Früherziehung eines Böckchens

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Ribanna
Beiträge: 5
Registriert: 21.01.2017, 22:33

Früherziehung eines Böckchens

Beitrag von Ribanna »

Hallo,

die Zwergziegen meiner Nachbarn sind dabei, immer mehr zuckersüße Lämmer auf die Welt zu bringen. Bei einem kleinen Böckchen durfte ich dabei sein und helfen - nun ist Clyde mein Patenböckchen und wird später nicht gegessen, sondern darf als Kastrat in der Herde leben.
Die Herde besteht aus... puh... vielleicht so 20 Tieren, getrennt in eine Bockgruppe, eine Rentnertruppe und den Mädels mit Kastraten (manche Flaschenkinder, manche scheu).
Sie leben im Winter in einem Laufstall (natürlich mit Kletterpark) und sonst auf der Weide.

Ich möchte Clyde nun alles beibringen, um ihm das Leben mit dem Menschen so leicht, angenehm und abwechsungsreich wie möglich zu gestalten:
- Er sollte einigermaßen auf seinen Namen hören,
-Berührungen am ganzen Körper zulassen und ggf auch genießen,
-Klauenpflege,
- Halfter-/Leinenführigkeit und
- die zeitweise Trennung von der Herde, evtl mit seiner Schwester.

Zu diesen Themen habe ich mich die letzten 2 Tage durch das Forum gewühlt.

Clyde ist nun 3 Tage alt.

Ich habe Erfahrungen mit der Erziehung und Ausbildung von Fohlen und Pferden, auch Hengsten.
Gibt es ziegentypische Verhaltensweisen (vom Einsatz der Hörner und dem Anspringen abgesehen), die sich grundlegend von der Arbeit mit Pferden unterscheiden, insbesondere in der Körpersprache?

Mit dem Namen und den Berührungen sollte man sicher so früh wie möglich anfangen. Er kuschelt sich schon in meinen Schoß, wenn ich mich zu ihm setze und ist dort tiefenentspannt. Mama ist einverstanden. Streicheleinheiten scheint er an der Schulter und hinter den Ohren zu genießen. Ist das schon "verbotene Hörner-Zone"?

Wann fängt man mit dem Halftertrainung an und wie genau muss es sitzen? Ich gehe zB mal davon aus, dass auch am Ziegenkopf ein gewisser Abstand zum Jochbein eingehalten werden muss...

Welche Bürsten nutzt ihr? Ich dachte an eine sehr weiche Pferdekopf-Bürste für den Anfang und sonst an eine Wurzelbürste für später.

Natürlich werden mir die Besitzer zur Seite stehen, aber Infos und Tips sind ja nie verkehrt ;)

Schon mal vielen Dank für euren Rat!

Liebe Grüße
Ribanna


Judith Schmidt
Beiträge: 1031
Registriert: 16.03.2001, 00:00

Beitrag von Judith Schmidt »

Hallo Ribanna,

ich benutze eine normale Hundebürste (eine Seite weiche Borsten, die andere Seite Igelborsten). Aber weniger um die Ziegen mit dem Bürsten zu pflegen, sondern wegen des sozialen Kontakts. Denn sie lieben es mit der Bürste gekrault zu werden - bis auf eine Ziege, die beim Bürsten kitzelig ist.

Unsere Ziegen kennen alle ihre Namen und hören sehr gut darauf - fast so gut wie ein Hund. Benutze den Namen sehr konsequent und du wirst sehen, wie pfiffig der junge Mann ist und es verstehen wird.

Ihn am Kopf, um die Augen, hinter den Ohren, zwischen den Hörnern ... zu streicheln ist vollkommen OK. Das würde ich noch nicht zur verbotenen Hörner-Zone zählen.
Was du unbedingt vermeiden solltest ist, mit dem Böckchen zu spielen/kämpfen. Also wenn er sich z. B. gegen dich stemmt,dagegen zu halten. Dieses Kräftemessen wird für die Zukunft sonst eher unangenehm. Vermeide zu anfang die Hörner festzuhalten. Später, wenn sich euer Verhältnis gefestigt hat und alles klar zwischen euch ist, kannst du ihn immer noch daran gewöhnen, dass du die Hörner berühren/streicheln darfst, ohne dass er das als Spielaufforderung verstehen wird.

Halfter habe ich bei meinen Ziegen nie eingesetzt. Wenn überhaupt, benutze ich ein gewöhnliches Hundehalsband. Dieses würde ich aber nur dann anlassen, wenn die Ziegen auch unter Aufsicht sind, da sie sich damit auch strangulieren können.


Schönen Gruß aus der belgischen Eifel
Judith

Für mich ist das Leben eines Lamms nicht weniger wertvoll, als das Leben eines Menschen. (Mahatma Gandhi)

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Ribanna
Beiträge: 5
Registriert: 21.01.2017, 22:33

Beitrag von Ribanna »

Danke für eure schnellen Antworten!

Da meine als unerziehbar geltenden Katzen auch auf ihre Namen hören (und das nicht nur zur Futterzeit), bin ich frohen Mutes, dass Clyde es auch tun wird. Ich versuche es einfach :)

Das Bürsten dachte ich mir tatsächlich eher als Bindungs- denn als Fellpflege. Und als Möglichkeit, das "Überallanfassenlasen" immer weiter zu festigen.

Das Halsband ist wirklich die einfachere Variante. Er würde es dann auch nur zum Bürsten oder zum "mal in den Nachbargarten gucken gehen" bekommen. In der Herde ist das sonst natürlich zu gefährlich.
Hatte hier nur immer wieder gelesen, dass wenn die Ziege dann mal wegzieht, sie so viel Kraft hat, dass es mit einem Halsband nicht zu halten sei... Oder bezog sich das nicht auf Zwergziegen?

Heute haben wir übrigens erst gespielt (natürlich nur "Huch, was raschelt im Heu", keine Kampfspielchen), dann wurde bei Mama getrunken und der Herr hat sein wohlverdientes Nickerchen sodann zusammen mit der Schwester bei mir gehalten :D
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Haarriss
Beiträge: 2508
Registriert: 22.05.2013, 11:32

Beitrag von Haarriss »

Ich kann unsere am Halsband relativ gut halten. Denke aber, wenn ein Tier wirklich will kann es in beiden Fällen so ziehen, dass man es nicht mehr halten kann. Man sollte es halt rechtzeitig üben, damit es das Tier kennt...!


Viele Grüße
Haarriss
Oma Bummi
Beiträge: 1543
Registriert: 30.03.2012, 18:08

Beitrag von Oma Bummi »

Die Jungböcke haben wir mit Halsband gehalten.
Für die großen nehmen wir Knotenhalfter, bekommen sie damit besser gehändelt.
Sie werden aber nur geführt mit Halsband oder Halfter, auf Weide und im Stall sind sie ohne.

LG


Sage niemals nie!
Ribanna
Beiträge: 5
Registriert: 21.01.2017, 22:33

Beitrag von Ribanna »

Danke!

Ich denke, ich werde dann zu gegebener Zeit versuchen, ihn an das Halsband zu gewöhnen. Ab welchem Alter habt ihr denn damit begonnen?
Als "Beginn" dachte ich an das gleiche Verfahren wie ich auch bei einem Fohlen vorgehen würde: Halsband zeigen, drüberlegen, Kraulen, evtl füttern, Halsband weg. Dann täglich die Zeit des (dann auch geschlossenen) Halsbandes steigern.

Je mehr Zeit ich in der Herde verbringe, desto mehr Parallelen fallen mir übrigens im Verhalten von Ziegen und Pferden auf. Als Unterschied konnte ich bisher lediglich ausmachen, dass Ziegen etwas ruppiger sind: zB bei Gelegenheiten, wo Pferde vielleicht noch einmal drohen würden, drohen Ziegen (wenn überhaupt) nur einmal und boxen zu. Im "Raumanspruchsverhalten", auch dem Menschen gegenüber, verhalten sie sich sehr ähnlich.

Clyde hat gestern (4 Tage alt) das erste Mal angefangen gegen seine Spielkameraden zu boxen. Ok, er hat es mehr versucht... Köpfchen war schon unten, aber beim Springen ist er dadurch fast umgefallen :D


Annabella
Beiträge: 1746
Registriert: 19.11.2003, 10:48

Beitrag von Annabella »

Du kannst das Halsband ohne Probleme jetzt schon mal einfach dranmachen, wenn du bei den Ziegen bist. Meine Lämmer haben noch nie irgendwelche Abwehr- oder Panikreaktionen gezeigt, wie manche Fohlen oder Hundewelpen- irgendwie haben sie die Halsbänder einfach ignoriert.
Ich würde den kleinen Bock nicht an den Hörnern anfassen, auch nicht zwischen den Hörnern kraulen (also wenn die Hörner mal da sind). Ziegen benutzen Hörner ja nicht nur als "Waffe", sondern auch als Werkzeug um z.B. Rinde an Bäumen zu bearbeiten oder dünnere Äste von Gestrüpp zu knicken. Meine lieben es auch im Sommer den Rainfarn zu "fegen" wie Rehböcke. Die Hörner meiner Ziegen fasse ich nur an, wenn ich sie als Notbremse brauche z.B. wenn Blut abgenommen wird, zum Wurmkur eingeben oder ähnliches. Es gibt ja auch genug andere Körperstellen, an denen Ziegen gerne gekrault werden wollen!
Ich habe immer wieder beobachtet, dass manche Lämmer, obwohl anfangs sehr menschenbezogen, auf einmal ohne Grund beschliessen: "Mensch ist doof"- dann warte einfach ab! Der Kleine wird schon wieder angetappert kommen um zu schmusen; spätestens dann, wenn die Kumpels bei dir stehen!
Sicher können Ziegen auf ihren Namen hören! Nur wird es so sein, dass auf einmal alle Lämmer und Ziegen Clyde heissen, wenn du mit deinem Verwöhnprogramm zu deinem Böckchen kommst (womöglich noch mit Leckerchen dabei), und ganz schnell kommst du in Bedrängnis und es kann zu unnötigen Kloppereien zwischen den Ziegen kommen. Ich habe mich lieber zu den Ziegen gesetzt und abgewartet, bis einzelne Tiere zu mir kommen, die ich dann beschmusen konnte, ohne dass gleich die ganze Herde aufmerksam wird. Den Namen würde ich zum "Arbeiten" mit dem Böckchen einsetzen, wenn du ihn festhälst, die Beine wie bei einem Fohlen aufhebst, ihn bürstest.
Ich wünsche dir auf alle Fälle viel Spass mit dem Kleinen, du wirst es geniessen, Ziegentante zu sein!


Liebe Grüße,
Katja
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Ich bin wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich!
(Konrad Adenauer)
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