Kastration - was ist das?

Hinweis: Dieses Forum ersetzt nicht den Gang zum Tierarzt!
Antworten
Ewek
Beiträge: 23
Registriert: 12.02.2009, 09:51

Kastration - was ist das?

Beitrag von Ewek »

Hallo zusammen,

mein Bock (8 Monate) wird aufmüpfig... er war sonst immer ganz ruhig und eher etwas "schüchtern", beim fressen ließ er sich streicheln aber sonst nur an der Nase.
Erst fand ich es ja noch lustig das er "Männchen" machte, aber jetzt fängt er mit nachstellen und buffen an. Als er auf mich losgegangen ist hab ich ihn an den Hörner gepackt und ruhig aber bestimmend auf den Boden gedrückt.
Er hätte auch fasst schon meine Mutter mit dem Wäschekorb auf die Hörner genommen, aber sie hat sich rechtzeitig zu ihm gedreht und ihn somit erschrocken das er den "Angriff" abgebrochen hat.

Ein Bekannter meinte: ...ist kein Problem, den kneifen wir und dann wird der ruhiger...

Hab hier öfter gelesen das eine Kastration abhilfe schaffen könnte, nur ich kann mir nichts unter einer "blutigen Kastration", "kneifen" oder "klemmen" vorstellen...
Meine Frage ist jetzt: was Passiert dabei? Eine richtige Erklärung hab ich nicht gefunden, wenn ich meinem Bock was antue, dann möchte ich schon wissen was ich ihm überhaupt antue...

Mfg


-Sabine-

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von -Sabine- »

Hmm - das liest sich eher wie ein Erziehungsproblem. Hast Du denn auch Mädesl am Hof, die er verteidigt? Wobei er dafür eigentlich von der Psyche her noch viel zu jung ist.

Zur Kastration: Ich würde ausschließlich die blutige machen lassen, also die OP, bei der die Hoden unter Narkose aus den Hodensäcken entfernt werden. Bei der unblutigen werden die Hodenabgebunden, bis sie absterben. Das halte ich persönlich für eine tierschutzrelevante Geschichte.


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von sanhestar »

Hallo Sabine,

bitte beschreibe die Vorgänge bei den verschiedenen Kastrationsmöglichkeiten korrekt:

- blutige Kastration: dem Tier werden in Vollnarkose (teilweise auch nur örtlich betäubt und leichter Sedierung - macht man bei Pferden häufiger) und örtlicher Betäubung beide Hodensäcke aufgeschnitten. Die Hoden werden ein Stück herausgezogen, Blutgefässe und Samenleiter abgeklemmt und danach durchtrennt. Der Hodensack bleibt offen und die Wunde verheilt in einem Zeitraum von ca. 3 Wochen
Vorteil: relativ wenig Wundschmerz
Nachteil: lange Heilungszeit, Gefahr von Wundinfektionen und Tetanus

- bedeckte Kastration/Zangenkastration (kneifen, klemmen): dem Tier werden - vorzugsweise unter Vollnarkose - sowie örtlicher Betäubung mittels einer Zange, die extra für diesen Zweck entwickelt wurde, die Samenleiter und Nervenbahnen durch Quetschen zerstört. Nach aktuellem Gespräch mit der Vet.Uni Giessen muss man dabei bestrebt sein, die Blutgefässe NICHT zu verletzen, damit das HodenSACKgewebe weiterhin durchblutet bleibt und es nicht zum vollständigen Abfallen der Hodensäcke kommt. Bei der Zangenkastration bilden sich die Hoden auf minimale Grösse zurück, bleiben aber quasi "am Tier".
Vorteil: kaum Risiko für Wundinfektionen, jedoch Risiko für Tetanusinfektion an den Quetschstellen
Nachteil: falsch gemacht, können sich die Samenleiter regenerieren und die Kastration muss erneut durchgeführt werden; oben beschriebene Nebenwirkung von abfallenden Hodensäcken, wenn Zange nicht korrekt positioniert wird; mögliche Tetanusinfektion, die zu spät erkannt wird, weil niemand daran denkt, dass hier ein Risiko bestehen könnte; recht lange Schmerzen. Diese Methode ist jedoch NICHT tierquälerisch, wenn man sie korrekt macht.

Bei beiden Methoden besteht das Risiko von Narkosen bei Wiederkäuern.

- Kastration mittels Gummiring: hier wird ein stabiles Gummiband straff über die Hoden gezogen und die Hoden fallen aufgrund der nicht mehr vorhandenen Blutversorgung dann irgendwann ab. Diese Form der Kastration ist mittlerweile verboten, da sie hochschmerzhaft ist (die Schmerzen halten über Wochen an, wie eine Studie ergab, die übrigens unter folgendem Link zu finden ist <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zwergziegen.ch/Kastration/De ... tration/De ... Studie.pdf</a><!-- m --> )

eine überdenkenswerte Variante der blutigen Kastrion ist Kastration inkl. Entfernung der Hodensäcke (macht die Vet.Uni Giessen mittlerweile sogar recht gerne, habe erst wieder 4 Böcke so kastrieren lassen): es wird nach Entfernen der Hodensäcke eine "normale" Wundnaht gesetzt und das langwierige abschwellen und resorbieren von Wundflüssigkeit, das bei der regulären Methode auftritt, entfällt. Bei korrekter Wundversorgung und guter Hygiene bei der OP ist das Infektionsrisiko geringer und die Heilung läuft schneller ab.

@Ewek: bitte erkundige Dich bei Deinem Bekannten nochmals genauer, wass ER unter "kneifen bzw. klemmen" versteht, denn einen Bock in diesem Alter z.B. noch mittels Gummiring kastrieren zu wollen, DAS wäre Tierquälerei.


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Locura
Beiträge: 4653
Registriert: 31.05.2007, 10:01

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von Locura »

Ewek hat geschrieben: Ein Bekannter meinte: ...ist kein Problem, den kneifen wir und dann wird der ruhiger...
Den kneifen wir??? Es sollte heißen: Den lassen wir kneifen!
Es ist tierschutzgesetzwidrig und nebenbei gruselig, so etwas selbst machen zu wollen, da es immer ohne Betäubung mit Schmerzen verbunden ist.
Sollte es einfach nur eine grammatikalische Spitzfindigkeit meinerseits sein und es wurde gar nicht so gemeint: 'tschuldigung, vergiss diese Einleitung!
Ewek hat geschrieben: Meine Frage ist jetzt: was Passiert dabei? Eine richtige Erklärung hab ich nicht gefunden, wenn ich meinem Bock was antue, dann möchte ich schon wissen was ich ihm überhaupt antue...
Mfg
Der Begriff "kneifen" rührt daher, dass die Samenleiter im oberen Bereich des Hodens mit einem medizinischen Instrument, der Burdizzo-Zange, "abgekniffen" werden.
"Abkneifen" heißt in diesem Zusammenhang aber eher "massiv quetschen", um die Samenleiter und die zuführenden Gefäße zu schädigen. Direkt nach dem Kneifen ist der Bock noch intakt; Zeugungsunfähigkeit tritt erst nach 4-6 Wochen ein. Nach dieser Zeit sollte sich der Hoden auch deutlich verkleinert haben...ist dies nicht der Fall, sollte man nochmals zum TA.

-Sabine- hat geschrieben:Hmm - das liest sich eher wie ein Erziehungsproblem. [...]Wobei er dafür eigentlich von der Psyche her noch viel zu jung ist.
Na ja, mit 8 Monaten ist er ja auch schon ein deckfähiger Bock...die Hormone sind in Wallung, also kann es schon daher rühren.
Allerdings sehe ich es (auch trotz der eventuell schuldigen Hormone) als Erziehungsproblem...
Habt Ihr mit Ihm, als er klein war, gerangelt?

-Sabine- hat geschrieben:Zur Kastration: Ich würde ausschließlich die blutige machen lassen, also die OP, bei der die Hoden unter Narkose aus den Hodensäcken entfernt werden. Bei der unblutigen werden die Hodenabgebunden, bis sie absterben. Das halte ich persönlich für eine tierschutzrelevante Geschichte.
Der vorletzte Satz ist so nicht richtig...gequetscht wird für ca. 20 Sekunden, in dieser Zeit stirbt nix ab!!! Es wird nur eine Schädigung hervorgerufen, die im Verlauf zur Verkümmerung des Hodens führt.
Ich lasse immer per Zange kastrieren, allerdings in Vollnarkose plus örtlicher Betäubung. Ich war bereits in der Klinik dabei; die Böckchen schlafen friedlich und es zuckt keiner auch nur mit der Wimper. Zwei Stunden später sind sie wieder vergnügt ohne jegliche Schmerzanzeichen in der Herde mitgelaufen.
Vor ein paar Monaten wurde so mein neuer fünfjähriger Bock kastriert; hier wurden dann aufgrund der größeren "Quetschfläche" und mehr nötiger "Quetschkraft" wegen des ausgeprägteren Hodens ein paar Tage Klinikaufenthalt empfohlen, da dort dann auch noch, wenn nötig, Schmerzmittel nachgegeben wird. Auch er hat es wohlbehalten überstanden.
Bei der chirurgischen Kastration mit dementsprechend blutiger Wunde habe ich immer ein wenig Bauchweh bezüglich des Infektionsrisikos (Liegen in der Einstreu, die nie 100%ig sauber gehalten werden kann) und in der wärmeren Jahreszeit mit Fliegen.


Man sollte sich die Ruhe und Nervenstärke eines Stuhles zulegen. Der muss schließlich auch mit jedem Ar*** klar kommen!
_________________________________________________________________________________

Die meisten Tiere haben Besitzer - Ziegen haben Personal!
_________________________________________________________________________________

Nehmt Euch mal die Zeit!!!
http://veg-tv.info/Earthlings
Locura
Beiträge: 4653
Registriert: 31.05.2007, 10:01

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von Locura »

@Sanhestar: Hüppske, da haben wir uns überschnitten...


Man sollte sich die Ruhe und Nervenstärke eines Stuhles zulegen. Der muss schließlich auch mit jedem Ar*** klar kommen!
_________________________________________________________________________________

Die meisten Tiere haben Besitzer - Ziegen haben Personal!
_________________________________________________________________________________

Nehmt Euch mal die Zeit!!!
http://veg-tv.info/Earthlings
Ewek
Beiträge: 23
Registriert: 12.02.2009, 09:51

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von Ewek »

Danke für die ausführliche Erklärung, hat mir sehr weiter geholfen.
Ich werd es, wenn, vom TA machen lassen. Von Pseudodoktoren halte ich nicht viel...
Deswegen wollte ich ja wissen was passiert und wie es gemacht wird.

Ich hab und werde den Bock nicht ärgern.

Man ärgert grundsätzlich keine Tiere, Tiere vergessen NIE und irgendwann bekommt man es zurück...


Locura
Beiträge: 4653
Registriert: 31.05.2007, 10:01

Re: Kastration - was ist das?

Beitrag von Locura »

Das hat nichts mit ärgern zu tun!
Unbedachtes Spielen und Übersehen der ersten Aufmüpfigkeitsanzeichen reichen da schon aus...hierzu gehört (spielerisches) Steigen, Reiben des Kopfes am Menschen oder penetrantes Wegabschneiden.

P.S.: Übrigens findest Du über die Suchfunktion eine Menge Beiträge zum Thema "Umgang mit Böcken"...wurschtel Dich da mal durch.


Man sollte sich die Ruhe und Nervenstärke eines Stuhles zulegen. Der muss schließlich auch mit jedem Ar*** klar kommen!
_________________________________________________________________________________

Die meisten Tiere haben Besitzer - Ziegen haben Personal!
_________________________________________________________________________________

Nehmt Euch mal die Zeit!!!
http://veg-tv.info/Earthlings
Antworten