Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumutbar?

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Ortrud
Beiträge: 154
Registriert: 23.05.2007, 11:09

Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumutbar?

Beitrag von Ortrud »

Hallo,

ganz zu Anfang - ich habe mich durch das Forum gelesen und weiß also, dass das, was zur Zeit bei mir los ist, alles unter keinem günstigen Stern steht, möchte aber dennoch fragen, ob das Unternehmen nur scheitern kann oder evtl. Hoffnung besteht.

Schauplatz 1, bei mir zu Hause:
Ich habe zwei TWZ-Burenmixe, weiblich, gehörnt. Eine davon ist trächtig. Die beiden Damen sind seit knapp drei Jahren bei mir, grundsätzlich immer nur zu zweit (mit Ausnahme der Zeit, als eine voriges Jahr zwei Lämmer hatte).

Schauplatz 2 (Reiterhof):
Hier lebten die ganze Zeit zwei Kastrate, ein großer Bock (13) und ein ZZ-Bock (7, gehörnt) sehr harmonisch zusammen. Jetzt ist Max (der große) gestorben. Franz, (der ZZ-Bock) litt sehr, schrie nur noch, das gab sich auch nicht. Da keine neue Ziege mehr angeschafft werden soll (die beiden Böcke waren wohl mal Geschenke gewesen) wurde von den Eigentümern versucht, Franz im örtlichen Tiergehege mit unterzubringen. Die haben ihn nicht genommen, haben selbst Überschuss.
Dann ging alles von selbst. Wir wurden gefragt ob wir ihn nicht bitte nehmen könnten, wir hätten doch Ziegen. Wir kennen und lieben den Kleinen nun schon seit dem er ein Lamm war. Er ist ganz freundlich usw. und wir haben natürlich gesagt, o.k., wir nehmen ihn, sozusagen auf Probe, mal sehn ob es klappt.

Nun weiß ich um die Probleme ZZ zu Großziegen, wobei unsere beiden eher kleine Großziegen sind und ich bei der Ernährung bereit und in der Lage wäre, die unterschiedlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen (bei drei Ziegen denke ich, ist das machbar). Außerdem wird ja aus guten Gründen immer wieder davon abgeraten, eine einzelne Ziege zu einer bestehenden "Herde" zu geben. Ein zweites, Franz bekanntes Tier ist aber hier nicht verfügbar.

Franz ist jetzt erst den zweiten Tag bei uns. Die direkte Zusammenführung unter unserer Aufsicht im Garten lief so, dass wir an sich ganz glücklich waren und dachten, he, es könnte ja klappen. Doch dann kam es immer wieder vor, dass vorzugsweise die Ziege,die bisher in der Zweierbeziehung nichts zu sagen hatte, den Franz massiv boxte bzw. ist es noch so. Franz wehrt sich nicht. Es ist auch nicht ständig. Manchmal stehen sie ruhig beisammen, dann kommt mal wieder eine Attacke usw..
Meine Frage: Ist es eigentlich überhaupt möglich, dass Franz bei uns mal ein einigermaßen ruhiges Leben haben kann oder denkt Ihr, dass das nie anders werden wird? Denn dann müssten wir Franz die ganze Geschichte nicht erst antun, wenn er sowieso wieder weg muss. Wobei ich dann allerdings nicht weiß, was dann mit ihm werden soll.
Ihr könnt da sicher auch nichts genaues sagen, aber wie beurteilt Ihr die Lage? Und vor allem, wieviel kann der Kleine vertragen und was geht gar nicht (an Schikanen seitens meiner Damen)?

Viele Grüße Kerstin


sanhestar
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Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumut

Beitrag von sanhestar »

Hallo Kerstin,

es ist normal, dass bei Zusammenführungen über WOCHEN! Spannungen herrschen. Und auch, dass die bislang rangniedere Ziege nun die Gelegenheit nutzt, im Rang aufzusteigen. Dass sich der Kastrat nicht übermässig wehrt, spricht für ihn - es gibt genug Böcke/Kastraten, die mit weiblichen Ziegen ruppig umspringen (und er kann sich auch noch ändern, sobald er sich eingelebt hat).

Was da nun wirklich Schikane ist und was Du als solche empfindest, können wir von aussen nicht beurteilen. Aber Du kannst Dir ja mal Deine Anlage mit kritischen Augen anschauen und überlegen, inwieweit Du auf-/nachrüsten kannst mit Kletter- und Rückzugsmöglichkeiten, weiteren Schlafplätzen, zusätzlichen Futterstellen, Platzstrukturierung, etc. um über die äusseren Zustände die Integration etwas zu erleichtern.


Sabine M.H.
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Ulli
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Registriert: 13.03.2008, 07:18

Re: Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumut

Beitrag von Ulli »

Hallo!

Nach der kurzen Zeit würde ich es dann als Schikane bezeichnen, wenn er kaum zum Fressen kommt und massiv verfolgt wird, wenn er der Attacke ausweicht..

Beschreib doch mal genauer, wie so etwas vor sich geht und ob er eine Rückzugsmöglichkeit hat.

LG Ulli


Leben ist gefährlich und endet immer tödlich
Ortrud
Beiträge: 154
Registriert: 23.05.2007, 11:09

Re: Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumut

Beitrag von Ortrud »

Hallo,
und danke. Ich freue mich zunächst darüber dass das Projekt nicht unbedingt aussichtslos sein muss!

Vom Platzangebot her wäre es Franz durchaus möglich auszuweichen bzw. zwar in der Nähe zu bleiben aber trotzdem etwas Abstand zu den Damen zu haben. Es ist nur so, dass er trotz allem an den beiden "klemmt". Versuche ich dazwischen zu gehen oder ihn einfach ein paar Meter weiter weg zu stellen geht er sofort wieder zu den Damen zurück. Auch wenn er dann möglicherweise eben doch wieder geboxt wird.

Aber er wird nicht s t ä n d i g drangsaliert. Es kommt bloß immer wieder vor (für mich bisher"aus dem Nichts", aber das hast Du, Sabine, mir ja gerade erklärt). Er wird auch nicht verfolgt wenn er sich bei einem Angriff nahezu passiv verhält. Er bekommt "einfach so" seine (kurze) Abreibung und dann ist es erstmal wieder vorbei.

Aber auch z.B.: Meine Ziegen bekommen abends jede eine winzige (ein Joghurtbecher für beide zusammen) Portion Gerste und/oder mal ein Stück Möhre. Aber das jeden Abend und ausschließlich im Stall. Ist also "Schlafenszeit" und sehen mich die Mädels, rennen sie im Sturmschritt in den Stall. Franz gestern hinterher. Und obwohl sich Franz nicht mal den Näpfen genähert hat bekam er da eine Abreibung, die mir wirklich sehr leid tat. Das muss ich unbedingt als erstes anders organisieren. Als die dämlichen Näpfe aus dem Stall wieder raus waren wurde es wesentlich ruhiger.

Gut, ich habe keinen Vergleich und es ist durchaus möglich dass es für mich (ach, der Arme ...) wesentlich schlimmer aussieht als es ist. Auf jeden Fall werde ich ab sofort beobachten/sehen/fühlen was ich eventuell entkrampfen kann um ihm die Integration zu erleichtern.

Wie gesagt, ich bin nur froh dass ich mit etwas Verstand und Einfühlungsvermögen zum Ziel kommen kann und Ihr nicht gleich sagt dass das sowieso nichts wird.

LG Kerstin


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumut

Beitrag von sanhestar »

Hallo,

lass' z.B. mal das "Gutnacht Hupferl" weg oder organisiere es anders - je begehrter die Resource, umso härter wird die verteidigt.


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
Ortrud
Beiträge: 154
Registriert: 23.05.2007, 11:09

Re: Zusammenführung - ab wann ist es für "den Neuen" unzumut

Beitrag von Ortrud »

Hallo,
lese die Zeilen jetzt erst. Habe aber heute abend (... Ziegen rennen in den Stall, Franz hinterher...) einfach mal die Näpfe draußen vor dem Stall, auf die Veranda (meine Ziegen bewohnen ein Ferienhaus :-) ) gestellt. Meine Ziegen hat's nicht interessiert, sie haben halt draußen gefressen und Franz stand im Stall. Er soll ja auch kein Kraftfutter bekommen, von daher macht das nichts. Danach meine Ziegen rein und, ich will nicht sagen Ruhe war, aber das entschlossene Vorgehen gegen den Kleinen blieb aus. Er wurde in seine Ecke gewiesen und gut. An Heu kommt er immer ran. Ich glaube wir schaffen es.
Danke nochmals, Kerstin


Ortrud
Beiträge: 154
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Re: Zusammenführung - ab wann ... Erfolg

Beitrag von Ortrud »

Hallo,
wenn sich jemand über meine Probleme Gedanken macht und mir versucht zu helfen hab ich gedacht dass ich auch mal erzählen kann was draus geworden ist.
Nach reichlich 14 Tagen wo Franz nun bei uns ist hat sich die Situation so entwickelt, dass ich der Überzeugung bin, dass er bei uns bleiben kann. Das war noch vor einer Woche nicht unbedingt klar.
Franz ist nach wie vor der Rangniedrigste, hat sich aber in diese Situation rein gefunden, wird auch nur noch "normal" zurechtgewiesen und kommt damit zurecht. Während er anfangs in regelrechter Panik weglief geht er jetzt nur noch leise und beleidigt meckernd (das ist wirklich so, dieser Tonfall ist einmalig :-) ) zur Seite und gut.
Zusätzliche Futterstellen und so ein paar kleine Sachen die ich (immer wieder, bis es passte) geändert hatte zeigen Wirkung.

Und der Punkt, den ich gar nicht angesprochen hatte weil mir klar war, dass das sicher normal ist, nämlich die Ganztagesschreierei scheint jetzt -bloß gut/Nachbarn- ebenfalls Geschichte zu sein. Ich kenne Franz ja schon 6 Jahre vom Reiterhof und kann mich eigentlich gar nicht erinnern ihn jemals gehört zu haben. Von daher habe ich ringsum bei den Nachbarn um gutes Wetter gebettelt und um Geduld gebeten. Wobei es wirklich schon manchmal hart an der Grenze war mit der Dauerbeschallung. Er ist auch jetzt noch lauter als meine Damen aber im erträglichen Rahmen. Wobei man meine Mädels eigentlich nie hört, von daher ist es nicht schwer, lauter als sie zu sein.

Wie auch immer, es ist noch nicht alles perfekt aber es sieht ganz so aus als ob wir den Kerle behalten können. 'Das freut mich wirklich.

Danke nochmal und viele Grüße Kerstin


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