Hornlos und Fehlgeprägt

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Yougin
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Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Yougin »

Hallo ihr lieben,

wollt euch mal von unserer Gastziege "Betty" erzählen. Und über die Auswirkungen von einem fehlgeprägten Flaschenlamm berichten. Betty ist Hornlos und wurde mit der Flasche aufgezogen und ist somit leider absolut menschenbezogen. Sie wurde bis vor kurzem von einer Familie mit Kinder, als einzelziege gehalten. Diese haben sie decken lassen und waren dann mit der Arbeit des melkens nachdem sie die lämmer verkauft haben ,überfordert. Also haben sie Betty an meine Bekannte verkauft, die sich freut das sie die maus melken konnte. ( mittlerweile ist sie ja trockengestellt )

Also Betty ist momentan bei uns, damit unser Bock sie deckt, was ja eigentlich kein Problem ist, so dachten wir.
Die maus war erstmal total überfordert mit der herdensituation und hat immer nach uns gerufen. Sie hat richtig Angst vor den anderen, hinzu kommt ja noch das sie sich nicht richtig gegen die anderen wehren kann, da ja keine Hörner. Ich muss dazu sagen das unsere Ziegen relativ lieb sind, sie klären einmal die Rangordnung und dann ist gut. Mittlerweile ist es soweit das von unserer Herden Harmonie nicht mehr viel übrig ist, da sie durch ihr ängstlich verhalten die ganze Herde nervös macht. ( sie ist jetzt ca . drei Wochen da)
Nun ist sie endlich bockig geworden und sie ist sogar so fehlgeprägt das sie Angst hat, wenn der bock aufspringt . Das ist echt traurig. Man könnte denken das sie noch nie gedeckt worden wäre. Scheinbar hat es der bock aber doch geschafft, da sie ums schwänzel verklebt ist. Drei kreuze , wenn sie jetzt wieder heim geht und wieder Ruhe in unsere Herde einkehrt .
Dies ist echt ein trauriges Beispiel, wenn bei flaschenkinder der nötig Herden Kontakt fehlt und diese dadurch total fehlgeprägt werden.


LG Steffi


Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es spürt wie du den Schmerz!

Das mir der Hund das Liebste ist, sagst du "oh" Mensch sei Sünde, der Hund blieb mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde!
Dipla
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Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Dipla »

Grüß dich Steffi,
aus genau diesem Grund haben wir unser Flaschenkind Stella bei ihrer Mutter gelassen, wenn auch die ersten 3 Wochen getrennt von der Herde da sie einfach viel zu winzig war (Bure, Einzelkind, Geburtsgewicht 2,3kg). Sie hat von ihrer Mutter und später von der Herde genau das gelernt was sie braucht um ein normales Leben führen zu können. Heißt zwar noch lange nicht daß sie ne total normale Ziege geworden ist, aber sie führt ein normales Leben und das ist die Hauptsache. Mit ihrer Mom werde ich mir wohl immer Platz 1 in ihrem Herzen teilen, sieht sie mich kommt sie meckernd über die Weide geflitzt, schmeißt sich an mein Bein und will den Kopf gekrault haben. Ob das so normal ist.. nun ja, ich liebe den kleinen Flitzezwerg und bin froh daß sie in der Gruppe vom Verhalten her absolut nicht auffällt. *fg*
Und ich darf mich nicht beschweren, sie ist die einzige Ziege die mit mir und den Hunden Gassi gehen kann und artiger bei Fuss geht als die 3 Hundenasen #damdidam#


Jeder Tag ist ein Geschenk.
Abra K.

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Abra K. »

Hallo Steffi

Meine Perle ist auch so ein fehlgeprägtes Flaschenkind. Ich habe sie selber unter ziemlich widrigen Umständen aufgezogen, und wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute über die Handaufzucht von Ziegenlämmern weiss, hätte ich vermutlich gar nicht erst versucht, sie am Leben zu erhalten -- insofern war meine Unwissenheit ihr Segen: Perle hat überlebt und erfreut sich ihres Daseins, obwohl ihr durch die Fehlprägung einige Hürden in den Weg gelegt wurden und werden.

Ich hab seit Mitte August einen sehr jungen Bock mit meinen drei Mädels laufen (er war gerade mal viereinhalb Monate alt, als er zu uns kam); die beiden "wohlgeprägten" wurden acht Tage nach seiner Ankunft bockig, Mama Bella übernahm die Führung und unterrichtet sowohl Tochter Philia wie auch den Babybock im Werbe- und Deckverhalten, während Perle daneben stand und zuguckte; drei Wochen später wurde auch sie "widerwillig bockig", d.h. sie suchte schwänzchenwedelnd die Nähe des Bockes, ging aber mit gesträubtem Nackenfell auf ihn los, sobald er sich ihr zuwandte.

Hätte ich mich zuvor ausreichend informiert, dann hätte ich mich wohl für einen gestandenen und erfahrenen Bock entschieden, der sich von Perles Attacken vermutlich nicht derart hätte einschüchtern lassen wie der sichtlich verwirrte Babybock -- meine Unwissenheit ist nicht immer ein Segen für das Findelkind...

Perle wurde drei Wochen später ein zweites Mal ansatzweise bockig bzw. ich sah sie ein einziges Mal mit dem Schwänzchen wedeln, als der Bock sich ihr näherte, und seither hält sie ihn vehementer denn je auf Distanz und jagt ihn des öfteren durch den Stall/das Gehege; irgendwelche Anzeichen von Aufnahmebereitschaft hab ich seither (seit mittlerweile fünf Wochen) keine mehr gesehen.

Was mich erstaunt: Der ins Flegelalter gekommene Bock hat die Leitziege Bella und ihre Tochter Philia inzwischen "entmachtet", während Perle, die in der Mädelgruppe den zweiten Platz belegt, sich weiterhin und sehr überlegen gegen den Flegel behauptet und ihn regelmässig in die Flucht schlägt, sich der entmachteten Leitziege aber immer noch unterordnet -- ausser auf unsern Streifzügen (Spaziergängen), da übernimmt Perle ganz klar die Führung, dann folgen Mama Bella und Tochter, dann der Bock.

Da seh ich dann auch wieder einen positiven Aspekt der Fehlprägung: Perle war von Kindsbeinen an sehr viel mit mir unterwegs, von einfachen Spaziergängen über leichte Wanderungen bis hin zu anspruchsvollen Bergtouren, sie ist nach wie vor äusserst lauf- und kletterfreudig und blüht richtig auf, wenn die ganze Herde unterwegs ist und sie als erfahrene "Trekkerin" die Führung übernehmen darf.

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(Von Frühjahr bis Spätsommer hat Perle mir zeitweise meine Stellung als Oberchefin streitig gemacht, was hin und wieder in beiderseits verbissene Machtkämpfe ausartete, bis ich im Herbst meine Haltung geändert habe und ihr nun zugestehe, auf dem Heimweg die Führung zu übernehmen, während mir weiterhin die Leitung auf dem Hinweg obliegt -- nennt sich Job-Sharing. *fg* )

Was ich damit sagen möchte: Fehlprägung muss nicht notgedrungen nur ein Fluch sein -- jeder misslichen Lage lässt sich auch immer was Gutes abgewinnen, und auch eine fehlgeprägte Ziege kann ein wirklich gutes Dasein haben, wenn man ihr die Möglichkeit lässt oder bietet, nebst ihren Schwächen auch ihre Stärken zu entwickeln und auszuleben.

Ich hatte gehofft, dass Perle durch eigenen Nachwuchs "ziegischer" würde und sich besser in die Herde integrieren würde (sie hat klar und stark die Tendenz zur Einzelgängerin), aber gegenwärtig schaut's nicht so aus, als ob sich diese Hoffung erfüllen würde -- es sei denn (wie eine Bekannte vermutet ;-) ), dass Perle allen Vermutungen zum Trotz doch aufgenommen hat und spätestens im März mit einer Überraschung aufwarten wird.

Ich bin gespannt... und sicher, dass mein fehlgeprägtes Findelkind so oder so seinen Weg finden und ein gutes Leben haben wird. Nicht alles lässt sich planen und steuern, manches muss man halt einfach hinnehmen und versuchen, das Beste daraus zu machen...

Ich wünsche Betty, dass sie ein weiteres Mal Mama werden und mit ihrem Kindchen zusammenbleiben und somit doch noch erleben darf, wie schön es ist, Ziege zu sein. Die Fehlprägung ist nun mal geschehen und schafft Hürden und Schwierigkeiten, aber wenn Betty darin unterstützt wird, sich mit eigenem Nachwuchs in eine Herde zu integrieren, kann sie trotzdem ein gutes Leben haben.

Eine solchermassen fehlgeprägte Ziege zum Decken in eine Herde zu stecken, war vielleicht nicht sonderlich sinnvoll und vermutlich wird auch Betty drei Kreuze machen, wenn sie dieser Situation eingermassen heil entronnen ist...?

Liebe Grüsse

Abra


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von sanhestar »

Hallo,

ich hätte die Betty auch aus der Herde genommen und nur mit dem Bock während der Brunst zusammengelassen.


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Yougin
Beiträge: 1492
Registriert: 05.01.2012, 18:42

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Yougin »

Hallo.
Hab ich vergessen zu erwähnen, wir haben aufgrund dieser Probleme, Betty übernacht mit dem bock extra gesperrt. Nur wen sie tagsüber auf weide gehen, sind sie alle zusammen. Der bock soll sich ja auch um unsre Mädels kümmern können ! Auf weide sind alle relativ entspannt, da ja wesentlich größer .

LG Steffi


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Trisha88
Beiträge: 584
Registriert: 06.05.2010, 17:00

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Trisha88 »

Hallo, also ich denke dass es ja nun nicht unbedingt an der Flaschenaufzucht von Betty liegen muss dass sie fehlgepraegt ist, da du ja auch geschrieben hast das sie von den ersten Besitzern als EINZELTIER gehalten wurde und auch aufgrund dessen Schwierigkeiten in der Herde haben koennte, denn lange genug allein fuehrt auch zu so Fehlpraegungen!! Weisst du denn ob Betty alleine als Flaschenkind aufgezogen wurde?

Ich ziehe meine Laemmer auch von Hand auf, wenn sich alle vertragen in der Gruppe mit den Alttieren und wenn nicht abgetrennt, aber NIEMALS ein Lamm allein!! Bei Milchziegen ist es kein Fehler wenn sie menschenbezogen sind, da tun sich auch spaetere Besitzer einfacher mit den Tieren, da sie den Mensch nicht fuerchten. Mit Milchziegen die bei der Mutter am Euter gross wurden hat man erstmal viel Arbeit diese handzahm zu bekommen, denn das Melken klappt nur gut wenn einem die Tiere vertrauen!

Mein Nachbar hattehatte auch schon Laemmer die erst einige Zeit spaeter geboren wurden als die Anderen und diese hat er dann auch schon mal alleine von Hand gross gezogen, da die anderen Laemmer schon zu gross waren um ein Neugeborenes dazu zu setzen das wuerde ich in dem Fall nicht tun, sondern so ein Lamm dann doch lieber von der Mutter grossziehen lassen um eine Fehlpraegung zu verhindern die in diesem Fall tatsaechlich entstehen wuerde!

Also abschliessend zum Thema fehlgepraegte Handaufzuchten moechte ich sagen es kommt ganz gravierend darauf an an wie man das handhabt. Wenn man die Laemmer unter sich in der GRUPPE oder mit der ganzen Herde mitlaufend von Hand aufzieht entsteht definitiv keine Fehlpraegung!! Ich hatte mit so aufgezogenen Ziegen noch absolut nie Probleme in der Herde!!

LG Sara


Yougin
Beiträge: 1492
Registriert: 05.01.2012, 18:42

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Yougin »

Hallo.

@Trisha88: Soweit ich informiert bin ist die Maus grundsätzlich allein gehalten worden, also sprich auch schon als Lamm. Einfach nur traurig für die Maus.Sowas passiert wenn Menschen keine Ahnung von Tieren haben und sich auch nicht richtig über Haltung und aufzucht
informieren. Und als wenn das nicht reichen würde, ist sie ja damals auch noch enthornt worden. Keine Ahnung warum? Kann ich nicht nachvollziehen !

Na mal sehen, wie sie sich bei meiner bekannten weiterentwickeln wird. Sie hat noch eine zweite Ziege, welche sie aus ihrem alten Bestand noch hat. Sie ist im selben Alter wie Betty ,sprich beide hatten dieses Frühjahr , das erstemal lämmer . Sie muss halt geduld haben.

LG Steffi


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Cirkle-B-Ranch

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Cirkle-B-Ranch »

an solchen miseren sind käufer und verkäufer schuld -
nicht nur ziegen, auch esel, pferde, ponys, kühe, hühner, etc.
sollten weder in einzelhaltung verkauft noch gekauft werden.
hier stehen beide in der verantwortung, eher noch der verantwortungsvolle züchter.

wer bei uns kälber oder ziegen kaufen möchte - sollte bereits welche der rasse haben,
oder es gibt sie nur mind. zu zweit .... #freunde#


gruß CBR


Ulli
Beiträge: 3007
Registriert: 13.03.2008, 07:18

Re: Hornlos und Fehlgeprägt

Beitrag von Ulli »

Hallo!

@CB: Einspruch!

Meine Ziegen haben verschiedene Rassen und verstehen sich problemlos.. bis auf das ganz normale Rumgezicke :D

LG Ulli


Leben ist gefährlich und endet immer tödlich
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