Hirnrindennekrose

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Picada1305

Hirnrindennekrose

Beitrag von Picada1305 »

Hallo zusammen,

ich hoffe, Ihr könnt mir helfen.

Am besten ich erzähle Euch die Kurzgeschichte, vielleicht habt Ihr ja einen Rat für mich.

Meine kleine ZZ (3 Jahre) war letzten Winter tragend und hat Ende Januar ihre Babies verloren. Als ich abends heimkam lagen 2 nackte Lämmer tot im Stall.
Danach war sie etwas eingefallen aber immer noch fit und ich dachte mir (und das wurde mir auch durch den Züchter bestätigt) es läge an der Geburt. Als jedoch nach 3 Wochen immer noch keine Besserung in Sicht war, habe ich sie nach Rücksprache mit dem TA entwurmt. Seine Aussage: Es kommt oft vor, dass der Wurmbefall nach einer Geburt tendenziell ansteigt.

Als Futter gab es zu der Zeit: Heu, Stroh, ab und zu Zweige von Obstbäumen bzw. Fichten/Kiefern und etwas Hafer.

4 Wochen später - also ca. Mitte März habe ich sie mittags rausgeführt um sie "anzuweiden" - denn sie war immer noch sehr mager und hat einfach nicht zugenommen. Dann ist sie mir umgefallen. TA wurde SOFORT verständigt - war binnen einer STunde da. Diagnose: Total verwurmt #shock#

Er hat ihr u.a. auch Vitamin B1 gespritzt, weil er feststellte, dass der Pansen auch nicht sauber arbeiten würde und hat mir Pansenstarter gegeben. Ich hab mich an die Anweisung gehalten und diesen Pansenstarter 4 Tage lang jeden Abend gefüttert. Dazu wieder Heu, Stroh und Hafer. War mit dem TA so abgesprochen.

Karsamstag dann der MEGA-Schock. Meine Kleine steht mit überstrecktem Kopf schreiend auf Weide und brüllt wie am Spiess. Wieder TA geholt. Diagnose: Pansen arbeitet nicht richtig. Er hat ihr wieder Spritzen verabreicht (Vitamine, Vitamin B1 und noch was) und meinte wieder den Pansenstarter verfüttern. Ostersonntag morgen war meine Kleine völlig apathisch im Stall gestanden und hat mit den Zähnen geknirscht . . . sie hatte Schmerzen. Ich wieder den TA gerufen - der kam, hat sie nochmal abgehört und meinte dann, er kann hier nicht helfen sie muss in die Klinik. Er hat uns bei der Klinik angemeldet und eine Stunde später waren wir vor Ort.

Nach 2 Tagen bangen Wartens (weil das Labor ja nicht arbeitete und ich nur die Aussage bekam: Es könnte Listeriose sein, vielleicht aber auch Hirnrindennekrose) kam der erfreuliche Anruf: Ihre Kleine ist soweit wieder fit, Sie können sie wieder abholen. Also am Mittwoch wieder ins Auto gesetzt, 100km einfach zur Klinik gefahren und meine kleine Motte freudig in Empfang genommen. Nach einer Stunde Frage-Antwort-Spiel mit dem zuständigen Klinik-TA war ich etwas schlauer. Diagnose: Hirnrindennekrose, da die Gabe von Vitamin-B1 super angeschlagen hat (sie wurde wohl vorsichtshalber auf beides, also Listeriose und Hirnrindennekrose behandelt) und sie würde es wieder schaffen.

Aber meine Kleine ist nicht mehr die "Alte" #heul# #heul#

Sie ist in Ihren Bewegungen sehr langsam - auch beim Fressen ist sie sehr bedächtig. Die Pupillen-Reaktion, die beim Abholen noch eingeschränkt war, hat sich wieder verbessert, aber sie ist halt sehr gemächlich. Ich weiss nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Sie frisst, Kot und Urin absetzen funktioniert prima (in der Klinik wurde sie auch nochmals auf Würmer untersucht und war negativ). Auch Wiederkäuen und Rülpsen funktioniert perfekt.

Nur dieses "Langsame" und Bedächtige . . . . das irritiert mich doch stark. Wenn ich daran denke, wie sie früher alles in sich "rein geschaufelt" hat und heute . . . . .
Auch nimmt sie nicht richtig zu. Sie ist immer noch sehr dünn, obwohl ihr Heu und Stroh in rauhen Mengen zur Verfügung stehen und sie stundenweise auf die Wiese kann und ich alle möglichen Äste nach Hause bringe, nur damit sie abwechslungsreiches Futter hat. Und NEIN - ich füttere keinen Hafer mehr.

Und nun meine Frage: Hat jemand von Euch schon einmal ähnliches miterlebt und kann mir sagen wie lange das dauern wird? Wird sie überhaupt wieder die "Alte" werden?
Was kann ich machen damit sie zunimmt?

In der Klinik sagte man mir am Telefon: Das würde schon wieder werden und wenn ich möchte könnte ich Sie wieder vorbeibringen. Ich hoffe Ihr habt vielleicht einen Rat für mich.

Ich würde mich über jede noch so kleine Info wirklich freuen. Vielen Dank für Eure Geduld


-Sabine-

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von -Sabine- »

Hallo Picada,

ich weiß nicht recht viel mehr über diese Erkrankung außer dass sie durch einen Thiamin(Vitamin B) Mangel augeslöst wird und in den frühen Formen gut heilbar ist. Weiter fortgeschritten erkrankte Tiere sterben offensichtlich sowieso. Also scheint Ihr ja noch Glück gehabt zu haben. Wenn das alles erst Ostern war und die Ziege schon vorher länger krank, dann wird es sich auch eine gute Weile dauern, bis sie wieder fit ist. Ein Beispiel aus meiner Herde: Ich habe einen ganzen Winter gebraucht, um eine halb verhungerte Ziege wieder in eine normale Form zu bringen. Und die war davon ab nicht krank.

Ich würde deshalb einfach weiter so füttern wie gehabt, mit dem TA/der Klinik absprechen, ob Vitamin B Gaben auch weiterhin nötig sind und mich davon ab in Geduld fassen.

Deine Ziege war sehr sehr krank und ist wahrscheinlich so gerade eben noch mal dem Tod von der Schippe gesprungen - da brauchen auch wir Menschen eine ganze Weile, bis wir wieder die "alten" sind.

Ich wünsche Euch alles Gute!


Picada1305

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von Picada1305 »

Hallo Sabine,

vielen Dank für Deine aufmunternden Worte. Ich mach mir wirklich Sorgen um meine kleine Motte und auch unendliche Vorwürfe.

Heute scheint wieder wohl einer der "schlechteren Tage" zu sein. Sie ist ziemlich wackelig und wenn sie, so wie vorhin eben, daliegt und sich nicht rührt bleibt mir immer fast das Herz stehen, weil ich Angst habe sie verloren zu haben . . . . #heul#

Dann heb ich immer ihr Köpfchen auf, sie bleibt trotzdem liegen - mit offenen Augen - atmet aber ganz ruhig.

Und auf einmal, so wie vorhin fängt sie dann mit dem wiederkäuen an. Aber irgendwie völlig teilnahmslos.

Als dies das letzte Mal passiert ist, musste ich kurz weg und nach 20 Minuten stand sie friedlich grasend auf der Wiese und hat sofort ihr Köpfchen gehoben, als sie mitbekommen hat, dass sich jemand nähert.

Hab nochmal in der Klinik angerufen und warte nun auf den Rückruf des damals behandelnden TA's. Werd ihn auch gleich nochmal fragen, bzgl. zusätzlicher Thiamin-Gaben die ich mir dann gleich morgen beim ortsansässigen TA holen würde.

Hatte die Frage zwar schon bei der Abholung gestellt, aber der TA in der Klinik meinte damals schon, der Blutspiegel zeigte am Vormittag der Entlassung absolut normale Werte an . . . .

Ich hoffe sie schafft es . . . . .


-Sabine-

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von -Sabine- »

Picada1305 hat geschrieben:Hallo Sabine,

vielen Dank für Deine aufmunternden Worte. Ich mach mir wirklich Sorgen um meine kleine Motte und auch unendliche Vorwürfe.
Picada, ich kann Dich sehr gut verstehen, es würde mir wahrscheinlich auch so gehen. Aber mach Dir keine Vorwürfe, Du hast getan, was du konntest, Ihr habt einen TA und eine Klinik dran - mehr kann ein Mensch nicht tun. Du bist weder Hellseher, noch Gott ;-)

Bitte halt mich auf dem Laufenden, wie es Dir und Deiner Motte geht. Ich drück Euch alle Daumen - und meine kleine Tochter die Zehen :-)


Strahli
Beiträge: 665
Registriert: 28.05.2010, 22:25

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von Strahli »

Hallo Picada
Heftige Geschichte. #trost#

Wie gehts Deiner Ziege heute und was hat die Klinik gemeint?

Hast Du noch andere Ziegen ausser der erkrankten? Wurden sie vorsorglich mit Vit. B behandelt/versorgt?
Fütterst Du den Ziegen Mineralstoffe, wenn ja welches Produkt?

Mich würde es interessieren wie es zu dem Vit.B1 Mangel kam.


grüsse von strahli
-Sabine-

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von -Sabine- »

Strahli hat geschrieben: Mich würde es interessieren wie es zu dem Vit.B1 Mangel kam.
Eigentlich geht das bei einer erwachsenen Ziege gar nicht. Die Ziege kann im Pansen Thiamin/Vit B1 aus Grünfutter/Raufutter synthetisieren, also selber herstellen. Im Futter wäre Vit B1 z.B. im Getreide, also ist in dieser Hinsicht die Hafergabe sicher nicht schlecht gewesen. Außer natürlich, die Ziege wäre nahezu nur mit Getreide gefüttert worden, dann wird durch die Übersäuerung die Thiaminbildung gehemmt.

Bei Jungtieren, die noch keinen voll funktionsfähigen Pansen haben und die zu früh abgesetzt werden, kommt das hingegen relativ häufig vor, denn in der Muttermilch ist Thiamin enthalten, Sauglämmer sind also versorgt, abgesetzte aber nicht mehr und selber bilden können sie es noch nicht.

Ich überleg grade, ob das was mit der missglückten Trächtigkeit zu tun haben kann, habe ich bin kein Veterinärmediziner.

Vielleicht meldet sich Picada nochmal, denn das wurde mich auch interessieren.


Ulli
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Registriert: 13.03.2008, 07:18

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von Ulli »

Hallo!

Kann es evtl mit der erwähnten hochgradigen Verwurmung zusammenhängen?

LG Ulli


Leben ist gefährlich und endet immer tödlich
-Sabine-

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von -Sabine- »

Ulli hat geschrieben:Hallo!

Kann es evtl mit der erwähnten hochgradigen Verwurmung zusammenhängen?
War die Verwurmung erwiesen? Ich dachte, das wäre nur ein Verdacht gewesen, als auf die Behandlung keine Besserung eintrat ....?


Strahli
Beiträge: 665
Registriert: 28.05.2010, 22:25

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von Strahli »

@Sabine
Dass die Mikroorganismen im Pansen, natülicherweise Vit.B gebildet wird, ist mir geläufig, allerdings wollte ich wissen, wie es in diesem Fall hier zu einem Mangel kam. ;-)

Und sicherlich geht das bei einer adulten Ziege auch. Denn auch Pilze und Bakterien können das Vit. B zerstören. Dies wäre z.B durch verschimmeltes Futter (Heu/Stroh) möglich.
Weitere Ursachen sind:
Pansenazidose
längerer Durchfall
bestimmte Medikamente

und auch die erwähnten Parasiten, wobei ich auch meinte, die seien nicht erwiesen.


grüsse von strahli
-Sabine-

Re: Hirnrindennekrose

Beitrag von -Sabine- »

Ich hab mir jetzt mal die Mühe gemacht zu recherchieren und offensichtlich sind die Ursachen nicht wirklich erwiesen und vielfältig.
Pathogenese:
Nicht eindeutig geklärt.

Hypothesen: erhöhter Bedarf an B1 bei kraftfutterreicher Ration, geringe Bildung und vermehrte Zerstörung durch Thiaminasen im Pansen. Sulfatreiche Rationen erhöhen das Risiko für CCN, ebenso Cobalt-Mangel und Melasse-Harnstoff-Zusätze (im letzteren Fall ist die Bedeutung von Thiamin nicht bekannt).
Im Gefolge des biochemischen Defektes entwickelt sich ein zelluläres Hirnödem, das wiederum zu Ausfallserscheinungen und später zu Drucknekrosen in der Hirnrinde führt.
Da eine Speicherung des Vitamins nicht möglich ist, muß der Bedarf laufend gedeckt werden. Mangelerscheinungen treten sonst relativ bald auf.


Eine klinisch und pathologisch-anatomisch kaum zu unterscheidende Erkrankung kann durch H2S-Vergiftung entstehen:
externe Vergiftung durch Einatmung von Gasen nach Güllerühren ("Jauchegasvergiftung")
interne Vergiftung durch Diffusion von H2S, das im Pansen bei Verabreichung von Rationen mit erhöhtem Schwefelgehalt (> 0,25 - 0,4 % S in der TS; Bedarf: 0,15 - 0,2 %) entsteht
Das scheint also wirklich ein Fall für eine Tierklinik und Spezialisten zu sein.


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