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Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 30.06.2012, 08:03
von Judith Schmidt
Hallo zusammen,

ich war letzte Woche auf einem Therapiehof in Luxemburg, wo neben den Eseln und Pferden auch mit 4 Ziegen in der tierg. Therapie gearbeitet wird (werden soll). Nun haben die ein ehemaliges Flaschenkind aufgenommen, was immer noch sehr kümmerlich ist. Sieht mir nach einer Zwergziege aus. Und diese wird von den zwei erwachsenen großen Ziegen und selbst von einem anderen Zwergziegenkind massiv gestoßen. So massiv, dass die Leiterin des Hofes das Flaschenkind nicht mehr zu den erwachsenen Ziegen lassen will, aus Angst, sie würden sie ernstlich verletzen. Da die Kleine sich auch in keinster Weise wehrt, sondern einfach nur da steht, sich in eine Ecke drängen läßt und die "Prügel" über sich ergehen läßt.
Sie scheint halt überhaupt nicht sozialisiert zu sein und die Ziegen boxen sie nicht nur wenn es ums Futter geht, sondern einfach aus "Spaß an der Freud" - so die Aussage der Leiterin.

Was könnte man unternehmen, um so ein Würmchen nun doch noch zu integieren?

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 30.06.2012, 08:48
von sanhestar
Hallo,

wie alt ist das Ziegenkind? Kann man in Erfahrung bringen, ob es denn überhaupt mit anderen Ziegen sozialisiert wurde im Herkunftsbetrieb?

Das boxen passiert nicht "aus Spass an der Freud" sondern weil das Kleine nicht die korrekten Reaktionen auf gemässigtere Droh- und Ausdrucksgebärden zeigt, also wird nun zu den harten Maßnahmen gegriffen.

Das wird so lange gehen, bis das Kleine gelernt hat, auf die dem boxen vorangehende Körpersprache zu reagieren - kann über Monate dauern.

Ich würde die Kleine möglichst mit einem gleichaltrigen, jedoch mit Ziegenkontakt aufgewachsenen Tier zusammenstellen (muss man ggfs. noch zukaufen), damit sie erst mal auf "Augenhöhe" Ziegenverhalten lernen und üben kann und dann hoffentlich einen Freund hat, wenn es in die grössere Gruppe geht.

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 30.06.2012, 09:27
von Judith Schmidt
Danke Sabine,

die kleine hatte keinen anderen Ziegenkontakt, sondern wurde "nur" bei Menschen groß - soweit ich weiß. Dass das Boxen nicht aus "Spaß an der Freude" ist, hatte ich der Leiterin auch schon erklärt. Wie alt sie ist, weiß ich leider nicht. Ich denke, ein paar Monate (höchstens ein halbes Jahr).
Zur Zeit lebt sie getrennt von den beiden großen Ziegen (aber Sichtkontakt) und mit dem anderen kleinen Ziegenkind zusammen, welches beim Fressen die Hiebe verteilt.

Ich denke auch, dass sie lernen muss, eine Ziege zu sein. Ich weiß halt nur nicht, ob sie es lernen kann, wenn sie derart fehlgeprägt ist.

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 30.06.2012, 10:46
von Ziegengeli26
Hallo!
Es wäre vieleicht gut, wenn sie noch so in etwa Gleichaltrige
käme....
Wenigsten ein Tier dazu....
Und dann zusammen in die Gruppe intergrieren.
So hab ich es auch schon gemacht.
Und klappte prima!
man muß es versuchen oder abwarten bis sie etwas älter ist.

l.G. Angelika

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 30.06.2012, 15:24
von sanhestar
Judith Schmidt hat geschrieben: Ich denke auch, dass sie lernen muss, eine Ziege zu sein. Ich weiß halt nur nicht, ob sie es lernen kann, wenn sie derart fehlgeprägt ist.
Kann man aus der Ferne eigentlich nicht beurteilen. Ist nur wieder eine Schande, dass ein Tier ausbaden muss, was ein Mensch verbockt hat.

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 02.07.2012, 22:41
von Zitronenbaum
Hallo

Ziegen sind Gruppentiere. Wenn sie die Ziegensprache nicht schnell lernt und selbst anwendet, wird sie fehlgeprägt und vermutlich irgendwann sehr einsam sein, weil die wenigsten Menschen 24 Std am Tag über zig Jahre eine köttelnde Ziege im Haus haben wollen... Fehlgeprägte Tiere haben es nie leicht, weder in der Herde noch beim Bock oder als "Haustier", dazu kommt, dass sie ihr arttypisches Verhalten (Klettern, Rangordnung ...) nun mal am besten mit Artgenossen ausleben können und oftmals irgendwann eine imaginäre Gefahr / tatsächliche Gefahr in den fehlgeprägten Tieren gesehen wird.

Wenn nur Jungtiere alleine oder in Jungtiergruppen ohne Adultkontakt aufwachsen, werden die Tiere nicht konkret und so konsequent und schnell in die Schranken gewiesen. Bei Ziegen wie bei Pferde gibt es eine sehr konkrete Körpersprache, eingeforderter Platz/Weichen wird bei Ziegen schnell durch Stoßen eingefordert und Frechheiten in gewürfelter Herde nur von "Mama" in engem Rahmen geduldet. Der Unterschied zwischen Spiel und Übertreibung sind bei jungen Tieren wie bei Kindern oft fließend.

Wenn es sich nicht um ein Tier handelt, was sowieso in wenigen Monaten geschlachtet wird, würde ich schnellstmöglich einige Jungtiere hinzubesorgen. Eine Aufzucht in Jugendgruppen wird in Milchbetrieben von jeher betrieben und ist besser als Einzelaufzucht oder Aufzucht mit Schaf/Hund oder, was es sonst noch an Ideen gibt. Adulte Tiere, die nicht verwandt / aus fremder Herde sind stellen nach der Schilderung eher eine Gefahr für das Tier dar. In einer intakten Herde gibt es manchmal Ammen, die sich schreienden Weisen annehmen und diese "Milch räubern" lassen oder zumindest an ihrer Seite dulden und so Schutz bieten. Deshalb ist es immer schöner auch Magerlämmer oder Tiere bei nicht ausreichend laktierenden Muttern zu belassen und einfach dort zuzufüttern. Man erhält so vertrauensvolle und menschenfreundliche Lämmer, die aber in der Herde bestens klar kommen.

Schön sind hierzu gutmütige ältere hornlose Adulttiere und nicht fehlgeprägte in der Herde unterschiedlichen Alters mit normal geprägten Jungtieren, die abgesetzt wurden und kleine Tiere, die ebenfalls von Hand aufgezogen werden (Milchbetriebe).

Alternativ kann ein Gehege im Gehege errichtet werden, wo für das Jungtier erst einmal ohne Lämmerschlupf ein Gehege entsteht und es durch Beobachten sicher vor Stößen lernt. Ein Lämmerschlupf bietet später schnelle Rückzugsmöglichkeit ohne Verfolgungsmöglichkeit durch die Großen ...


LG Zitronenbaum

Re: Flaschenkind wird gemobbt

Verfasst: 03.07.2012, 08:18
von Judith Schmidt
Vielen Dank für eure Vorschläge.
Den Lämmerschlupf habe ich denen auch schon vorgeschlagen. Jetzt habe ich noch weitere Ideen, die ich denen mit auf den Weg geben kann.
#danke#