Nordwind

[Sandi]

An alle, die es interessiert!,

Heute morgen wurde ich aus dem Schlaf gerissen, die Tierentsorgung, die sich für heute Mittag angekündigt hatte, war heute morgen schon in aller Frühe da und hat Nordwind mitgenommen. Es war grausam. Die ganze Familie, von der Nordwind, seit nunmehr 13 Jahren, ein Teil war, musste auf die schnelle Abschied nehmen. Wir habe alle geweint, sogar mein Vater, den ich erst einmal weinen sah, das war als Oma gestorben ist.
Nachdem ihr Zustand sich dramatisch verschlechtert hatte, was zum Teil meine Schuld war, haben wir sie gestern einschläfern lassen.
Donnerstag ging es ihr richtig gut, sie lief munter herum, reckte und streckte sich, sie war nicht mehr so dick, man sah jetzt richtig, wie sehr sie in den 2 Wochen ohne Fressen abgenommen hatte. Sie verbrachte einen sonnigen Tag auf der Wiese. Freitag ging es ihr noch besser und sie hat auch wieder geknödelt. Ich habe ihr ein wenig Brot zu fressen gegeben. Es war das Einzigste, was sie genommen hat und sie war echt kurz vor dem Verhungern. Samstag war dann auch noch okay. Doch am Sonntag war sie auf einmal doppelt so dick wie vorher.
Ich vermute es kam vom Brot und ich habe mir große Vorwürfe gemacht!
Wir habe unseren TA nicht erreichen können und zwei andere, die ich anrief, wollten nicht kommen, es sei zu weit, ich solle mit meiner Ziege in die Praxis kommen. Ich habe mich nicht getraut mit ihr mit dem Auto zu fahren! Ich denke, das wäre eine Quälerei gewesen.
Nordwind war noch nie zutraulich. Sie war nie ängstlich oder scheu, eher ein "freches Weib"! Sie ließ sich aber nicht anfassen. Mit dem Kamm kämmen, das mochte sie, aber streicheln mit der Hand überhaupt noch nie!
Es war ganz unheimlich, Nordwind war im Gehege und kam auf mich zu und hat mich ganz groß angeschaut, als wolle sie mir etwas zeigen, doch ich wusste nicht was. Das war am Sonntag und das letzte Mal, dass sie Kontakt mit mir aufnahm... Abends lag sie auf der Wiese und wollte/konnte nicht zum Stall laufen. Sie hat sich auch immer von mir abgewendet. Wir haben sie in ihr Gehege getragen, da sit sie auch wieder gelaufen, zum letzten Mal. In den Stall konnte sie nicht, weil da eine Stufe ist und wir hatten Angst, dass wenn wir sie reinheben, sie da nachts runterstürzt. So hat sie sich vor den Stall gelegt, weil sie selbst merkte, dass sie nicht mehr allein in den Stall kann. Sie hat geschrien, als wir sie dort auch wieder wegtragen mussten, denn wir hatten Angst, dass der Bock auf sie tritt, wenn sie vorm Eingang liegt und so haben wir sie auf ganz viel Heu unter einer Plahne gebettet.

Dort lag sie am nächsten Morgen noch und hatte ziemlichen Durchfall, außerdem hat sie vor Schmerz geschrien. Ich musste sie ganz in Ruhe lassen.
Als der Tierarzt kam, war sie schon sehr schwach. Er massierte ihr den Pansen. Er gab sich wirklich sehr, sehr viel Mühe und und man merkte, dass er selbst betroffen war. Doch sie bekam kaum noch Luft und war von der Massage schon fast ohnmächtig. Der Tierarzt erklärte mir, dass sie zum Operieren in dem Zustand mittlerweile zu schwach wäre und fragte, ob er ihr nochmal was spritzen solle, damit es ihr besser wird.
Ich stand daneben mit Tränen in den Augen und plötzlich hörte ich mich sagen: "Können Sie sie nicht einschläfern?" Ich wollte das gar nicht sagen, wirklich nicht, die Worte kamen einfach so aus mir raus und als ich mich sprechen hörte, war ich richtig erschrocken über das, was ich gerade gesagt hatte. Ich konnte das Elend nicht mehr ertragen, ein so stolzes und tapferes Tier wie Nordwind nach Luft ringend am Boden liegen zu sehen, die Zunge hing ihr aus dem Hals und ich wollte nur noch, dass das alles aufhört.
Ich hatte mir damals, nachdem es bei meinem Hund ganz schrecklich war, geschworen, nie wieder ein Tier einschläfern zu lassen. Mein Hund war damals bei vollem Bewusstsein ohne Narkose eingeschläfert worden und hatte sich noch gewehrt.
Ich sagte es dem Tierarzt und er erklärte mir, dass man den Tieren eigentlich vorher eine Narkose macht, wenn sie nicht bewusstlos sind.
Der Arzt fragte nochmal nach, ob ich sie wirklich einschläfern lassen will und ich hörte mich "ja" sagen.
Der Arzt lief hoch ans Auto um die Mittel zu holen. Ich setzte mich in der Zeit zu Nordwind auf den Boden und nahm ihren Kopf in meinen Schoß, streichelte sie und redete auf sie ein. Als der Tierarzt zurück kam, fragte er mich, ob sie überhaupt noch atmet. Sie atmete nur noch ganz schwach, dann testete er die Augenreflexe, sie reagierte nicht mehr. Er meinte sie sei in einem komatösen Zustand. Als er ihr die Narkose gab, zuckte sie aber noch zusammen, also das hat sie schon noch mitbekommen. Dreimal seufzte sie noch, wir warteten eine Weile und dann kam die Todesspritze, davon hat sie definitiv nichts mehr gemerkt!

Filou läuft seit sie weg ist ganz verstört umher und sucht sie überall. zwar konnte er schon länger nicht mehr mit ihr kämpfen oder spielen, doch sie war da! Als er gestern sah, dass wir sie mit einer Schubkarre wegfahren, ist er zu der Stelle galoppiert, wo sie vorher gelegen hat und als er sah, dass sie da nicht mehr ist, ist er in den Stall gerast und kam den ganzen Tag nicht mehr raus.
Heute hat er sich schon wieder beruhigt.

Ich weiß nicht , ob ich mich richtig entschieden habe, wir werden sie noch lange vermissen. So versuche ich mir ein Beispiel an Nordwind zu nehmen, die vor nichts Angst hatte, in der instinktiven Gewissheit, dass sie nicht tiefer fallen kann, als in Gottes Hand - so wie wir alle.
Danke für Euer Mitgefühl
SANDRA

[Ziegen Mutti]

Hallo Sandy,
tut mir schrecklich Leid. Ich weiß wie sehr man an einem Tier hängt das man schon so lange hat, aber ich denke du hast dich richtig entschieden.

LG
Claudia

[Ziegenfreundin]

Hallo Sandi, fühl dich von mir gedrückt #trost# . Ich kann voll und ganz mit dir fühlen, mir erging es ja vor kurzem genauso. Deine Entscheidung war richtig, denn es ist viel schlimmer sich den Todeskampf anzusehen.Ich hab auch direkt den TA angerufen, damit er unsere Ziege erlöst. Jetzt geht es deiner Ziege hinter der Regenbogenbrücke gut, vielleicht trifft sie ja auf meine Friedel.
Liebe tröstende Grüsse von Anouchka

[Anonymous]

Hallo Sandra,

Du hast Dich richtig entschieden, Nordwind von ihrem Leiden zu erlösen.

Jede weitere Behandlung hätte ihr Leiden nur verlängert. Gesund wäre sie, nach allem was Du geschrieben hast, nicht mehr geworden.

Vor einigen Jahren hatte ich einen ähnlichen Fall. Unsere alte Paula stand eines Morgens nicht mehr auf. Fressen wollte sie auch nicht mehr. Nur noch Leckerchen. Als sie die dann auch nicht mehr wollte, war klar, dass sie nicht mehr zu retten war und ich habe sie erlösen lassen.

[Günter]

Liebe Sandra,

Du hast getan, was Du konntest. Du wirst noch lange daran denken, an Deine geliebte Nordwind. Du wirst darüber hinweg kommen.
Wir Menschen sind leider manchmal einfach machtlos bei diesen Krankheiten.
Du sollst aber auch den Trost und das Mitgefühl von den Ziegentrefflern hier spüren, von denen einige auch schon Ähnliches verkraften mußten.

Liebe Grüße
Günter

PS:
am Samstag kannst Du ja mit einigen Dich persönlich in Bruchmühlbach austauschen, wenn Dir danach ist

[schuehlw]

Hallo Sandi,
auf undefinierbare Weise ist mir mein erster Beitrag hier wieder einmal verlorengegangen und der zweite kann das eigentlich nicht wiedergeben.
Wollte Dir nur sagen, dass es mir sehr leid tut für dich und Nordwind.
Dass mir die Tränen kommen, wenn ich sowas lesen muss, weil ich immer an unsere alte Bella denke, wie´s da einmal sein wird!
Es ist gut,m wie es gegangen ist, Du hast ihr Nähe gegeben und sie hat sich noch von Dir verabschiedet. Behalt sie in Erinnerung, wie sie gelebt hat. Sicher hast du auch Herbert N. um Rat gefragt. er hat bestimmt auch 2 hübsche Jungtiere für Dich.
Grüß ihn von Werner und Hermann!
Grüßle Werner

[Melodie]

.... jedes Wort wäre zu viel,... den kein Wort kann den Verlust beschreiben,... #trost#