Dauergeblähte Ziege

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Jassi
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Beitrag von Jassi »

[quote='Piroschka','index.php?page=Thread&postID=179424#post179424']Es ist mir fast peinlich, so, als wolltest Du mir eine diagnostische "Falle" stellen ;-)
[/quote]:-) Sowas traust Du mir also zu! Nein, war keine Absicht, hab nur die Reihenfolge vertauscht.


Ja, es stimmt schon, dass die Ration hoch ist, wenn sich die Ziegen in der Hochträchtigkeit befinden. Aber ich denke nicht, dass sie zu hoch ist. Vida hat immerhin zwei stattliche Lämmer geboren, die schnell wuchsen. Da benötigt sie einiges an Energie. Es war ihre vierte Abammung. Vorletztes Jahr hatte sie eine Fehlgeburt. Natürlich wollen wir die Milch möglichst schnell gebrauchen, um Käse herzustellen, die Lämmer bleiben trotzdem erstmal 7-8 Wochen an der Mutter. Es ist eine Nutztierherde, die einen kleinen Familienbetrieb ernährt. Da wir nach Biorichtlinien arbeiten (und das aus Überzeugung und nicht auf Grund irgenedwelcher Trends) steht das Wohl des Tieres an erster Stelle. Wir haben uns auch für die etwas weniger Leistungsstarke BDE entschieden. Ich will dir nur einen kleinen Einblick geben, Piroschka. Es ist nicht so, dass die Ziegen hier alle zwei, drei Jahre ausgewechselt werden. Ich kenne das von Milchkühen, das die nach kurzer Zeit wechseln, weil es NUR um Leistung geht. Das finde ich schlimm! In solch einem Betrieb möchte ich weder arbeiten noch die Nahrungsmittel davon konsumieren. Bei uns dürfen Ziegen auch gerne mal 10-12 Jahre alt werden.


[quote='Piroschka','index.php?page=Thread&postID=179424#post179424']Wie würde er dann korrekterweise arbeiten?
[/quote]Ich hab auch schon gedacht, dass die "Arbeit" ziemlich weit unten satt findet. Hätte aber jetzt eher vermutet, dass entweder ein anderer Magenteil (Labmagen) oder der Darm betroffen wäre. Beziehungsweise der Pansen ja auch mehr Platz benötigt, wenn er immerzu gebläht ist.

[quote='Piroschka','index.php?page=Thread&postID=179424#post179424']Da er den Raum seitlich bis unter die Rückenpartie ausfüllen würde (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass andere Organe den angestammten Platz weiterhin einnehmen können), könnte die "Welle" sich nicht soweit nach oben ausdehnen, dafür wäre nicht genug Platz.
Die Pansenkontraktion würde mit dem gleichen Kraftaufwand erfolgen, die Ausdehnungsbeule würde nicht länglich nach oben beschleunigen, sondern, wie Du es bei den anderen Ziegen beobachten kannst, langsamer (weil mehr Widerstand zu überwinden ist) sowie seitlicher. Wenn Du die geballte Faust dagegen hältst, bekommst du einen Eindruck von der Kraft, die dahinter steckt: Du kannst das Herauswölben nicht stoppen, es vollzieht sich "mit Macht", wenn auch langsam.
Hier nun, wenn auch nicht pfeilschnell, geht die Bewegung den Weg des geringeren Widerstandes schräg nach oben. Jedenfalls das, was sichtbar ist. Da auch Teile des Pansens in der Bauchhöhle arbeiten, die Du nicht siehst, können wir über das Umwälzen des Breis nicht viel sagen.
Es ist möglich, dass durch den leicht gestörten Prozess eine Teilaufgasung, ein unvollständiges Durchkneten (wie in einer Mischmaschine) erfolgt.
[/quote]Das hört sich zumindest plausibel an ;-)

Da wird man allerdings nicht viel machen können, wenn es das Bindegewebe sein sollte :-(
Bisher hat sich auch überhaupt keine Veränderung ergeben.
Und meinst du nicht, dass es doch irgendein Fremdkörper sein kann?

LG, Jassi
Zuletzt geändert von Jassi am 13.12.2015, 10:35, insgesamt 1-mal geändert.


Jassi
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Beitrag von Jassi »

Ich habe heute mal ein paar Videos von Vidas Bauch gemacht. Ihr findet eines davon hier: https://www.youtube.com/watch?v=uafF2fo ... e=youtu.be
Die Qualität ist nicht so berauschend, aber da ich gerade über ne Stunde am hochladen war (dank der super Verbindung auf dem Lande X( ), sehe ich davon ab, heute noch mehr zu laden. Für einen ersten Eindruck mag es genügen. Man sieht sehr gut, wie die Wellen durch den Pansen gehen.
Langsam mach ich mir ernsthaft Sorgen um Vida. Manchmal ist sie normal, dann wieder kugelrund. Sie frisst uund käut wieder, aber scheint langsam auch abzunehmen.
Sie fühlt sich schon ganz knorrig an.

Piroschka, ich habe heute andere Ziegen befühlt und fand, dass die Pansen auch bis weit hinab in den Bauchraum gehen. Weil Du sagtest, es wäre für ein so junges Tier unüblich, dass er so wir unten hängen würde. Und doch, sie ist gebläht. Nicht immer und jeden Tag, aber oft.


Zirkuszuchtziegenzüchter
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Beitrag von Zirkuszuchtziegenzüchter »

Liebe Jassi,

ich hatte der Symptomatik nach einen ähnlichen Fall im Stall:

Immer wiederkehrende Tympanie, immer schlechtere Futteraufnahme, Abmagerung, immer schlechteres Allgemeinbefinden. Hörbare Rülpsgeräusche (kein normaler Ruktus, eher wie ein "Hicksen" und Rülpsgeräusch zusammen). Und vor allem die extreme Pansenmotorik. Die Darmpassage war verlangsamt, der Kot wurde recht trocken und spitz (den enthaltenen Fasern nach geformt). Im fortgeschrittenen Stadium konnte ich den stark gefüllten Labmagen ertasten.

Wir haben damals das alles Mögliche versucht, diagnostisch und therapeutisch. Leider mussten wir das Tier erlösen. Die Sektion ergab quasi "NICHTS" außer dem extrem gefüllten Labmagen mit sehr trockenem Inhalt. Angeblich kein Fremdkörper, keine Verwachsungen und Geschwüre, kein Verwurmungsproblem - dennoch lag ein massives Passageproblem vor.

Deshalb werfe ich jetzt mal zur Idee des Fremdkörpers die funktionelle Pylorusstenose in den Raum (Hoflund-Syndrom). Nervus vagus wurde ja angesprochen.
Die Blutwerte verhielten sich leider ja wie immer nicht klassisch nach Lehrbuch. Pansensaftentnahme aus einer "tieferen" Region (um zu überprüfen, ob der pH im Pansen zu wenig alkalisch durch HCl-Reflux) durch den TA mißlang.
Hoflund hat unterschiedliche Ausprägungen der Symptomatik, Kot kann z.B. ganz normal aussehen usw

Ich möchte keine Diagnose orakeln, es ist eher ein Gedankenanstoß. Ich denke, Du kannst gut mit der Info umgehen.
Es ist schön zu lesen, wie bemüht Du um die Ziege bist!
Mehr Infos gerne per PN :-)

LG
Eva


Strahli
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Beitrag von Strahli »

Hallo Jassi
Vielleicht habe ich es überlesen, darum kurze Nachfrage:
Ihr hattet im Betrieb doch noch weitere Probleme (Clostridien), richtig? Davon gibt es anscheinend einen Sektionsbefund. Konnte dieser hier schon von jemandem (Piroschka z.B.) gesichtet werden?

Falls nein, würdest Du ihn einstellen?


grüsse von strahli
Jassi
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Beitrag von Jassi »

Vielen Dank, Piroschka, dass Du dir so viel Mühe machst!
Ja, nachdem "Zirkuszuchtziegenzüchter" von seinem Tier berichtete, welches ähnliche Symptome wie Vida aufwies und im Zusammenhang das Hoflund-Syndrom ansprach, habe ich nun sehr viel darüber gelesen und bin mir nun auch ziemlich sicher, dass die Ursache ein geschädigter Nervus vagus ist. Ganz auffällig ist diese "papple"-Körperform (Pansen nach links oben gebläht, in "apple"-Form, Labmagen nach rechts unten, in "pear"-Form). Wenn die Blähung nun immer mal so stark war, dass Vida sichtlich unwohl war, habe ich ihr 100ml Speiseöl+Colosan eingegeben.Dann habe ich sie vorne hochgestellt, sie hat ordentlich abgerülpst und alsbald war sie wieder dünn und hat gefressen. Das fressen allerdings führt durch die falsche Verteilung der Nahrungsteilchen leider wieder zum blähen. Aber wenn es ihr gut geht, was überwiegend der Fall ist, dann frisst sie. Ich hab sogar das Gefühl, dass sie mehr frisst, als vorher. Vielleicht bedingt dadurch, dass nur noch die Hälfte verarbeitet wird. Den Kötteltest werde ich mal machen.
Könnte der Nervus vagus zb. auch durch einen Stoss eines anderen Tieres geschädigt werden? Sie ist nämlich in den letzten Wochen in der Rangfolge immer weiter abgerutscht und hat öfter mal eine gefangen bekommen.Ich werde das mal ausführlich mit dem Tierbesitzer besprechen. Vom Hoflund-Syndrom habe ich schon berichtet.
Die Antiobiotikagabe müsste er allerdings absegnen, dass kann ich leider nicht allein bestimmen, obwohl ich nichts lieber täte als das. Aber ich glaube, ich kann ihn da schon überzeugen ;-) Ich würde mich ärgern, wenn ich nicht alles probiert hätte, um diesem Tier zu helfen.

Piroschka, keine Sorge, alle anderen Ziegen sind fit :-) Zum Glück. Vor ein paar Wochen hatten wir ein paar Clostridienfälle, aber das ist Gott sei Dank überstanden. Zwei Tiere sind verendet, die anderen erfolgreich behandelt worden.Das war in der sensiblen Zeit der Futterumstellung von Stall auf Weide. Das Problem mit Vida hat aber schon viel eher begonnen, weswegen ich auch keinen Zusammenhang sehe. Ja, unsere Ziegen werden nie wie Hobbyziegen aussehen, die ja meist ganz ordentlich was auf den Rippen haben.
Gerade ist die Lammzeit zu Ende, nun geben die Ziegen weiter ihre Milch, da wird vor allem eines: umgesetzt. Aber sie sind den ganzen Tag und Abend auf der Weide, bekommen Heu und Stroh. Ich denke nicht, dass es ihnen hier an etwa mangelt.

Gruß, Jassi


Zirkuszuchtziegenzüchter
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Beitrag von Zirkuszuchtziegenzüchter »

Hoflund ist ja nur eine Idee. Könnte auch ein Fremdkörper sein, der die Passage erschwert - die Symptome können die gleichen sein. Oftmals wird man nie herausbekommen, was es ist.
Die Tierkinik in Hannover tippte in meinem Fall damals auf Fremdkörper....

Vida ist wahrscheinlich im Rang abgestiegen, WEIL sie irgendetwas hat. Eher Wirkung als Ursache. Wichtig ist, daß sie im Stall ausreichend und stressfrei zum Futter kommt.

Meine Ziege konnte das Gas nicht loswerden durch Vorne-Hochstellen. Auch hat sie immer schlechter gefressen (Vida frißt ja wieder besser, oder?)

Habt Ihr eigentlich auch an was Naheliegendes wie Bandwürmer gedacht? Ich selbst habe keine Erfahrungen mit Bandwürmern (also meine Ziegen, aber ich glücklicherweise auch nicht....), habe da aber auch mal was von immer wiederkehrender Tympanie und gesteigerter Pansenmotorik gelesen...

LG
Eva


Jassi
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Beitrag von Jassi »

Ja, bei Hoflund stand auch dabei, dass es auch zu einer Schädigung des Nerves durch einen Fremdkörper kommen kann.Es ist schon doof, wenn man so rumrätseln muss. Wenn dann auch eine Sektion (im Todesfall) keine Antwort bringt, dann ist das doch frustrierend.

Naja, wenn die Lämmer abgesetzt werden, dann ist immer so eine Zeit, wo die Ziegen ihre Rangordnung wieder klären. Dann müssen sie den Nachwuchs nicht mehr betreuen und können sich anderem widmen;-) Ab dem Zeitpunkt fing es auch ungefähr an. Deswegen kann es auch als Ursache in Frage kommen, falls es möglich ist, dass ein Stoss solch schwere Folgen haben kann. Aber wenn man manchmal sieht, mit welch Kraft die ihre Köpfe aneinander schmeissen...

Ja, sie frisst gut im Stall und wie gesagt, mein Eindruck ist, dass sie auch vermehrt frisst. Kötteln tut sie normal. Will morgen mal den von Piroschka erwähnten "Kötteltest" machen, um zu sehen, wie die Bestandteile gegenüber anderen Ziegen aussehen. Sie ist ja auch nicht jeden Tag so sehr gebläht. Wenn, dann mag sie auch nicht gerne fressen. Erst wenn die Luft wieder raus ist. Klar, würde mir auch so gehen...

Hab sie entwurmt, auch gegen Bandwürmer, obwohl ich das eher ausgeschlossen hatte, da in den Kötteln keine Glieder zu sehen waren. Aber sicherheitshalber, man sieht ja nicht alles.

Jassi


Strahli
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Beitrag von Strahli »

Bandwürmer
Werden meistens (!) vom Labor nicht erkannt. Eine Sichtung der Glieder durch den Ziegenhalter ist ebenfalls kein "Muss", da Bandwurmglieder nicht ständig ausgeschieden werden.
Auch macht der Bandwurm, im Gegensatz zu MDW, sehr lange keine/kaum Symptome.
Später wird berichtet über: aufgeblähtes Aussehen (dicker Bauch), Abmagerung und Leistungsabfall, Anfälligkeit auf andere Krankheiten, struppiges Fell und Blutarmut, ev. Kehlgansödem.
Man spricht auch davon, dass Lämmer anfälliger sind als adulte Ziegen. Letztere eine gewisse Immunität machen.

Bei der Behandlung gegen Bandwürmern ist es wichtig, ein wirksames Medikament zu nehmen. Möglich sind Benzimidazole in hohen Dosierungen (damit habe ich keine Erfahrungen über die Wirksamkeit) oder Praziquantel - Cestocur (sehr gut wirksam und bis anhin noch keine Resistenzen bekannt). Cestocur muss für Ziegen allerdings höher dosiert werden. Heisst 3ml/ 10Kg KGW. Neuerdings verabreicht man die Schafsdosis (3ml/10 KGW) jedoch an zwei Tagen hintereinander.


grüsse von strahli
Jassi
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Beitrag von Jassi »

Heute war wieder so ein Tag, an dem es Vida scheinbar wirklich nicht gut ging. Sie wirkt ganz matt, obwohl sie frisst und auf Ansprache reagiert. Sie ist abgemagert und hat ganz eingefallene Augen. Habe ihr heute zwangsweise Wasser eingegeben, da sie einen sehr dehydrierten Eindruck macht. Die Köttel von ihr sind noch sehr grobfaserig,im Vergleich zu den Kötteln der anderen Ziegen. Es scheint so zu sein, dass die Nahrung nur unzureichend zerkleinert werden kann. Demnach stehen ihr seit Wochen zu wenige Nährstoffe zur Verfügung. Kein Wunder, dass sie abbaut, obwohl sie so viel frisst. Es ist nahezu unerträglich sie so sehen zu müssen ;( Der Tierbesitzer ist fast soweit sie am Monatg zum schlachten mitzunehmen....... #heul#


Jassi
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Beitrag von Jassi »

Ich möchte mich herzlichst bei Euch bedanken, vorallem Piroschka, für die rege Anteilnahme, Lösungsvorschläge und Ideen für Vidas Problem.
Leider konnte ihr nicht geholfen werden. In den letzten Tagen ging es ihr nicht mehr gut genug, als dass ich es hätte verantworten können, sie so weiter leben zu lassen. Obwohl sie weiterhin viel gefressen hat, sah man deutlich, dass sie sich unwohl fühlte. Sie stand buckelig und mit hängenden Ohren da, schaute zu ihren Bauch und stöhnte immer wieder mal.
Wenn man sie ansprach war sie trotzdem wach und interessiert. Ich habe sie gestern noch einmal mit den anderen auf die Weide geschickt und heute zum schlachten gefahren.
Es hat mir wirklich das Herz gebrochen. Eine so junge Ziege. Meine Liebste von allen. Ich werde sie sehr vermissen...

Jassi
Zuletzt geändert von Jassi am 23.01.2018, 19:48, insgesamt 1-mal geändert.


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