen von der Entwicklung des Bockes und der gesamten Herde berichten möchte: eine "Feldstudie" im eigenen Interesse, die evtl. auch für andere Ziegenhalter, die mit ihren Tieren unkonventionelle Wege gehen möchten, interessant sein könnte.
#gitarre#