Ohrmarken und Tierschutz

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MartinS
Beiträge: 16
Registriert: 17.06.2008, 22:32

Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von MartinS »

Hallo,
wie bereits in einigen Beiträgen hier zu lesen ist, gibt es auf vielen Betrieben Probleme mit der Verträglichkeit von Ohrmarken bei Ziegen. In meinem Betrieb mit ca. 30 Milchziegen komme ich über die Jahre auf Unverträglichkeitsreaktionen, wie Eiterung, Wundwasserbildung, Schwellung und Wucherung von Gewebe, im Bereich zwischen 30 und 40 % der Ziegen. Das entspricht so in etwa auch dem Anteil, der in den wenigen wissenschaftlichen Untersuchungen, die es gibt, im Durchschnitt so genannt wird.
Neben den Ziegen halte ich auch Rinder und habe bei letzteren noch nie ein Problem mit den Marken gehabt.

Seit mehr als 6 Jahren schreibe ich deshalb an das Veterinäramt, das Landwirtschaftsministerium, einige Politiker und den Landeskontrollverband (Ausgabestelle der Marken).
Insbesondere die eigentlich zuständige Veterinärverwaltung schickt mir zwar Antwortschreiben, in denen jedoch keine Antworten auf meine Fragen enthalten sind. Anfangs hat man noch versucht, die Problematik auf den Einzelfall zu reduzieren. Seit der Veröffentlichung der Zwischenergebnisse der Ohrmarkenstudie "Elektronische Kennzeichnung bei Schafen und Ziegen" der LfL in München-Grub im Herbst 2009, bei der wohl ungewollt die Ohrmarkenproblematik ans Licht kam, wird nun nicht mehr mit der "Einzelfalltheorie" argumentiert. Als Ergebnis dieser Studie wurde ein Ohrmarkentyp, der bei 58 % der Ohren Entzündungen hervorrief, sofort vom Markt genommen und die Schlaufenohrmarke, die seither nur für Zwergziegen zugelassen war, für alle Ziegen freigegeben.
Die Schlaufenohrmarke hatte bei der Untersuchung am besten abgeschnitten. In meinem Betrieb habe ich durch die Verwendung der Schlaufenohrmarke keine wesentliche Verbesserung erreichen können.

Interessant ist, dass in den wissenschaftlichen Untersuchungen das Wort Tierschutz so gut wie nicht vorkommt. In einigen Studien wird es als Erfolg gewertet, wenn 95 % der Tiere nach 4 Monaten abgeheilte Ohrwunden haben. Das bedeutet andersherum, dass sich mindestens 5 % der Tiere mehr als 4 Monate mit offenen Wunden herumquälen müssen. Eines ist sicher: solange warte ich nicht, bis mein Tierarzt die Entfernung der Marken aus Gründen des Tierschutzes anordnet.
In der EU-Verordnung (EG) Nr. 21/2004 steht, dass die Ohrmarke so konzipíert sein muss, dass sie am Ohr befestigt bleibt, ohne dass es darunter leidet. Niemand will mir die Antwort geben, was zu tun ist, wenn eine ZIege unter der Marke leidet.

Am 20. November kommt es auf meinem Betrieb zu einem Treffen mit Vertretern des LKV, des Tiergesundheitsdienstes und einem Vertreter eines Ohrmarkenherstellers.
Deshalb wäre es sicher sinnvoll, diesen Personen von weiteren Problemen auf anderen Betrieben berichten zu können. Wer also seine Erfahrungen einbringen möchte, kann mir gerne einen Bericht zusenden. Am besten mit Bildern.

Generell hat es sich bewährt, bei auftretenden Problemen aussagekräftige Bilder zu machen und vom Tierarzt ein Attest erstellen zu lassen.
Auf meiner Homepage habe ich die gesamte Problematik eingehend beschrieben.
http://www.ziegenhof-engelsberg.de/html/ohrmarke.html

Eine Änderung der momentanen Kennzeichnungsvorschriften können wir nur erreichen, wenn wir viele sind.
Und sei es erstmal auch nur die Zulassung von Fesselbändern des neueren Typs (z.B. in Baden-Württemberg gerade aktuell), um wenigstens eine Marke zu ersetzen.

Viele Grüße
Martin

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Abra K.

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Abra K. »

#daumen_hoch* #daumen_hoch* #daumen_hoch*

Super! Würde ich sofort unterstützen, wenn ich könnte.

Passage vom Admin entfernt

Nochmals: Tolles Engagement und ich wünsche viel Erfolg!

Liebe Grüsse

Abra


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von sanhestar »

Hallo Martin,

ich finde Deine Aktion sehr lobenswert, erlaube mir aber mal eine kritische Frage.

Wenn Dir andere Ziegenhalter Erfahrungsberichte zukommen lassen, wie willst Du den Datenschutz gewährleisten?

Halter, die die Ohrmarken entfernen oder garnicht mehr einziehen, verstossen ja gegen geltendes Recht und mit Adressdaten, etc. wären diese dann sehr leicht ausfindig zu machen für Kontrollen durch das jeweils zuständige Vet.Amt.


Sabine M.H.
http://www.working-goats.de Pack- und Fahrziegen
ElliBesch
Beiträge: 3694
Registriert: 17.03.2008, 10:35

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von ElliBesch »

Traumhaft wäre ja, wenn sich Ziegenhalter ALLE ZUSAMMEN diesem Projekt anschließen würden. So nach dem Motto: Wir sind das Volk!
Und nächstes Jahr sind Bundestagswahlen...

Martin, ich finde es sehr begrüßenswert, was Du tust. Wundere Dich dennoch nicht über (zumindest öffentliche) Ignorierung Deines Beitrages hier im Forum, denn die meisten Menschen haben nun mal Angst, anzuecken, in Gesetzeskonflikte zu kommen( das verstehe ich auch) und last but not least lesen hier auch Rechtsanwälte mit, die nur darauf warten, dem Forenbetreiber wegen verbrecherischer Machenschaften empfindliche Strafen angedeihen zu lassen.

Das Wort Tierschutz wird in diesem, unserem Lande noch ziemlich klein geschrieben. Es geht ja auch um
(Aus-) Nutztiere.

Viel Erfolg!

Elli&Co #daumen_hoch*


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Not being vegan is a mistake. ^^
Cirkle-B-Ranch

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Cirkle-B-Ranch »

hallo,

eine unserer wallis hatte das gleiche problem -
anruf beim vet amt und wir durften die marke entfernen.
lt. aussage vet amt müssen wir die marke aufheben,
es würde aber eine marke zur zweifelsfreien identifizierung des tieres ausreichen.
stellungnahme eines tierarztes sollte vorliegen.

das entfernen, oder nicht ohrmarken einziehen, mag für hobbyzüchter/halter
nicht das problem sein - für landwirte stehen die prämien auf dem spiel
und da geht es dann gleich mal um ein paar tausend euro.

vielleicht bekommen die in brüssel es ja mal gebacken, chips zuzulassen -
bei hunden und pferden geht es ja auch, oder habt ihr schon mal ein pferd mit ohrmarken gesehen ???

gruß CBR


Biber
Beiträge: 445
Registriert: 21.11.2008, 07:36

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Biber »

In wieviele Streifen muss ein Ziegenohr geschlitzt sein, damit von einer Nachkennzeichnung abgesehen werden kann?
*fg*
respekt vor deinem hartnäckigen engagement !! sehr beeindruckend !
gruss
biber


Cirkle-B-Ranch

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Cirkle-B-Ranch »

lt auskunft vet amt, mußt du - wenn nur noch eine heile stelle vorhanden ist,
dort eine marke einziehen - sauerei, aber nicht zu ändern .... #wb#


CBR


Ziegenzicke

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Ziegenzicke »

Also mit den Ohrmarken ist wirklich nicht schön und eine tät ja nun wirklich reichen. Krustig blutige Wucherung wie auf dem Bild unten hatte ich auch das eine Jahr. Hab ich mit meinem Allheilmittel Jodsalbe behandelt. Durch den Fettfilm gehen auch keine Fliegen mehr dran. Urschache für solche "Wucherungen" sind irgendwelche Erreger. Desinfiziere jetzt grundsätzlich nicht nur mit Rivanol o. Blauspray sondern reibe voher die Stellen mit der Jodsalbe dick ein. Auch die Zange muß gesäubert und desinfiziert werden!!!
Von den Chips würde ich auch abraten. Da ich als Pferdebesitzer die Diskussion Brand o. Chip schon lange beobachte, weiß ich um die Problematik, das sich diese #wb# oft entzünden und entfernt werden mussten.
Bei Hunden scheint das nicht so oft vorzukommen. Aber bei Pferden! Mag ja altmodisch klingen, aber bei Pferden halte ich den Brand, gerade in der Zucht schon für besser.
Desweitern kann nur mit einem Lesegerät festgestellt werden wo die Tiere hingehören.
Für´n Hobbyhalter sind diese Probleme nicht so gravierend, aber nen Züchter - #shock# - Hundert Lämmer markern und dann noch schlechte Heilung bei allen Tieren behandeln!!


Cirkle-B-Ranch

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Cirkle-B-Ranch »

ein brandzeichen - ist keine eindeutige identifizierung, wohl rasse -
oder ggf. besitzer, aber nicht das einzelne tier und darum geht es ja ...

am besten ziegen ohne ohren züchten, dann können die aus brüssel uns mal .... *fg*

gruß CBR


Zieglinde
Beiträge: 2759
Registriert: 06.03.2003, 18:21

Re: Ohrmarken und Tierschutz

Beitrag von Zieglinde »

Hallo Martin,
das zweite Bild kommt mir bekannt vor. War bei meinem Böckchen leider auch so. Und der Racker total scheu. Wie hätte ich da das Ohr behandeln sollen? Fangen spielen auf der Ziegenwiese? Ich hätte verloren. Inzwischen ist alles zugewachsen/zugewuchert. Ich war ja froh, das er überhaupt diese Drecksmarke drinnen hatte und ich mich um die Stecherei nicht kümmern mußte.Wie kann man in diese kleinen Ohren nur so große Marken stechen??? Schade, Fotos habe ich keine gemacht. Aber wenn ich an Leo ran war, hatte ich nur zugesehen, ihn Betaisodona und später Propolisan aufs Ohr zu machen und nicht zu knipsen....
Weiter so, Martin!

LG
Silke

Wir könnten die Ohrmarkennummer auch in Neonfarben auf die Hörner tätowieren lassen.... Problematisch wird es mit den hornlosen Ziegen


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