Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Linni
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Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Linni »

So. Ich habe drei Ziegen (Geiß Snow, Kastrat Heinrich - der Chef - und den Bock Hektor) um teures Geldvon einem Therapiebauernhof bekommen. Auf der Rechnung stand „ausgebildet und einsatzbereit“.
Nach ca 2 Wochen Eingewöhnung auf der Weide wagte ich mich an den ersten Spaziergang (waren sie mit Halsband und Leine bereits gewohnt). Auch Führungskräftetraining wurde mit ihnen gemacht, zumindest mit Hektor und Heinrich. Immer an der Leine, und immer rechts, ohne fressen am Weg, und ohne stehen bleiben. Nur wenn die Leine locker gelassen wurde, durfte gefressen werden. Wie bei Pferden, hab ich mir sagen lassen.

Nun ist es so, dass ich das anfangs gleich motoviert mit ihnen versucht habe. Ging total in die Hose, Heinrich blieb immer zwischendurch stehen und ließ sich nur mit Mühe weiter ziehen... habe ihn mit ein paar Leckerli gelockt, dann ging es, aber dennoch sehr schleppend.

Hab dann die Züchterin kontaktiert. Sie meinte, meine Einstellung sei zu lahm, ich müsse mehr Führungsqualität beweisen und forscher auftreten. Ja nicht mit Leckerli arbeiten.

Gut, das hab ich probiert. Klappte dann zwei Mal tatsächlich viel besser. Nun ja. Und dann am Tag drauf ging gar nix mehr. Heinrich verweigerte komplett, legte sich alle paar Schritte hin und zerrte an der Leine.

Was soll ich eurer Meinung nach tun? Es gab schon 2 Mal, wo es super geklappt hat, bevor er plötzlich komplett verweigerte.

Wieder total lassen, oder lieber in kleinen Schritten auf der Weide weiter üben?

Ich danke euch - und bitte seid nachsichtig in euren Kommentaren, ich bin Neuling und möchte auf jeden Fall das beste für meine Tiere. ;)


Viktualia
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Viktualia »

Ich hab keinen blassen Schimmer von Ziegen - aber ich bin Ergotherapeutin - was soll denn bitte ein "Therapiebauernhof" genau sein?
Es gibt Ausbildungen um als Therapeut mit Tieren zu arbeiten; es gibt auch Hundeausbildungen, die man in dem Sinne interpretieren könnte -
aber das, was da bei dir anklingt - dass du ein "ausgebildetes" Tier bekommen, bzw. bezahlt hast - das gibt es zumindest nicht auf eine Art, die du einklagen könntest. Oder hast du ein Rückgaberecht vereinbart?

Du kannst also versuchen, selber diese "Ausbildung" mit dem Bock zu machen und kommst eventuell ein kleines bisschen weiter, als habest du dir einen gleich alten Bock irgendwo billiger besorgt - aber das dürfte es gewesen sein.

Ich würde die Dame nochmal anrufen und fragen, was genau sie mit "zu lahm" meine und vor allem, warum sie das nicht gesagt, bzw. "getestet" hat, bevor sie das Geld von dir genommen hat.

(Normal sind so "Therapiehöfe" nicht Ausbildungsstätten für Tiere, sondern sollen Patienten über den Kontakt zur Natur heilen.
Was auf so nem Hof passiert, der nebenbei noch Ziegen "ausbildet" und verkauft, mag ich mir gar nicht ausdenken....)

Und für den Fall, dass deine Frage darauf abzielt, wie man am besten Ziegen "dressiert" - so wie alle anderen Tiere auch, nehme ich an:
indem man die Aufgaben an ihr "normales Verhaltensrepertoire" anpasst, von da aus gaaanz langsam steigert;
während dessen ein Vertrauensverhältnis aufbaut, das man auch tunlichst nicht versaut, in dem man Aufgaben stellt, die nur Unmut bei der Ziege auslösen, weil du dann den "dicken Mann" raus hängen lassen musst.
Und dann entweder das Vertrauen leidet, oder die Aufgabe nicht gelöst wird und der Bock lernt, wie er mit dir die Molli machen kann.

Wenn dir diese Züchterin also rät, nicht mit Leckerlis zu arbeiten, dann wirst du vorher das Futter rationieren müssen, denk ich mal.
Aber frag sie lieber nochmal, wie sie das gemeint hat...


Manfred
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Manfred »

Zuckerbrot und Peitsche sind die 2 grundsätzlichen Herangehensmöglichkeiten.
Es gibt Leute, die eine Art natürliche Dominanz gegenüber ihren Tieren ausstrahlen und leben und denen es entsprechend einfach fällt, als Leittier anerkannt zu werden und ihren Willen durchzusetzen.
Und es gibt Leute, denen ist das überhaupt nicht gegeben und deren Tiere lernen sehr schnell, ihre Halter zu dominieren. Gerade bei Hunden und Pferden sieht man das oft.
Und es gibt alles dazwischen...

Auch beim Zuckerbrot gibt es Leute, die können das von Haus aus, haben ein Gefühl dafür, wann sie erwünschtes Verhalten bestärken.
Und es gibt die Anderen, die dem Hund das Bellen an der Tür abgewöhnen wollen und im brav das Leckerli servieren wenn der Hund erfolgreich gebellt hat und sich dann durch das Leckerli noch dafür belohnt fühlt.

Man kann beides im einem gewissen Maß erlenen, aber das Rückfallrisiko in alte Muster bleibt bestehen.

Nach obiger Beschreibung würde ich davon ausgehen, dass der Bock von einer natürlich dominanten Züchterin stammt und bei einer lieben Knuddelhalterin gelandet ist. Und das hat er sehr schnell verstanden.

Wenn dem so ist, kannst du versuchen, dich dauerhaft zu verbiegen, oder du kannst ihn wieder los werden.
Ein Kopfhund ist nicht für jeden Hundehalter gemacht und bei Ziegen ist es auch nicht anders.
Es gibt genug liebe Ziegen, die bereitwillig folgen. Such dir so eine. Das passt besser zusammen, für beide Seiten.
So wie der Kopfhund konsequente Führung braucht und sich der unterwürfige Hund sich fürs jedes Leckerli bereitwillig zum Affen macht.


Linni
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Linni »

Viktualia hat geschrieben: 14.06.2021, 13:09 Ich hab keinen blassen Schimmer von Ziegen - aber ich bin Ergotherapeutin - was soll denn bitte ein "Therapiebauernhof" genau sein?
Es gibt Ausbildungen um als Therapeut mit Tieren zu arbeiten; es gibt auch Hundeausbildungen, die man in dem Sinne interpretieren könnte -
aber das, was da bei dir anklingt - dass du ein "ausgebildetes" Tier bekommen, bzw. bezahlt hast - das gibt es zumindest nicht auf eine Art, die du einklagen könntest. Oder hast du ein Rückgaberecht vereinbart?

- Nein - kein Rückgaberecht.
Nun ja, eben ein Bauernhof, wo sie therapeutisch mit den Tieren und Klienten arbeitet. Die Ziegen bildet sie dahingehend aus, dass sie leinenführig sind (Höhö...), Menschen gegenüber nicht aggressiv agieren und zB Rollstühle und Kinder gewöhnt sind.

Du kannst also versuchen, selber diese "Ausbildung" mit dem Bock zu machen und kommst eventuell ein kleines bisschen weiter, als habest du dir einen gleich alten Bock irgendwo billiger besorgt - aber das dürfte es gewesen sein.

- Jaaaaa... so hab ich das mittlerweile auch im Gefühl :(

(Normal sind so "Therapiehöfe" nicht Ausbildungsstätten für Tiere, sondern sollen Patienten über den Kontakt zur Natur heilen.
Was auf so nem Hof passiert, der nebenbei noch Ziegen "ausbildet" und verkauft, mag ich mir gar nicht ausdenken....)


- Sie trainiert eben mit allen Tieren, wie oben beschrieben...das ist es, was sie mir beschrieben hat.


Und für den Fall, dass deine Frage darauf abzielt, wie man am besten Ziegen "dressiert" - so wie alle anderen Tiere auch, nehme ich an:
indem man die Aufgaben an ihr "normales Verhaltensrepertoire" anpasst, von da aus gaaanz langsam steigert;
während dessen ein Vertrauensverhältnis aufbaut, das man auch tunlichst nicht versaut, in dem man Aufgaben stellt, die nur Unmut bei der Ziege auslösen, weil du dann den "dicken Mann" raus hängen lassen musst.
Und dann entweder das Vertrauen leidet, oder die Aufgabe nicht gelöst wird und der Bock lernt, wie er mit dir die Molli machen kann.

- Da hast du absolut recht! Sehr gut zusammen gefasst eigentlich ;)
Ich sehe es auch anders, als mir die Züchterin beschrieben hat. Sie beschrieb es so: Die Leine ist für die Ziegen wie eine Arbeitskleidung, dann wissen sie, was von ihnen verlangt wird, und das kann jeder Mensch mit ihnen dann tun (in dem Fall Spazierengehen). Wenn ich das nicht mit ihnen kann, dann liegt es an mir!


- Wenn dir diese Züchterin also rät, nicht mit Leckerlis zu arbeiten, dann wirst du vorher das Futter rationieren müssen, denk ich mal.
Aber frag sie lieber nochmal, wie sie das gemeint hat...

Sie meinte, ich solle ihnen ja nicht angewöhnen, nur mehr für ein Leckerli einen Schritt zu tun. Ein Chef gibt ja dem Mitarbeiter auch keine extra 100€, nur weil er am PC seine Arbeit erledigt.
Das sehe ich eben anders!! Ein Arbeiter arbeitet ja prinzipiell auch nicht wegen des Spaßes wegen, sondern weil er ein Gehalt dafür bekommt! Für eine Ziege muss es auch Sinn machen, was man von ihr möchte. Wenn man ihr nur vermittelt, „du kommst jetzt mit mir an der Leine mit, weil ich der Boss bin, egal, ob du willst oder nicht“, ist das für mich kein harmonisches Führen!


Linni
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Linni »

Manfred hat geschrieben: 14.06.2021, 21:31 Zuckerbrot und Peitsche sind die 2 grundsätzlichen Herangehensmöglichkeiten.
Es gibt Leute, die eine Art natürliche Dominanz gegenüber ihren Tieren ausstrahlen und leben und denen es entsprechend einfach fällt, als Leittier anerkannt zu werden und ihren Willen durchzusetzen.
Und es gibt Leute, denen ist das überhaupt nicht gegeben und deren Tiere lernen sehr schnell, ihre Halter zu dominieren. Gerade bei Hunden und Pferden sieht man das oft.
Und es gibt alles dazwischen...

Auch beim Zuckerbrot gibt es Leute, die können das von Haus aus, haben ein Gefühl dafür, wann sie erwünschtes Verhalten bestärken.
Und es gibt die Anderen, die dem Hund das Bellen an der Tür abgewöhnen wollen und im brav das Leckerli servieren wenn der Hund erfolgreich gebellt hat und sich dann durch das Leckerli noch dafür belohnt fühlt.

Man kann beides im einem gewissen Maß erlenen, aber das Rückfallrisiko in alte Muster bleibt bestehen.

Nach obiger Beschreibung würde ich davon ausgehen, dass der Bock von einer natürlich dominanten Züchterin stammt und bei einer lieben Knuddelhalterin gelandet ist. Und das hat er sehr schnell verstanden.

Wenn dem so ist, kannst du versuchen, dich dauerhaft zu verbiegen, oder du kannst ihn wieder los werden.
Ein Kopfhund ist nicht für jeden Hundehalter gemacht und bei Ziegen ist es auch nicht anders.
Es gibt genug liebe Ziegen, die bereitwillig folgen. Such dir so eine. Das passt besser zusammen, für beide Seiten.
So wie der Kopfhund konsequente Führung braucht und sich der unterwürfige Hund sich fürs jedes Leckerli bereitwillig zum Affen macht.
Danke dir! :)
Das würde aber deiner Meinung nach bedeuten, dass man eine Ziege/einen Hund immer dominieren muss, um mit ihr/ ihm zu arbeiten? Oder meinst du nur in diesem speziellen Fall wie Heinrich?
Ich finde schon, dass es auch andere Wege gibt, die nach Rom führen... Mein Weg ist sicherlich ein anderer als der der Züchterin. Aber das heißt ja nicht, dass er dort happy war, oder? ;)
Er war auch einer von sehr vielen Tieren. Sie kennt ihn zwar sicher gut, aber einiges, das sie mir erzählt hat, hat sich schon als unwahr heraus gestellt (zB dass ihre Böcke sich die Bärte nicht bepinkeln, die tuen das nicht. Tun sie natürlich, warum sollten ihre das auch nicht tun...? Ist normales Bockverhalten).

Positive Verstärkung liegt mir, und ich habe normalerweise auch einen guten Draht zu Tieren! Ich werde es dennoch damit versuchen. Man muss ja kein Leckerli geben, aber kleine Schritte dennoch loben.
Wenn es gaaaar nicht klappen sollte, dann muss ich mir eh etwas Anderes mit ihm überlegen. Ihn für die Spaziergänge daheim zu lassen funktioniert auch sicher nicht, er ist der Chef der Truppe - die anderen würden mir dann ja wohl nur unter großem Stress für alle folgen.


Viktualia
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Viktualia »

Wenn ich das richtig lese, hast du ein Bild von "Dominanz", das nicht zu dem des Bockes passt.

Linni, kennst du diese Hunde, die alles mögliche anstellen, damit ihr Herrchen ihnen endlich, endlich mal zeigt, wo der Hammer hängt,
weil die armen Seelchen völlig orientierungslos sind?

Man muss kein Tier "immer dominieren" - aber man sollte allen Tieren Orientierung geben können.
Immerhin haben wir das bessere Großhirn.
Der Bock sollte deine "Konsequenzen" halt als solche erkennen können. Und nicht nur du seine.

"Arbeitskleidung" = Orientierung. So´n Bock geht ja eben normalerweise nicht "arbeiten".
Aber wenn er (normalerweise) von Wiese A zu Wiese B geht, dann kann es ja schon vorkommen, dass es da anders ist und er sich entsprechend anders verhalten muss. (Wiese A - einfaches Gelände, Wiese B - Gelände mit "Hindernissen")
Und die "Wiese B" Ist die in deinem Kopf und die soll er an der Leine erkennen. Ihr "sprecht" ja nicht miteinander.

Leckerli/loben - du klingst nicht nach Dominanz - aber auch nicht nach Demut.
Versuch, ihn "auszutricksen", ihn deine "Dominanz" auf anderem Weg erkennen und so akzeptieren zu lassen.
"Positive Verstärkung" auf höherem Niveau.

(Ich könnt jetzt noch was über "paradoxe Intervention" schwurbeln, aber ich hab ja keine Ahnung von Ziegen.
Und das Wesentlich daran ist, dass du eigentlich noch genauer wissen musst, was du tust, sonst geht´s nach hinten los.
Aber mein Gedanke ist, dass du an dem Punkt ja sowieso schon bist - und es merkst.
In diesem Sinne: trau dich. Du bist ja schliesslich doch die Schlauere und sein Leben hängt tatsächlich von dir ab.
"Erzähl" ihm halt, dass deine Laune von seinem Verhalten abhängt....)


Manfred
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Manfred »

Linni hat geschrieben: 14.06.2021, 22:02 Danke dir! :)
Das würde aber deiner Meinung nach bedeuten, dass man eine Ziege/einen Hund immer dominieren muss, um mit ihr/ ihm zu arbeiten?
Im Prinzip dominierst du das Tier ja immer dann, wenn es deinem Willen folgt.
Die Übergänge sind halt fließend. Wenn deine Ziege gerne folgt und gerne spazieren geht, dominierst du ja quasi nur noch bezüglich der Zeit, zu der das stattfindet.
Wenn der Bock dagegen gar keinen Bock hat, müsstest du ihn dominieren von Anfang bis Ende, ob durch Bestechung oder Druck.

Ob es dem Bock liegt, während der Spaziergänge alleine daheim zu bleiben, müsstest du halt mal versuchen, bzw. ihn daran gewöhnen.
Wildziegen leben ja eigentlich in kleinen Herden mit weiblichen Tieren und Jungtieren, jüngere Böcke evtl. in Bockgruppen und ältere Böcke neigen zum Einzelgängertum, außer in den Deckzeit und über den Winter.
Leittier der Weiber-Gruppen ist entsprechend ein Weibchen.
Bei einer kleinen gemischten Gruppe, wo diese "natürliche" Ordnung nicht entstehen kann, mögen sich andere Rangordnungsstrukturen bilden. Aber nur weil der Altbock der Stärkste ist und die anderen nach belieben durch die Gegend schieben kann, muss er nicht zwingend das Leittier sein.


Nadua
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Nadua »

Wenn ich mir das so durchlese, scheint da einiges nicht optimal gelaufen zu sein.

Wie alt sind die Ziegen denn? Du hast nur diese drei? Und es sind Deine ersten?

Zunächst verwundert mich dann etwas, dass diese "Therapeutin" Dir so ohne Weiteres einen intakten Bock übergibt. Nicht dass die zwangsläufig schwierig oder aggressiv wären. Aber es ist doch noch mal eine etwas andere Hausnummer als ein Kastrat.

Zum zweiten finde ich die Gruppenkonstellation etwas unglücklich. Faustregel sagt, dass man einem intakten Bock mindestens 3 bis 4 Weibchen zugesellen sollte, damit er ausgelastet ist. Und damit sich seine "Aufmerksamkeit" besser verteilt. Das kann sonst in der Brunst auch für das Mädel purer Stress werden, wenn er sich ganz auf sie konzentriert. Mal davon abgesehen, dass - sorry - meiner Meinung nach auch Vermehrung und Aufzucht nicht unbedingt in Anfängerhände gehört.

Zum dritten finde ich es schlicht zu viel erwartet, einem Neuling Ziegen mitzugeben und zu denken, dass da alles klappt wie am Schnürchen. Auch wenn die Tiere eine gewisse Grundausbildung haben. Für eine gelingende Zusammenarbeiten braucht es auf BEIDEN Seiten der Leine das notwendige Wissen und ständige Übung. Sie setzt eine gute Kommunikation voraus, und dazu müssen die beiden Partner eine gemeinsame Sprache finden. Du musst erst einmal lernen, wie Du den Tieren klar und unmissverständlich zeigst, was Du von ihnen erwartest. Dazu gehören Stimmlage, Körpersprache, 'Kommandos'. Wenn Du da unbekannte oder widersprüchliche Signale gibst oder Unsicherheit zeigst, weiss das Tier nicht, was Du von ihm willst, macht dann entweder irgend etwas oder gar nichts mehr. Die Folge ist Frust und Unlust auf beiden Seiten. Nicht umsonst gibt es Reitschulen und Hundeschulen, wo man solche Dinge lernen kann. Für Ziegen bräuchte es das genau so, nur leider sind die Angebote da äußerst spärlich.

Mein Rat:
1. Hektor kastrieren lassen
2. Dir einen guten Coach suchen, der die gemeinsame Ausbildung begleitet und unterstützt.
Mögliche Anlaufstellen:
https://www.ziegenworkshop.com/workshop ... -seminare/ (Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/user/JudithSchmidt/videos)
http://www.packziegen.de/index.php/pack ... cktraining
https://www.mecker.ch/ (Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCFGMx3 ... ARakcQKBMw)


Wir haben 4 kastrierte Zwergziegenböcke, mit denen wir auch regelmäßig Spazieren gehen. Allerdings ohne den Erwartungsdruck einer solchen Disziplin: "Immer an der Leine, und immer rechts, ohne fressen am Weg, und ohne stehen bleiben. Nur wenn die Leine locker gelassen wurde, durfte gefressen werden." Was unbedingt klappen muss: dass sie auf Zuruf sofort zu uns kommen, das üben wir auch regelmäßig. Ansonsten suchen wir uns Spazierwege abseits von befahrenen Straßen, da dürfen die Ziegen dann frei mitlaufen, das Tempo ein Stück weit selbst mitbestimmen und wenn wir an Stellen vorbeikommen, wo es besonders leckere Pflanzen gibt, machen wir kurz Halt und lassen sie ein paar Blätter naschen. Gehen wir dann weiter, laufen sie ganz von selbst wieder mit... das macht schon der Herdentrieb, sofern man eine Vertrauensbasis aufgebaut hat - dann wollen sie nicht allein zurückbleiben.

Das heißt nicht, dass ich prinzipiell gegen Training und Disziplin bin. Gewisse Regeln und Grenzen muss man setzen, nicht zuletzt weil Ziegen wehrhafte Tiere sind und im schlechtesten Fall für einen selbst und für andere zur Gefahr werden können. Aber das ungezwungene und entspannte Zusammensein sollte auch nicht zu kurz kommen.


Linni
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Linni »

Manfred hat geschrieben: 16.06.2021, 08:10
Linni hat geschrieben: 14.06.2021, 22:02 Danke dir! :)
Das würde aber deiner Meinung nach bedeuten, dass man eine Ziege/einen Hund immer dominieren muss, um mit ihr/ ihm zu arbeiten?
Im Prinzip dominierst du das Tier ja immer dann, wenn es deinem Willen folgt.
Die Übergänge sind halt fließend. Wenn deine Ziege gerne folgt und gerne spazieren geht, dominierst du ja quasi nur noch bezüglich der Zeit, zu der das stattfindet.
Wenn der Bock dagegen gar keinen Bock hat, müsstest du ihn dominieren von Anfang bis Ende, ob durch Bestechung oder Druck.

Ob es dem Bock liegt, während der Spaziergänge alleine daheim zu bleiben, müsstest du halt mal versuchen, bzw. ihn daran gewöhnen.
Wildziegen leben ja eigentlich in kleinen Herden mit weiblichen Tieren und Jungtieren, jüngere Böcke evtl. in Bockgruppen und ältere Böcke neigen zum Einzelgängertum, außer in den Deckzeit und über den Winter.
Leittier der Weiber-Gruppen ist entsprechend ein Weibchen.
Bei einer kleinen gemischten Gruppe, wo diese "natürliche" Ordnung nicht entstehen kann, mögen sich andere Rangordnungsstrukturen bilden. Aber nur weil der Altbock der Stärkste ist und die anderen nach belieben durch die Gegend schieben kann, muss er nicht zwingend das Leittier sein.
Stimmt wohl. Ich hatte ehrlich gesagt noch nie Tiere, die größer als eine Katze waren. Ziemlich viel Neuland, aber ich habe die letzten Tage schon Fortschritte verbuchen können!

Ohne den Heinrich gehen die anderen beiden nicht mit. Sie haben dann definitiv Angst und laufen schnurstracks zu ihm, sobald ich sie wieder los lasse.
Nur mit Heinrich ging aber letztens auch in die Hose... nach 100m kam mir der „echte“, also unkastrierte Bock hinten nach gelaufen - er war durch den eingeschalteten Stromzaun geflüchtet, nur um bei Heinrich sein zu können 😂


Linni
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Re: Leitbock möchte gaaaaar nicht mehr spazieren gehen

Beitrag von Linni »

Nadua hat geschrieben: 16.06.2021, 09:22 Wenn ich mir das so durchlese, scheint da einiges nicht optimal gelaufen zu sein.

Wie alt sind die Ziegen denn? Du hast nur diese drei? Und es sind Deine ersten?

Zunächst verwundert mich dann etwas, dass diese "Therapeutin" Dir so ohne Weiteres einen intakten Bock übergibt. Nicht dass die zwangsläufig schwierig oder aggressiv wären. Aber es ist doch noch mal eine etwas andere Hausnummer als ein Kastrat.

Zum zweiten finde ich die Gruppenkonstellation etwas unglücklich. Faustregel sagt, dass man einem intakten Bock mindestens 3 bis 4 Weibchen zugesellen sollte, damit er ausgelastet ist. Und damit sich seine "Aufmerksamkeit" besser verteilt. Das kann sonst in der Brunst auch für das Mädel purer Stress werden, wenn er sich ganz auf sie konzentriert. Mal davon abgesehen, dass - sorry - meiner Meinung nach auch Vermehrung und Aufzucht nicht unbedingt in Anfängerhände gehört.

Zum dritten finde ich es schlicht zu viel erwartet, einem Neuling Ziegen mitzugeben und zu denken, dass da alles klappt wie am Schnürchen. Auch wenn die Tiere eine gewisse Grundausbildung haben. Für eine gelingende Zusammenarbeiten braucht es auf BEIDEN Seiten der Leine das notwendige Wissen und ständige Übung. Sie setzt eine gute Kommunikation voraus, und dazu müssen die beiden Partner eine gemeinsame Sprache finden. Du musst erst einmal lernen, wie Du den Tieren klar und unmissverständlich zeigst, was Du von ihnen erwartest. Dazu gehören Stimmlage, Körpersprache, 'Kommandos'. Wenn Du da unbekannte oder widersprüchliche Signale gibst oder Unsicherheit zeigst, weiss das Tier nicht, was Du von ihm willst, macht dann entweder irgend etwas oder gar nichts mehr. Die Folge ist Frust und Unlust auf beiden Seiten. Nicht umsonst gibt es Reitschulen und Hundeschulen, wo man solche Dinge lernen kann. Für Ziegen bräuchte es das genau so, nur leider sind die Angebote da äußerst spärlich.

Mein Rat:
1. Hektor kastrieren lassen
2. Dir einen guten Coach suchen, der die gemeinsame Ausbildung begleitet und unterstützt.
Mögliche Anlaufstellen:
https://www.ziegenworkshop.com/workshop ... -seminare/ (Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/user/JudithSchmidt/videos)
http://www.packziegen.de/index.php/pack ... cktraining
https://www.mecker.ch/ (Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCFGMx3 ... ARakcQKBMw)


Wir haben 4 kastrierte Zwergziegenböcke, mit denen wir auch regelmäßig Spazieren gehen. Allerdings ohne den Erwartungsdruck einer solchen Disziplin: "Immer an der Leine, und immer rechts, ohne fressen am Weg, und ohne stehen bleiben. Nur wenn die Leine locker gelassen wurde, durfte gefressen werden." Was unbedingt klappen muss: dass sie auf Zuruf sofort zu uns kommen, das üben wir auch regelmäßig. Ansonsten suchen wir uns Spazierwege abseits von befahrenen Straßen, da dürfen die Ziegen dann frei mitlaufen, das Tempo ein Stück weit selbst mitbestimmen und wenn wir an Stellen vorbeikommen, wo es besonders leckere Pflanzen gibt, machen wir kurz Halt und lassen sie ein paar Blätter naschen. Gehen wir dann weiter, laufen sie ganz von selbst wieder mit... das macht schon der Herdentrieb, sofern man eine Vertrauensbasis aufgebaut hat - dann wollen sie nicht allein zurückbleiben.

Das heißt nicht, dass ich prinzipiell gegen Training und Disziplin bin. Gewisse Regeln und Grenzen muss man setzen, nicht zuletzt weil Ziegen wehrhafte Tiere sind und im schlechtesten Fall für einen selbst und für andere zur Gefahr werden können. Aber das ungezwungene und entspannte Zusammensein sollte auch nicht zu kurz kommen.

Du hast absolut recht! Die Züchterin steht mir zwar schon zur Seite, aber dennoch kann sie mir ja nur aus der Entfernung Tipps geben...
Ich wollte eine Decksaison abwarten, damit die 2 Geißen zumindest einmal in ihrem Leben gedeckt wurden. Im Juli kommen noch zwei kleinere Kastraten von heuer und eine Geiß vom Vorjahr dazu!
Hektor ist zwar der Bock, aber das Leittier ist Heinrich, der Kastrat! Hektor ist absolut lieb und verschmust, sehr ruhig. Heinrich ist eben der Clown, und der, der diese Faxen macht. Und die beiden anderen orientieren sich sehr an ihm, machen nur mit, wenn er auch mit geht. Auf der Weide ist das besser, wenn sie ihn alle sehen.

Ich übe jetzt mit ihnen so weiter, dass wir Kommandos „Komm“ und „Halt“ mit Belohnung oder Loben üben. Auf der Weide geht das schon recht gut, bei Heinrich muss ich eben wirklich recht selbstbewusst und zielsicher agieren.

Mein Ziel wäre es ohnehin auch, dass ich mit ihnen ohne Leine gehe! Aber das wollen sie absolut nicht. Bedeutet, sie kommen einfach nicht mit, sondern gehen ein paar Schritte aus der Weide raus und fressen dort erstmal...
einen Lockruf übe ich aber auch mit ihnen. Das klappt innerhalb der Weide schon gut, aber draußen ist es viel verlockender, einfach gleich die Nachbarwiese abzugrasen, anstatt mitzukommen, und sie wurden bisher immer nur an der Leine raus geführt. Die kleinere Geiß läuft aber bei mir ohne Leine zuverlässig mit, auch Hektor. Nur eben Heinrich nicht, und dem folgen sie ja in erster Linie. Nur ihn an der Leine führte eben zu dem Disaster, das wir nun haben... Hektor würde immer wieder am Wegrand fressen, und dann nachtrappeln, und Heinrich sieht dann nicht ein, wieso er brav neben mir an der Leine gehen soll!

Eine Tiertrainerin hab ich schon ausfindig gemacht, die selber mit ihren Ziegen und Schafen spazieren geht. Die würde auch herkommen, wenn ich es auch weiterhin nicht ohne Hilfe schaffe!


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