Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

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Adam
Beiträge: 2
Registriert: 13.12.2012, 06:36

Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

Beitrag von Adam »

Hallo.

Wir sind neu hier im Forum und Ziegenhalter durch Zufall und bitten euch um euren Rat.

Meine Freundin und ich leben zur Zeit in Australien. Vor ca. drei Monaten haben wir auf einer Farm gearbeitet. Dort haben wir einen kleinen Ziegenbock gefunden, der laut Einschätzung der Farmer wohl nicht älter war als einige Tage. Die Mutter kam auch nach einigen Tagen nicht mehr zu ihm zurück und so entschieden wir uns zu versuchen ihn aufzuziehen. Die meisten Informationen hierzu bekamen wir zunächst von den Farmern, zu diesem Zeitpunkt kannten wir auch dieses Forum noch nicht.
Der Kleine wurde mit Kälberersatzmilch aufgezogen, da dies das einzige war, dass wir im Outback bekommen konnten.
Nach dem Ende unserer Arbeit auf der Farm, mussten wir ihn mitnehmen, da er nicht auf der Farm bleiben konnte und dort auch keine anderen (häuslichen) Ziegen lebten (zu diesem Zeitpunkt war er ca. 3 Monate jung). Inzwischen sind weitere 2 Wochen vergangen und wir haben ein gutes Zuhause für ihn gesucht und hoffentlich auch gefunden. Dieses neue Zuhause ist auf einer Farm. Die Besitzer halten drei Ziegen. Diese sind auf einem Paddock mit Stall untergebracht. Die Größe des Paddocks beträgt ca. 700qm. Es handelt sich bei der Ziegengruppe um die Mutter mit ihren einjährigen Zwillingen (ein Weibchen und ein Kastrat).
Wir haben bereits über die Suchfunktion einige Anregungen und Tipps zur Eingliederung bekommen, dennoch kommen bei uns immer wieder neue Fragen auf, bzw. ist unser Fall dann doch etwas anders als die bereits Besprochenen.
Wenn wir den kleinen Bock zur Herde lassen, wird er von den anderen Ziegen (hauptsächlich von Mutter und Tochter) gejagt und auf die Hörner genommen. Der Kastrat ist eher Mitläufer und zeigt dieses Verhalten kaum.
Wir wissen bereits aus anderen Beiträgen, dass diese "Rangkämpfe" natürlich sind und in seinem Fall extrem ausfallen, da er nie die Ziegenkommunikation erlernt hat. Dennoch waren wir besorgt, dass er ernsthafte Verletzungen davon tragen könnte und haben ihn ins Nachbargehege mit Sichtkontakt gebracht. Einige Male haben wir es auf diese "harte Tour" versucht, mit wenig Erfolg.
Die Idee, eine rangniedrige Ziege zu ihm ins Gehege zu stellen, von der er zunächst die Kommunikation erlernen kann, haben wir auch aufgegriffen und den Kastraten zu ihm gestellt. Dieser zeigt Interesse an dem Kleinen, ohne dabei "aggressiv" zu sein. Dennoch ist der Kleine so verängstigt (sicherlich auch durch die Erfahrungen zuvor), dass er meist sehr viel Abstand zum Kastraten sucht. Ein weiteres Problem ist, dass wir zur Zeit im Nachbarhaus wohnen und er immer wieder die Nähe zu uns sucht (z.B. in die Ecke des Paddocks läuft und nach uns "ruft"). Auch generell, wenn wir die Ziegen füttern, sucht er sehr stark unsere Nähe. Sein Rufen/Meckern setzt sich eigentlich den ganzen Tag fort, es wird insbesondere verstärkt, wenn wir oder andere Menschen in der Nähe sind. Wenn er ruhig ist erscheint er uns fast apathisch. Er frisst nicht viel und kaut selten wieder. Zur Zeit haben wir keine Möglichkeit ihn mit Ziegen seines Alters in Kontakt zu bringen.

Unsere Fragen hierzu sind folgende:
Sollen wir ihn weiterhin mit dem Kastraten zusammen bringen?
Ist es sinnvoll bei irgendeinem Prozess im Paddock in der Nähe zu sein oder sollen wir so häufig wie möglich auf Abstand gehen?
Was können wir noch tun, um ihm die Integration zu erleichtern?
Ist bei dieser beschriebenen Herdenkonstellation eine Integration überhaupt möglich? (sofern das per Ferndiagnose überhaupt beantwortet werden kann).
Welche Anregungen und Ideen habt ihr noch für uns?
Er bekommt morgens noch seine Flasche. Sollten wir dies stoppen bzw. wo sollte die Fütterung stattfinden? (Im Moment findet die Fütterung in seinem separaten Gehege statt.
Wenn wir die Ziegen füttern, sollen wir alle zusammen füttern, oder einen Rang befolgen?

Wir würden uns sehr freuen, wenn jemand Tipps und Ideen für uns hat.

Danke im Voraus!!

Adam


Ziegenzicke

Re: Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

Beitrag von Ziegenzicke »

Morgen,
lasst ihn ruhig beim Kastraten. Den Kontakt zu ihm nur auf das nötigste (Füttern ect.) beschränken! Und die Ohren zu halten wenn er jammert. :-( Irgendwann wird er sich für den andereren auch interessieren. Sehe da keine andere Möglichkeit. Haben die beiden ausreichend Rauhfutter zur Verfügung? Würde die beiden auch zusammen fressen lassen - vor allem wenn der Kastrat weiterhin recht friedlich bleibt.
Gruß Manuela
Schreibt mal nächste Woche wie´s geklappt hat!


Abra K.

Re: Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

Beitrag von Abra K. »

Grüss dich Adam

Ich halte es auch für eine gute Lösung, den Kleinen einstweilen mit dem friedlichen Kastraten zusammen zu halten und ihm so die Möglichkeit zu geben, allmählich "von Deutsch auf Ziegisch umzusatteln". Ich würde mit mindestens zwei Monaten rechnen, bis der Kleine soweit sozialisiert und ausreichend wehrhaft ist, um sich vor den Attacken der Mädels schützen und sich dann auch gegen sie durchsetzen zu können -- er ist ja wirklich noch ein Baby und benötigt vorerst noch "Welpenschutz".

Unser Bock war viereinhalb Monate alt, als er bei seinem künftigen drei-Mädel-Harem Einzug hielt, und hat noch tagelang nach seiner Mama gerufen -- genau wie euer Bock nun nach euch ruft. Das ist hart, lässt sich aber nicht vermeiden, wobei ich in eurer Situation den Kleinen nicht von heute auf morgen auf Total-Entzug setzen, sondern ihn ganz allmählich abnabeln würde. In diesem Alter hat er durchaus noch Anspruch auf Milch, füttern würde ich ihn allerdings nur in seinem Gehege und darauf achten, dass er nebst der Milch genügend Raufutter zur Verfügung hat. Meine ebenfalls mit der Flasche aufgezogene Perle hat knappe fünf Monate Milch bekommen, dann fand sie die Flasche plötzlich doof und wollte nix mehr davon wissen.

Was ist denn für die Zukunft der kleinen Herde geplant? Soll der junge Bock die Mädels decken oder soll er kastriert werden? Unser Bock durfte die Mädels decken, was meiner Ansicht nach sehr zu seiner Integration beigetragen hat. Anfangs haben ihn zwei der Mädels auch sehr heftig attackiert und er war auf den "Welpenschutz" angewiesen, aber die Attacken wurden nach der Brunst und dem Decken deutlich weniger/gemässigter und inzwischen ist der acht Monate alte "Kleine" den Mädels buchstäblich gewachsen und lässt sich nicht mehr gängeln.

Eine Integration eures Bockes in die bestehende Kleingruppe halte ich durchaus für möglich. An eurer Stelle würde ich den Tieren halt einfach genügend Zeit lassen, dann sollten auch die Rangordnungskämpfe nicht mehr so drastisch ausfallen.

Ich find's super, dass ihr den Kleinen aufgezogen habt und euch nun um ein gutes Zuhause für ihn bemüht! #daumen_hoch*

Liebe Grüsse

Abra


Adam
Beiträge: 2
Registriert: 13.12.2012, 06:36

Re: Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

Beitrag von Adam »

Hallo an alle...

...und vielen Dank für eure Meinungen, Anregungen und Infos!

Wir haben das Gefühl, dass wir mit der Eingliederung des Lamms (Diego) schon die ersten Erfolge verbuchen können. Wir hätten ihn sehr gerne weiterhin mit dem Kastraten zusammen getan, jedoch kamen uns da die Farmbesitzer in die Quere...aufgrund eines noch nicht fertiggestellten Paddocks, muss sich Diego nun seinen mit einem trächtigen Schaf teilen. Und da der Kastrat diesem Schaf gegenüber nicht so friedlich ist, musste er leider zurück.
Das brachte uns dann wieder dazu, erneut zu versuchen, ihn zu den anderen Ziegen zu bringen. Tagsüber ist er inzwischen immer mit ihnen zusammen im Paddock, nachts holen wir ihn wieder raus, da sie ihn nicht in den Unterstand lassen. Insgesamt beobachteten wir, dass die Ziegen ihn nicht mehr so stark jagen oder angreifen und es von Tag zu Tag besser klappt! Inzwischen lassen sie ihn sogar teilweise näher an die Futterstellen. Er frisst auch mitunter ganz in der Nähe der Gruppe und reagiert nicht mehr ganz so panisch auf die Ziegen. Insbesondere mit dem Kastraten klappt es weiterhin am Besten.
Besonders die Mutterziege (wir vermuten sie ist die Leitziege), hält ihn aber noch deutlich auf Abstand und jagt ihn immer mal wieder (ohne ihn anzugreifen oder Ähnliches). Manchmal hält sich Diego allerdings so weit wie möglich von allen entfernt auf, bevorzugt in Ruhephasen.
Die Ziegen sind alle "Haustiere" und sollen die Farm für Besucher attraktiver machen.
Diego soll später kastriert werden. Dies halten auch wir für eine gute Idee, da die Farmbesitzer wenig Ziegenerfahrung haben und wir andernfalls eine Überforderung mit ihm als ausgewachsenem Bock befürchten. Und schließlich wollen wir ja, dass er hier weiterhin sein Zuhause hat!
Wir sind natürlich über weitere Anregungen, Informationen etc. dankbar und werden berichten, wie es weiter geht.

Viele liebe Grüße von der anderen Seite der Welt!

Adam


Abra K.

Re: Fehlgeprägten Bock in Herde integrieren

Beitrag von Abra K. »

Grüss dich Adam

Manchmal läuft halt nicht alles so wie gewünscht und erweist sich später dann doch als ein Segen... freut mich jedenfalls, das ihr erste Erfolge verbuchen könnt!

Ich hab unsern Bock in der ersten Zeit nachts auch separiert, d.h. er hatte eine eigene Boxe im Stall, wo er vor den Attacken der herrschsüchtigen Damen geschützt war und wo er auch morgens und abends längere Zeit in Ruhe Heu fressen konnte, den Rest des Tages verbrachte er mit den Damen und hat da auch manches, aber zunehmend weniger einstecken müssen (und hat sich inzwischen zum Haremsführer gemausert). Ich würde darauf achten, dass Diego ausreichend Raufutter fressen kann -- im ersten Beitrag hast du geschrieben, dass er nicht viel frisst und selten wiederkäut. Was haben die Ziegen auf der andern Seite der Welt denn derzeit an Futter zur Verfügung?

Diego ist jetzt knapp vier Monate alt, richtig? Wenn die Damen nicht gedeckt werden sollen, würde ich mit der Kastration nicht mehr lange bzw. überhaupt nicht mehr zuwarten, da der Kleine sich ziemlich schnell als Grosser erweisen könnte... ;-)

Wie sehen australische Ziegen eigentlich aus? Ich hab nach Bildern gegoogelt, hab aber kaum was gefunden und einzig erfahren, dass es in Australien eine beachtliche Zahl verwildeter Hausziegen geben soll und vorwiegend Kaschmierziegen als Nutztiere gehalten werden. Würde mich sehr interessieren, mehr über Australien als Ziegenland zu erfahren, und wenn du vielleicht ein paar Fotos von Diego hättest... wäre mein Bilder-Hunger gestillt. *fg*

Liebe Grüsse!

Abra


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