Blasensteine, Harngrieß, Harnsteine - wie verhindern?

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Moritz

Blasensteine, Harngrieß, Harnsteine - wie verhindern?

Beitrag von Moritz »

Im Thread "Diagnostische Glanzleistung - 10 l Urin im Bauchraum"
wurde von Mimoka (Andrea), Irene und Fridolin die Frage aufgeworfen, wie man die Bildung solcher Steine und die oft tödlichen Folgen verhindern könne.
Immer wieder wird behauptet, besonders kastrierte Böcke seien gefährdet, insbesondere Zwergböcke.
Als häufige Erklärung dient: genetische Ursache (=Vererbung), daneben
hormonelle Umstellung durch (angeblich oft zu frühe) Kastration, Phytohormone (also ungünstige Hormonaufnahme aus bestimmten Pflanzen).
Die genetische "Erklärung" können wir allein schon deshalb verwerfen, weil niemand bei einem an Harnsteinen verendeten Tier die genetische Dispositon der Vorfahren des Tiers untersuchen kann oder untersucht hat(reiner herbeigeredeter Mythos also, zumal Untersuchung wirtschaftlich völlig uninteressant).
Die hormonelle Erklärung mag insofern zutreffen, als es Phytohormone gibt und die Kastration durch die hormonelle Umstellung nachweislich einen Einfluß auf das Wachstum der Bulbourethraldrüse (Bulbo-Urethral-Drüse) hat, einer kleinen Drüse bei männlichen (wohl nicht beim Hund) Säugetieren; dies Drüse (Sitz in der Nähe der Prostata) - einmal vergrößert - verengt den Harnleiter und verhindert den Abgang von Harngrieß und -steinen. Durch die gewundene Form (Sigmabogen) des Harnleiters beim Ziegenbock wird dies zum besonderen Problem, ja zum Verhängnis.

Es gilt also, die Steinbildung zu verhindern

Normaler pH-Wert von gesundem Urin liegt bei 6,6 bis 6,7.

Andrea nannte als Wert des Trinkwassers in ihrer Gegend laut Wasserwerk pH 7,9 - in meiner Gegend liegt der Wert bei 5,5.
In unserer Gegend ist der Wert zu sauer, bei Andrea zu basisch (alkalisch).

Nun wird die Produktion von Steinen nicht etwa allein durch den pH-Wert des Wassers bestimmt.
Von daher ist es auch nahezu sinnlos, wenn man einem Eimer Trinkwasser
mit einem pH-Wert von 7,9 einen Schuß Apfelessig (pH-Wert 3,5 z.B.) hinzufügt .
Das A und O dürfte die Fütterung sein.
Es ist nach meiner Meinung davon auszugehen, daß dadurch, daß insbesondere kastrierte Böcke als "Kuscheltiere" gehalten werden, diese auch besonders von der Familie, Besuchern, Kindern, gar Fremden
fehlgefüttert werden, statt mit banalem Grundfutter immer wieder mit Leckerli versorgt werden, es zu der genau nicht gewünschten Erkrankung mit oft tödlichem Ausgang kommt. Auch viele Gelenkprobleme dürften darauf zurückzuführen sein.
Die Zuneigung zum Tier, die sich so äußert, erweist sich ungewollt als
schädigend bis tödlich.

Harnsteine bilden sich bei zu saurem Harnstatus, aber auch bei zu hohem (alkalischen) pH-Wert.

Es kommt darauf an, kein Kraftfutter zu füttern, Müsli und Ähnliches, kein Obst, Möhren und jegliche Fettleibigkeit zu vermeiden.
Das fällt natürlich Leuten, die ihre Tiere lieben, zunächst schwer, zumal sie sehen, wie gerne die nichts ahnenden Lieblinge zuschlagen.
Säuerung des Harns durch Kraftfutter und viele andere spezielle biochemische Vorgänge führen zum Bilden von Kristallen und letzlich Steinchen, die zur Blockade der Harnwege ausreichen. Dabei gibt es Oxalat- oder Struvitsteine, das kann man jedoch erst nach der Entnahme aus dem toten Tier bestimmen, weil sie praktisch per Sonde nicht zu holen sind.
Nochmals Quintessenz: so natürlich wie möglich füttern.

Nach meinen Beobachtungen reicht es völlig aus, Lecksteine höchstens in den Wochen des Fellwechsels (Frühjahr u. Herbst) für kurze Zeit zu bieten, wenn sonst ausreichendes Futter (Heu, Gras, Kräuter, Zweige) vorhanden ist.
Kein Zusatzfutter für Klauen, Haut, Fell, keine Bierhefe (Phosphor-Anteil viel zu hoch), kein Mineralfutter (Granulat, Pulver), um den Kleinen etwas "Gutes" zu tun. Eine Überversorgung dieser Art ist die Garantie für Steinbildung. Wie beim Menschen: eine Ernährung am Rande des Mangels garantiert (statistisch) langes Leben. Es ist kein Mangel.

Gruß Moritz


Irene
Beiträge: 727
Registriert: 03.05.2003, 18:01

Beitrag von Irene »

Hy Moritz !
Mit großen Teilen Deines Artikels stimme ich überein,...
nur ich will Salzleckstein,Mineralleckstein und Futterkalk im Stall nicht verteufeln,....
auch Gemüse wie Äpfel und Karotten halte ich nicht für Steinbildend....
die Kraftfuttergaben:Brot,Getreide (Leckerlie) usw ..sind ungut


aus dem Fettnapf :-)
LG Irene


Wenn alles schief geht, kanns nur mehr besser werden!
Straniero
Beiträge: 151
Registriert: 13.07.2013, 17:00

Beitrag von Straniero »

Hallo Irene,
auch Gemüse wie Äpfel und Karotten halte ich nicht für Steinbildend
bei meinem ZZ Bock waren die Karotten und der Klee auf der Weide die Ursache für seine 3 OP´s., die Steine wurden untersucht.
Seit ich ausser Heu, Gras, Äste, Lecksteine und Wasser ihm nichts anderes mehr anbiete, ist nun ruhe und er fühlt sich sehr gut. :D

lg

Lea


Moritz

Beitrag von Moritz »

Kurze Bemerkung, auch auf die Gefahr hin, damit wieder die Trolljäger-Gebirgsbrigade aus dem Busch zu locken:

Zahnstein bei Hunden und Katzen sind eine reine Wohlstandserkrankung = moderne Fütterung.
Wir füttern heute Tiere, Schlachttiere zur Fleischgewinnung und Hobby-Tiere mit Nahrungsmitteln, die viel effektiver zur Ernährung von Menschen genutzt werden könnten. Der weltweite Hunger ist auch zu erklären durch die ineffektive, weil nicht artgerechte Fleischproduktion in den Industrieländern.
Daneben gibt es die Futtermittelindustrie, die suggestiv immer neue Produkte in den Markt drückt.
Früher gab es keine Minerallecksteine.
Bei meinem Nachbarn liegt fast jeden 2. Tag eine tote Kuh am Straßenrand.
Harnsteine können sich nahezu 100%ig verhindern lassen - wie oben beschrieben.
Milli hatte ein Riesenglück, einen kompetenten Arzt für ihr Tier zu haben, selbst da hätte die OP schiefgehen können. Tier hat gelitten, Geldbeutel auch. Industrie lebt. Wir wünschen Milli und Bock eine gute Zukunft, wie ich ihr schon vor Monaten, froh über den guten Ausgang, sagte.

Für viele andere gilt - insbesondere für die Vertreter von "Learning by doing" - letzlich ein abgewandelter Filmtitel: "Leichen pflastern ihren Weg".
Gruß Moritz


Amelie
Beiträge: 1991
Registriert: 14.03.2007, 08:02

Beitrag von Amelie »

Moritz,
Du hast geschrieben:
Bei meinem Nachbarn liegt fast jeden 2. Tag eine tote Kuh am Straßenrand.
Was bitte macht er denn mit seinen Tieren?Wir halten auch eine größere Menge Rinder,so etwas gibt es hier aber nicht.
Früher gab es keine Minerallecksteine.
Früher,wie auch heute wurden/werden auf vielen Betrieben auch nicht bei jeder "Kleinigkeit" der Ta geholt.Viele Tiere verenden wegen unterlassener Hilfeleistung und niemand redet drüber.Auf dem Land wird eh vieles totgeschwiegen.


Liebe Grüße

Christine


Der Optimist sieht die Rose,der Pessimist nur die Dornen.
Moritz

Beitrag von Moritz »

@ Amelie: Wir nehmen an, daß der Nachbar viele Toxine im Futter (Silage u. das, was er Heu nennt) hat, TA wird nicht geholt, das Tier mit Stiefeln getreten, es kommt nicht hoch, am nächsten Tag tot. Wenige Tage später der nächste Fall (leg mich nicht auf 48Stden-Rhythmus fest).

Da meine Frau und ich Axels Beitrag nicht verstehen u. keine Schablone zur Interpretation der hüpfenden gelben Knöpfe haben:
Fleischfresser (Mensch, Hund, Katze) als Zivilisationsopfer und -profiteure haben bekanntlich Zahnstein. Zwar habe ich schon mal einen überfahrenen, toten Dachs mit einer mächtigen Karies gefunden (die Erreger kommen frei in der Natur vor), er hatte aber keinen Zahnstein, von Füchsen und Igeln kenne ich das auch nicht.
Zahnsteinbildung geht auf die Ernährung oder (selten) einen ungünstigen Mineralgehalt im Speichel zurück. Zahnstein führt zu Entzündungen des Zahnfleischs, dann zur Zersetzung des Kieferknochens: am Ende lockern sich die Zähne und fallen aus.
Deshalb Vollnarkose und Entfernung des Zahnsteins rechtzeitig bei Hund u. Katze. Vollnarkose beim Border-C. unangenehm, weil leichte epileptische Anfälle in der Narkose die Regel sind. Anschließend Antibiotikum. Alles recht teuer.
Laut älteren Tierärzten, die offene Augen hatten, gab es früher viel weniger Z'stein. Ich will nicht sagen, die Ernährung der Tiere war besser.
Es gab mehr Knochen.
Heute beugen wir so vor: nach der erfolgreichen Zahnsteinentfernung bekommt der Hund ca alle 10 bis 30 Tage einen großen, kugeligen Oberschenkelknochenkopf (Rind, 10 Min. gekocht) zum Benagen. Dadurch reinigt er binnen 30 Minuten selbst die Zähne; es kann zu leichten Zahnfleischblutungen kommen, aber nicht mehr zu Dauerentzündungen. Zahnausfall ausgeschlossen. Dieser spezielle Knochen wird gewählt, weil er nur benagt, nicht vernichtet werden kann.
Ist die Speichelzusammensetzung - wie oben erwähnt - ungünstig, kann man Zahnsteinbildung durch diese Knochengabe verlangsamen, nicht endgültig verhindern. Das bedeutet, manche Hunde müssen alle paar Jahre, manche nach 1,5 Jahren wieder in die Vollnarkose, wenn ihnen nicht auf längere Sicht die Kiefer wegfaulen sollen - wie beim Menschen.
Da Katzen nicht "auf Befehl" Knochen benagen, hilft hier im gegebenen Fall nur die Vollnarkose.
Über die Wirkung von Popcorn oder Poppkorn weiß ich nichts.
Lieben Gruß Moritz


Fridolin
Beiträge: 1662
Registriert: 26.02.2006, 22:26

Beitrag von Fridolin »

Servus Moritz

Werde meine Bierhefegaben an die Böcke etwas einschränken. Danke jedenfalls für Deine Bemühungen.

Jetzt aber noch eine Frage zum Nebenthema? Ich habe immer gedacht, in Frankreich sei Silage verpönt?


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