Moderhinke / unfähiger Tierarzt

[Abra K.]

Hallo Leute

Heute Vormittag habe ich beobachtet, wie Perle wiederholt das linke Vorderbein anhob und zwischendurch (nicht konstant) auf diesem Bein auch leicht lahmte. Dachte, sie hätte sich vielleicht eine leichte Verstauchung zugezogen oder einen Dorn oder ein Steinchen in die Klaue eingetreten. Hab dann das Bein sorgfältig abgetastet, nix Befremdliches gefunden, und mir dann die Klaue angeschaut: an beiden Innenwänden hab ich im hinteren Bereich zwei "Einbuchtungen" gefunden, ca. 3 mm tief und 8 mm im Durchmesser; das Horn war dort und rundherum sehr weich, weisslich und roch unangenehm.

Hab dann im Netz nach Klauenkrankheiten gesucht und bin schnell auf die Moderhinke gestossen; Bilder und Beschreibungen haben meinen Verdacht bestätigt und ich hab den TA angerufen, der zwei Stunden später ankam, eine aufgezogene Ampulle in der Hand, und meine: "Wir sedieren sie leicht, das Ausräumen kann schmerzhaft sein."

Hallo????? Ich fragte, ob er sich die Klaue nicht erst mal anschauen möchte, es handle sich schliesslich lediglich um eine Verdachtsdiagnose meinerseits. Also hat er geschaut und ich hab beim neuerlichen Hingucken auch gesehen, dass die äusseren Klauenwände sich bei seitlichem Druck ansatzweise lösen. Der TA fand, die Klaue sehe klassisch nach Moderhinke aus, und er werde sie gründlich ausräumen. Hat Perle dann die Injektion verpasst, worauf sie fürchterlich anfing zu husten, bis sie Schaum vor dem Mund hatte. Ich war sehr beunruhigt und fragte, was mit dem Tier los sei, worauf der TA bloss meinte "Keine Ahnung" und mit dem Schneiden begann... Perle hat dann aufgehört zu husten und sich mit dem Brustbein auf meinen Oberschenkel gestützt, den Kopf unter meiner Achsel. Sie hielt still und schien keine Schmerzen zu haben.

Der TA hat ca. fünf Minuten geschnitten (vielleicht auch weniger lang, mir kam's wie eine Ewigkeit vor), dann meinte er: "Ok, alles bestens", und fing an seine Sachen zusammenzuräumen.

Hallo??????????????? Ich fragte, ob er die Klaue denn nicht mit einem antibiotischen Spray versorgen wolle (sie blutete leicht), worauf er wortlos einen Spray aus dem Auto holte und die Klaue einsprühte. Dann wollte er sich wieder aus dem Staub machen und inzwischen war ich so wütend, dass ich ihn anfauchte, er solle mir wenigstens Zinksulfat dalassen, damit ich die andern drei Klauen und die der andern Ziegen präventiv behandeln könne. Hatte er aber nicht dabei und meinte, das werde heutzutage eh nicht mehr verwendet von wegen Umweltbelastung und so. Ich sagte, das sei mir egal, verboten sei es nicht und ich käme das Sulfat in der Praxis abholen. Er meinte, vermutlich hätten sie auch in der Praxis keins -- da hab ich dann aufgegeben und ihn verabschiedet (leider ohne Tritt in den Allerwertesten).

Hab dann Perles Klaue mit einem Verband versorgt, sie in eine Einzelbox gebracht (sie war ziemlich wackelig auf den Beinen), hab anschliessend in der UZH angerufen und wurde wie immer aufmerksam und gut beraten. Zinksulfat-Klauenbäder wären gut, aber bei einem kleinen Bestand ist es auch möglich, sämtliche Klauen bzw. vor allem die Klauenspalte präventiv mit dem antibiotischen Spray zu versorgen, täglich zu kontrollieren und die Vorsorge weiterzuführen, bis die Behandlung des erkrankten Tieres abgeschlossen ist.

Habe ausserdem den Tipp bekommen (danke! ;-) ), mich an einen der BGK-Kontrolltierärzte für Moderhinke zu wenden, was ich am Montag gleich tun werde.

Was ich nicht verstehe: Meine Ziegen stehen sowohl auf den Weiden wie auch im Stall trocken, lediglich auf unseren Streifzügen geraten wir häufig in Feuchtgebiete, aber das ist gemäss UZH keine ausreichende Ursache für Moderhinke.

Habe des Weiteren am 2. Oktober allen Tieren die Klauen geschnitten und im Ziegen-Tagebuch vermerkt, dass Perles Klauen wie immer nicht in bestem Zustand sind und ich sie noch häufiger kontrollieren/schneiden muss, aber weiter ist mir nichts aufgefallen. Schreitet diese beschissene Krankheit denn so schnell fort???

Was mir zudem Sorgen bereitet: Perle hat seit der Sedierung ca. alle halbe Stunde einen Hustenanfall, nun allerdings ohne Schaum vor dem Mund. Ansonsten wirkt sie normal, frisst Heu, trinkt, belastet die kranke Klaue, scheint keine Schmerzen zu haben. Was könnte die Ursache dieser Hustenanfälle sein??

Ich werde in der Nacht gewiss jede Stunde mal nach ihr schauen... bin eine fürchterliche Glucke, wenn es um meine Tiere geht. Und immer noch stinkwütend auf den unfähigen TA. Und froh, dass es dieses Forum gibt und ich hier gelernt habe, mich selber kundig zu machen und den Tierärzten nicht blindlings zu vertrauen.

Liebe Grüsse

Abra

[Strahli]

Was mir zudem Sorgen bereitet: Perle hat seit der Sedierung ca. alle halbe Stunde einen Hustenanfall, nun allerdings ohne Schaum vor dem Mund. Ansonsten wirkt sie normal, frisst Heu, trinkt, belastet die kranke Klaue, scheint keine Schmerzen zu haben. Was könnte die Ursache dieser Hustenanfälle sein??

Was hat der TA gespritzt, wie und in welcher Dosis? Falls er Dir das nicht ins Behandlungsjorunal eingetragen hat, was jedoch in der CH Pflicht ist (!), anrufen und fragen. Jetzt noch!

War von TA Seite her mal die Sprache davon, dass es sich nicht um MH handelt, sonder um ein sonstiges (eher wahrscheinliches) Klauenproblem?

[Strahli]

Nachtrag: wurde die Ziege, resp. deren Bein soweit untersucht, um eine andere Ursache als MH für die Lahmheit zumindest auszuschliessen?

[Abra K.]

Hallo Strahli

Nein, im Behandlungsjournal wurde diesbezüglich nichts eingetragen. Soeben kam aber der Rückruf von der Praxis: Der TA hat 0.1 ml Xylazin gespritzt.

Nein, ein anderes Klauenproblem war kein Thema -- eine weitere Lektion für mich: NIE eine Verdachtsdiagnose äussern, sondern TA bestellen und eine Diagnose stellen lassen.

Perle hatte seit halb acht keinen Hustenanfall mehr (Babyphon ist eingeschaltet), und ich war gerade nochmals im Stall: Sie ruht und käut wieder, wirkt entspannt und normal.

Was ausser MH käme sonst in Frage?

Danke für dein Bemühen!

Abra

[Abra K.]

p.s. Die Klauenspalte war trotz trockenem Wetter/Boden feucht, und wie schon beschrieben: an beiden Klaueninnenseiten befanden sich diese "Einbuchtungen" (fast schon Löcher), das Horn weich und weisslich und (milde gesagt) unangenehm riechend; bei seitlichem Druck auf die Aussenwände war zu sehen, dass diese sich ansatzweise ablösen.

[Abra K.]

Hallo Piroschka

Keine Aufregung ist die beste Einstellung.

Weiss ich, ist aber trotzdem meine Schwachstelle: Ich gerate immer erst mal in Aufregung und Angst, wenn eines meiner Tiere akut erkrankt und offensichtlich Schmerzen hat.

Hustenanfälle aufgrund erhöhter Speichelproduktion durch Xylazin-Gabe etc. leuchtet mir ein -- gut, dass ich das nun weiss, und danke für die Info!

Schmerzen waren offensichtlich, Schonung die logische Folgerung.

Ich werde erst mal den Montag abwarten, einen Kontrolltierarzt für Moderhinke beiziehen und danach, bei Bestätigung der Diagnose, entsprechend weiter behandeln und darüber berichten.

Danke für dein Bemühen!

Abra

[Abra K.]

Update:

Habe doch schon heute Morgen einen Moderhinke-Spezialisten des BGK kontaktiert und wurde ausführlich informiert und beraten (besser als an der UZH -- danke für den wertvollen Tipp!)

Die Diagnose scheint dem Vet. aufgrund des typischen Krankheitsbildes korrekt: MH beginnt im Klauenzwischenraum (ich nenne das die Klauenspalte) mit fauliger Auflösung des Horns; die betroffenen Stellen sind gelblich/weisslich, teilweise schleimig und (sehr klassisch) übel riechend.

MH kommt häufiger bei Schafen vor, ist aber bei Ziegen durchaus nicht soooo selten. Die Ansteckung kann auch auf trockenen Weiden erfolgen (wobei feuchtes Klima grundsätzlich Vorschub leistet).

Die fauligen Stellen gründlich auszuräumen und die Klaue mit AB-Spray und Verband zu versorgen war ebenfalls korrekt.

WICHTIG: konsequent weiter behandeln und auch die nicht betroffenen Tiere präventiv behandeln. AB zu spritzen wird beim jetzigen Stand der Dinge (Früherkennung, lediglich eine Klaue betroffen) vorerst nicht empfohlen.

Klauenbäder mit Zink- oder Kupfersulfat wären gut, sind jedoch nicht umweltverträglich (Schwermetallbelastung der Böden); empfohlen wird Formaldehyd, das nach der Behandlung auf dem Misthaufen entsorgt werden kann (verwandelt sich in Ameisensäure und ist zu 100% biologisch abbaubar).

Habe dann gleich in der TA-Praxis angerufen und Formaldehyd verlangt; eine halbe Stunde später abgeholt und bei dieser Gelegenheit sämtliche Kritik angebracht und empfohlen, gelegentlich mal bei Moderhinke-Experten Nachhilfestunden zu nehmen. :evil:

Werde nun folgendermassen vorgehen: Perles kranke Klaue zweimal täglich mit AB-Spray versorgen; tägliche Klauenkontrolle bei allen Ziegen; bei allfälligem MH-Befall betroffene Stellen ausräumen und mit AB-Spray versorgen, genau protokollieren; alle drei bis vier Tage ein Formalin-Klauenbad für alle Ziegen (35-40%iges Formaldehyd im Verhältnis 1:10 mit Wasser mischen, also 1 dl Formaldehyd auf 1 l Wasser); Formalin-Behandlung während vier Wochen durchführen, danach den BGK-Vet. kontaktieren, Bericht erstatten und das weitere Vorgehen besprechen.

Weidegang wird nicht eingeschränkt; Streifzüge sind möglich, sofern Perle schmerzlos mithalten kann; für trockenes Stallklima sorgen (mach ich ja seit jeher).

Perle geht es soweit gut. Sie lahmt leicht, ist aber ansonsten vital.

Und jetzt ab in den Stall, Klauenkontrolle und erstes Formalin-Bad...

Schönes Wochenende!

Abra

[Ziegentrekking Altmühlfra]

Huhu Abra,

das mit Perle tut mir wirklich leid. :( Leider (oder aber zum Glück?) kenne ich mich auf diesem Gebiet (noch) überhaupt nicht aus. Ich wünsch der Armen aber auf jeden Fall eine gute und hoffentlich baldige Genesung.

LG
Siggi

[Abra K.]

Hallo Piroschka

Danke für den Link. Hab in die Seite reingeschaut und sie ziemlich rasch wieder geschlossen -- ist ja teilweise ganz schön gruselig... und die Moderhinke-Bilder zeigen die Krankheit in fortgeschrittenem Stadium, während bei meiner Ziege im Anfangsstadium diagnostiziert wurde, und das sieht dann doch sehr anders aus, aber wenn man mit der Nase näher ran geht... #stoned#

Warum würdest du nur die befallene Klaue behandeln? Moderhinke ist hochgradig ansteckend und ich will kein Risiko eingehen.

Danke für den Hinweis bezüglich Maschendraht. Ich bin dabei, nach und nach sämtliche Maschendrahtzäune zu ersetzen, aber das dauert. Ich kann es unterlassen, Äste am Maschendraht zu befestigen, aber das Steigen lässt sich da, wo sich auf der andern Seite Ahorn, Weide und Lärche befinden, nicht gänzlich verhindern.

Liebe Grüsse

Abra

p.s. Meine Eltern hatten mal einen Hund, Langhaardackel, der Piroschka hiess (nach dem Film "Ich denke oft an Piroschka" mit Liselotte Pulver, 1955). *fg*

[Abra K.]

Hallo Siggi

Ja, mein armes Perlchen... diese scheussliche Krankheit ist eine schmerzhafte Angelegenheit.

Macht nix, wenn du dich da nicht auskennst, und das darf ruhig so bleiben! *daumendrück*

Herzliche Grüsse!

Abra