Hörner vs. hornlos

Strahli
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Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Strahli »

Es wird hier häufig erwähnt, dass Hornlose öfters an den Ohren beissen (betr. zwar jetzt nicht explizit die Studie, sorry Sabine) und/oder eher Kopfstösse vermeiden. Beides kann ich bei meinen Ziegen nicht bestätigen. Im Gegenteil, ich habe ein Ziege MIT Horn, die ständig andere in die Ohren beisst! :evil:


grüsse von strahli
Bunnypark
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Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Bunnypark »

hallo strahli

*fg* ohrenbeissen können auch behornte ziegen ganz gut....meistens kurz hingeschnappt auf nachbars ohr um danach in ruhe weiterfressen zu können....ist noch immer keine ruhe kommen die hörner zum einsatz #freunde#

nur bei hornlosen ist diese art der disziplinierung meistens die einzige die sie auf die schnelle durchführen können.
und übung macht bekanntlich den meister (im ohrenbeissen) #engel#


Herrchen unser, der du bist am Hofe; geheiligt werde deine weide; das astwerk komme, unser Wille geschehe, wie im stall so auch auf der Weide; Uns're täglichen Kräuter gib uns heute; Und vergib uns unsere Schuld, wenn wir hopsen auf nachbars Weide; führ uns also nicht in Versuchung, sondern Erlöse uns von dem Astwerkmangel....so is'es .Bild
Ozzyoil
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Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Ozzyoil »

Moin!
Ich habe gestern abend die Studie mal überflogen, und kann die Beobachtungen weitestgehend bestätigen.
Allerdings ziehe ich teilweise andere Schlüsse und Konsequenzen aus diesen Beobachtungen.
Wir haben eine Herde von gut 100 melkenden Ziegen, wovon ungefähr 50% behornt sind. wenn sich zwei behornte Tiere streiten, dann ist die Geschichte meist nach einigen Drohgebärden (Kamm aufstellen, Hörner präsentieren) geregelt ohne das es zu zu Körperkontakt kommt. Im Höchstfall gibt es zwei oder Rammstöße frontal, dann ist die Sache streng nach Rangordnung geritzt.
wenn sich aber zwei hornlose bekriegen, läuft die Sache vollkommen anders ab. Meist erfolgen keine eindeutugen Drohgebärden sondern es wird unvermittelt drauflos geprügelt. beide umkreisen sich, beissen in Ohren und alle Körperteile die zu erreichen sind (hat schonmal jemand ne Bisswunde am Euter gesehen?), es erfolgen immer wieder Rammstöße mit den Köpfen, oft sind dann Platzwunden die Folge. Und durch das abrutschen der Köpfe entstehen auch oft Prellungen im Bug/Schulter-Bereich.
Bei diesen Kämpfen ist es selten das die beiden Kontrahentinnen allein bleiben, oft sind Allianzen zu beobachten,d.h. die Freundinnen helfen mit. Diese Prügeleien dauern erheblich länger (teilweise stundenlang) als bei behornten Tieren und richten meiner Meinung nach viel meht Schaden an. Prellungen, Stauchungen, "Kopfschmerzen" Lahmheiten vorne durch Schwellungen usw.
Diese Verhalten und diese Intensität habe ich bei den behornten noch nicht beobachtet.
Ich führe das auf eine "Sprachbehinderung" der unbehornten Ziegen zurück. Drohgebärden werden von den anderen nicht verstanden und wohl auch nicht ernst genommen, weil ja nix da ist womit man drohen und sich notfalls auch den geforderten Respekt verschaffen könnte. Also sind solche konflikte unter hornlosen immer irgendwie am schwelen und können nie wirklich bis zum Ende ausgeführt werden.
Und da Ziegen in einem streng hirarchischen Sozialverband leben, kommt durch sowas auch noch sozialer Stress dazu.
Die hornlosen sind viel unruhiger, aggressiver und reizbarer als behornte.
Hinzu kommt bei uns auch noch, dass die älteren hornlosen bzw. enthornten #heul# nicht gut zurechtkommen mit dem niedrigeren Rang gegenüber den jüngeren behornten. Eigentlich ist es halt so, dass auch das Alter und Körpermasse mit über den Rang entscheiden. Und viele von meinen älteren versuchen immer noch, dieses durchzusetzen, obwohl sie natürlich keine Chance gegen die behornten haben.
Das bringt auch noch mal Unruhe rein.
Um diese Ungleichheit zu entschärfen, haben wir einen gut strukturierten Stall, mit mehreren "Räumen": Warteraum, Auslauf, Trenngitter frei im Raum stehend, Podeste , Baumstämme... Der Futtertisch ist beidseitig und vor Kopf mit Barrenfressgitter (Nackenriegel) ausgestattet, damit die Tiere schnell wegkönnen wenn eine andere von hinten kommt und wir bieten reichlich Platz. Am Fressplatz haben wir 50 cm und Stall und Auslauf haben zusammen über 500 qm Fläche.
Zu Euter- und anderen Verletzungen hab ich folgendes beobachtet: In 99% aller Fälle sind die hornlosen Tiere davon betroffen. die behornten haben so gut wie nie eine Macke. Behornte untereinander weisen sich auch fast nie so heftig in die Schranken wie sie es bei hornlosen tun. Die werden wohl, auch wieder wegen "Sprachfehler" nicht für voll genommen, vielleicht weil die Demutsgesten ohne Hörner nicht so zum Ausdruck kommen. #ka#
Meine langfristige Konsequenz aus diesen Beobachtungen in meiner Herde: Wir züchten nur noch weiter mit behornten Tieren und haben das jetzt zum ersten Selektionsmerkmal gemacht. Wer keine Hörner hat fliegt raus... #baeh#
Ich denke, und ich hoffe Recht zu behalten, das durch eine rein behornte Herde das soziale Gefüge viel stabiler ist, und Rangordnung ist fester und muss nicht sooft neu justiert werden, weil die Tiere sich viel besser ausdrücken können und so Kämpfe vermieden bzw. verringert werden. Natürlich muß dann auch das Umfeld stimmen, wenn kein Platz zum ausweichen da ist oder zu wenig Fressplatz, dann gibt es auch bei behornten Krach.
Gruß Sven
Hab nochmal Bilder von meinem Stall angehängt. Dort sieht man auf dem zweiten Bild links den Eingang zum Warteraum, der ist immer offen, damit die Ziegen ihn nutzen können, hinter der Mauern links ist auch noch sehr viel Platz und rechts rum gehts auf die anderen Seite vom Futtertisch und in den Auslauf(Bild 1)


Bunz

Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Bunz »

Danke Sven.
lg
Bunz


Elektra
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Registriert: 22.04.2011, 10:21

Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Elektra »

sanhestar hat geschrieben:Hallo,

wer von euch hat eigentlich die Studie, die ich verlinkt habe, gelesen? Ich habe bei den Antworten so ein bisschen das Gefühl, das wir am Thema vorbei diskutieren.
Ich war nicht ganz unbeteiligt am Zusammenkommen dieser Studie und kenne sie daher recht gut.

Vor nun bald 20 Jahren hatte ich an der Uni Kassel Witzenhausen und der Vetmed Wien angeregt, das Verhalten von behornten und unbehornten Ziegen wissenschaftlich abgesichert zu untersuchen und daraus Schlüsse für Stallgestaltung und Haltungsmethoden zu ziehen, um den Ziegen durch eine Enthornung die Anpassung an vorgegebene Haltungsformen ersparen zu können. Es lagen damals in Witzenhausen zwar schon Empfehlungen zur artgerechten Ziegenhaltung vor, aber wirklich abgerundet, von Tier über Stall bis zu Wirtschaftlichkeitsaspekten, hatte dies noch niemand aufgegriffen (In der Schweiz waren allerdings bereits konkretere Untersuchungen im Laufen.)

Leider konnte ich damals keine Geldgeber für ein so umfangreiches Projekt auftreiben, sondern musste vielmehr persönliche Beschimpfungen und auch Drohungen vom Vertreter eines Ziegenzuchtverbandes hinnehmen. Pro und Kontra Enthornung wurde unter Ziegenhaltern und ihren Vertretern weiter nur auf der emotionalen oder wenn, dann nur auf der pseudofachlichen Ebene, diskutiert.

Als 2004 das neue österreichische Tierschutzgesetz erlassen wurde, wurde vor allem wegen der mittlerweile vorliegenden Ergebnisse der Schweizer Untersuchungen der Eingriff der Enthornung bei Ziegen nicht erlaubt. Dies führte zu einem starken Lobbying vor allem der Milchziegenzuchtverbände und letztendlich zu einer Novellierung der relevanten Tierhaltungsverordnung mit einer befristeten Aussetzung des Enthornungsverbotes (nur) für Milchziegen bis eine entsprechende Untersuchung abgeschlossen werden könne, die die Rechtfertigung oder Widerlegung des Enthornungsverbotes wissenschaftlich absichern sollte (Für mich war endlich der Geldgeber gefunden!). Von den Befürworten der Enthornung wurden vor allem die vorliegenden Schweizer Untersuchungsergebnisse, als in zu kleinen Gruppen durchgeführt, in Frage gestellt, um auf Wirtschaftlichkeitsaspekte und Verletzungsrisiken schließen zu können.

Während der Studie habe ich verfolgen können, wie massiv die Enthornungslobby auf die Untersuchung und selbst auch auf Bioverbände Einfluss zu nehmen versuchte. Noch im Frühjahr 2010 rechnete ich mit einem endgültigen Fall des Enthornungsverbotes und war neugierig ,wie die Federführung dieser interdisziplinären Studie rund um Waiblinger – Troxler, die ich als sehr integre Persönlichkeiten schätzte, mit diesem Druck zurecht kommen wird.

Die Studie liegt nun ja seit Ende 2010 vor, und meine Wertschätzung der Integrität der Verfasser wurde nicht enttäuscht. Lest sie! Sie wird ein Schlüsseldokument auch für andere Mitgliedstaten bei zukünftigen Diskussionen zum Tierschutz in der Ziegenhaltung darstellen.

Die Übergangsfrist in der österreichischen Tierschutzgesetzgebung ist Ende 2010 abgelaufen. Nach Vorliegen dieser Studie, rechne ich nicht, dass das Enthornungsverbot für Ziegen in Österreich wieder aufgehoben werden kann. Andererseits hoffe ich, dass diese Studie auch bei künftigen Entwicklungen des Tierschutzbewusstseins in der EU Gesetzgebung ihren Niederschlag finden wird. Für mein Empfinden sind zur Abrundung des ganzen „Hornkomplexes“ die tierschutzrechtlichen Aspekte rund um die Zucht mit genetisch hornlosen Ziegen in dieser Arbeit zu kurz gekommen. Vielleicht werden noch einmal 20 Jahre ins Land ziehen, bis man sich eine abschließende Meinung auch in der Tierschutzgesetzgebung macht, ob man den bewusst in Kauf genommen Anteil an Missbildungen der Geschlechtsausprägung bei der Zucht von hornlosen Ziegen weiter tolerieren will.


-Sabine-

Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von -Sabine- »

Elektra hat geschrieben:Vielleicht werden noch einmal 20 Jahre ins Land ziehen, bis man sich eine abschließende Meinung auch in der Tierschutzgesetzgebung macht, ob man den bewusst in Kauf genommen Anteil an Missbildungen der Geschlechtsausprägung bei der Zucht von hornlosen Ziegen weiter tolerieren will.
Hallo Elektra,

ich finde, es ist angesichts der Macht der Lobbyisten schon ein fulminanter Erfolg, das Enthornen per Gesetz verboten zu bekommen. Ob allein die Tatsache, dass ein bestimmter Prozentsatz an Missbildungen auftritt, wenn man genetisch hornlose Ziegen gezüchtet werden, ausreicht, auch das verboten zu bekommen, wage ich angesichts der vielen erlaubten Qualzuchten (man schaue nur in die Hundezucht oder zu den Legehybriden) zu bezweifeln.

Ich glaube, ich würde daher mehr auf eine Verbreitung der Studienergebnisse hoffen. Wobei: Der Mensch, der nur auf den Ertrag schielt, neigt einfach dazu, das Tier seinen Haltungsbedingungen anzupassen und nicht umgekehrt: Es kostet einfach weniger ....


Heckenrose
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Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Heckenrose »

Habe den link überflogen. Enthornen würde ich nie - entweder hat eine Ziege Hörner, dann behält sie diese, oder sie hat keine Hörner, dann ist auch recht.

Die dominanten Ziegen in meiner Herde sind immer die behornten. Das sind auch diejenigen, die versuchen, die anderen zu gängeln. Die hornlosen sind sanfter. Auch in der Beweidung mit Schafen ist das Verletzungsrisiko bei Weidekollegen ohne Hörner geringer.

Im Winter sind die hornlosen Ziegen mit den Schafen (behornte und unbehornte Schafe) zusammen, die behornten bewohnen alleine einen Stalltrakt. Die hornlosen Ziegen harmonieren mit den Schafen gut, die Hörnerziegen stellen ein zu großes Risiko - gerade bei trächtigen Schfen oder Lämmern - dar.


VG
Doris

NIVEAU ist keine Hautcreme....
-Sabine-

Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von -Sabine- »

Heckenrose hat geschrieben:Im Winter sind die hornlosen Ziegen mit den Schafen (behornte und unbehornte Schafe) zusammen, die behornten bewohnen alleine einen Stalltrakt. Die hornlosen Ziegen harmonieren mit den Schafen gut, die Hörnerziegen stellen ein zu großes Risiko - gerade bei trächtigen Schfen oder Lämmern - dar.
Guten Morgen Heckenrose :-)

Das ist bei mir anders. Ich habe auch Schafe und auschließlich behornte Ziegen zusammen und es gibt überhaupt keine Schwierigkeiten. Ich kann nicht beobachten, dass die Ziegen auf die Schafe losgehen würden oder überhaupt aggressiv(er) wären und unser bisher einziges Lamm, ein kleines Schaf, hüpft unbeeinträchtigt zwischen den Ziegen umher und kuschelt sich zum Schlafen schon auch mal an eine Ziege.


Heckenrose
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Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von Heckenrose »

Guten Morgen :-)

Interessant, so verschieden ist es.
Bei mir dienen die hornlosen als Amme und sind sehr nett zu Schaflämmern; die behornten dagegen würden - wenn eins ins Abteil käme - auf die Kleinen losgehen, wenn sie zu nahe kämen.
Auf der Weide gibt es die Probleme nicht; die Hörnertiere scheinen bei mir Probleme zu haben, wenn jemand ihre Individualdistanz unterschreitet. Sie liegen auch beim Wiederkäuen etwas auseinander; die Hornlosen suchen den Körperkontakt.

Vielleicht liegt es aber auch an der Rasse. Die unbehornten sind alles Schwarzwaldziegen und die anderen alles Tadschiken- und Burenkreuzungen.

Wenn ich so darüber nachdenke.....meine Tauern hatte auch Hörner und waren nicht so ........individualistisch.


VG
Doris

NIVEAU ist keine Hautcreme....
-Sabine-

Re: Hörner vs. hornlos

Beitrag von -Sabine- »

Heckenrose hat geschrieben: Interessant, so verschieden ist es.
Ja, das ist es auch, was mich an der Tierhaltung immer wieder fasziniert.
Bei mir dienen die hornlosen als Amme und sind sehr nett zu Schaflämmern; die behornten dagegen würden - wenn eins ins Abteil käme - auf die Kleinen losgehen, wenn sie zu nahe kämen.
Vielleicht liegt hier des Rätsels Lösung. Ich habe keine Abteile, sondern nur einen großen, E-förmigen Unterstand (ohne Mittelstrich), in dem sie sich bei Bedarf auch außer Sicht gehen können. Die Ziegen liegen darin immer eher in den sehr hellen, heißen Bereichen (er ist überwiegend aus Holz und nur 3-seitig geschlossen), während die Schafe das gemauerte und dunklere/kühlere Abteil aufsuchen (das aber auch zwei große Türöffnungen zum Holzunterstand bzw. zum Auslauf hin hat). Im Winter ist es umgekehrt: Die Schafe im fast ganz offenen Teil, während die Ziegen die Mauern bevorzugen.

Lecksteine und Futterstellen habe ich mehrfach, so dass kein Engpässe auftreten. Lediglich Wasser gibts nur an einer Stelle.
Auf der Weide gibt es die Probleme nicht; die Hörnertiere scheinen bei mir Probleme zu haben, wenn jemand ihre Individualdistanz unterschreitet. Sie liegen auch beim Wiederkäuen etwas auseinander; die Hornlosen suchen den Körperkontakt.
Da habe ich bei meinen den Eindruck, dass es eher nach Sympathie geht. Einige der Schafe und Ziegen fressen immer ganz eng nebeneinander von einer Futterstelle, während andere, aber immer gleiche Gruppierungen, woanders fressen. Und auch beim Ruhen kann ich das beobachten. Sie Tiere, die Körperkontakt halten, sind immer die gleichen und nicht immer nur Ziegen oder nur Schafe, sondern auch gemischt.
Vielleicht liegt es aber auch an der Rasse.
Ich habe Ouessants und Skudden und bei den Ziegen Zwergziegen, eine Bulgarische Langhaarziege, einen Toggenburger und einen undefinierbaren Herren mittlerer Größe. Ach ja: Ich habe sowohl bei den Schafen wie bei den Ziegen Böcke UND Mädels laufen.


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