Kastration nach Deckung ja nein?

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DasBastet
Beiträge: 1379
Registriert: 27.09.2006, 10:49

Kastration nach Deckung ja nein?

Beitrag von DasBastet »

Hallo, wir haben unsere allerersten Zicklein heuer und wir wollten eines von den beiden Böcken behalten, und kastrieren.
Nun habe ich mit einem Forenmitglied ausgetauscht und jener brachte eine durchaus logische Erklärung.
Meine Idee, ich lasse den Bock decken und dann kastrieren. Jedoch kam dann die These, dass der Bock, dann schon alle Unarten in sich hat und eine Kastration in diesem Falle vollkommen umsonst wäre.
Bei Hunden ist es auch so, dass sie nach einem Deckakt, jeder läufigen Hündin weiterhin hinterher laufen. Daher leuchtet mir dieser Einwand durchaus ein.
Ist dies vergleichbar bei Ziegen?
Hat da jemand Erfahrung, oder sollte man das eine Böckchen, demnächst kastrieren und den anderen Bock zum Decken verwenden. Allerdings müsste man dann Mutter und Schwester getrennt setzen, wegen Inzucht, dass ist mir klar.

Danke euch schon mal für die Antworten.
Tine


Erstens kommt es
zweitens anders
drittens als man denkt.
Hitzewelle
Beiträge: 744
Registriert: 11.04.2005, 09:59

Beitrag von Hitzewelle »

Da die Ziegen eher Pferden als Hunden ähneln, würd ich mal sagen, kannst du ihn ruhig decken lassen, vor dem Kastrieren. Man sollte ja sowieso möglichst lange damit warten, wegen der Harnsteinproblematik.

Auch ein Hengst, der erst spät kastriert wird, verliert mit der Zeit seine Hengstmarnieren.

Allerdings muss immer eine ordendliche, konsequente Aufzucht vorausgesetzt werden (ob Pferd oder Ziege). Aus einem aggressiven Tier wird durchs Kastrieren kein Lammfrommes.

Also: Keine "Stoßspiele", möglichst nicht zu viele Leckerchen, etwas Konsequenz und dann klappt das schon. Wenn ihr jetzt alle zwei behalten wollt bzw. könnt ist das umso besser, jedenfalls bis sie aus dem Flegelalter raus sind. Mir ging es schon mal mit nem Schafböckchen so, das keinen gleichgeschlechtlichen Artgenossen hatte, dass es den Menschen gegenüber aggressiv wurde --> es wollte ja anfangs nur spielen. Bei zweien können sie sich miteinander beschäftigen und der Mensch beibt "außen vor". Ach ja, wer soll eigentlich gedeckt werden? Die Cleo?

Noch ein Insider: Und wieder ein Beitrag mehr, aber ich komm einfach nicht ran... im Moment... Antwort auf PN kommt morgen!


Viele Grüße
Christine
sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Beitrag von sanhestar »

Hallo Tine,

Geschlechtsverhalten wird zu einen Großteil von Instinkt (über's Gehirn) gesteuert und nicht rein hormonell. Existieren also die korrekten Auslöser, wird das Verhalten auch abgerufen, wenn die Hormone nicht mehr existieren, nur nicht mehr so vehement wie bei normalem Hormonstatus.

Es ist also egal, ob Du den Bock vor der Kastration decken lässt oder nicht. Läuft er kastriert mit den Ziegen zusammen, wird er auf deren Brunstverhalten in abgeschwächter Form weiterhin reagieren.

Und dass Hunde nach dem Deckakt trotz Kastration hinter jeder läufigen Hündin her sind, stimmt so auch nicht - das ist genauso eine Frage der Erziehung und der Genetik wie jegliches anderes Verhalten (sehr gut erläutert in "Was geht in meinem Hund vor" von Bruce Fogle):

mein Rüde ist unkastriert, hat schon mehrfach gedeckt und kümmert sich einen feuchten Kericht um läufige Hündinnen in der Nachbarschaft;

ein Notrüde, den wir 10jährig übernahmen, der 1jährig kastriert wurde und keinen sexuellen Kontakt mit anderen Hündinnen hatte, reagierte 11jährig auf die Läufigkeit meiner Hündinnen;

mein knochenalter Wallach, der gut und gerne 15 Jahre seines Lebens nur mit Wallachen zusammenstand, hatte im stolzen Alter von 28 eine "Freundin", als er in eine gemischte Herde kam (inkl. bespringen);

ein anderer Wallach kümmerte sich nie um die Rosse der Stuten, verteidigte aber die Fohlen der Herde und "adoptierte" jedes Jahr ein Hengstfohlen;

unter meinen kastrierten Böcken sind welche, die die Ziegen aktiv umwerben und andere, denen das gleichgültig ist, usw. usf.

Das Problem mit Fehlverhalten liegt zum einen in inkonsequenter Aufzucht (wie schon von Hitzewelle beschrieben), zum anderen darin, dass ein Bock in einer Wildherde nicht schon im Alter von 6 Monaten decken dürfte - da würde er erst mal aus der Herde vertrieben werden und die nächsten 2-3 Jahre in einer reinen Bockherde laufen, bis er alt, stark und selbstbewusst genug geworden ist, um einen Leitbock herauszufordern. Das frühe Decken, das in menschlicher Obhut praktiziert wird, löst meiner Meinung nach bei nicht wenigen Böcken eine Art von "Größenwahnsinn" aus - sie kommen in ein Recht, dass ihnen altersbedingt noch nicht zusteht und manche verkraften das nicht (s. auch Hunde oder Pferde, die sich in einer Rangposition befinden, die nicht ihrem Naturell entspricht, weil entweder kein anderer Sozialpartner zur Verfügung steht oder der Mensch sich als unkompetenter Führer darstellt). Ohne die Zeit in der Bockherde fehlen ihnen viele Erfahrungen (kämpfen, unterlegen sein, mal gewinnen, sich in der Hierarchie nach oben arbeiten = die Stellung verdienen, nicht geschenkt bekommen, die sicherlich profunde Erfahrung der Vertreibung durch den Leitbock und Vater), die charakterformend sind.

Gruss


Sabine M.H.
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Dominik. Tabibkhoie
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Registriert: 22.06.2007, 20:51

Beitrag von Dominik. Tabibkhoie »

Hallo,

mein Bock ist jetzt ein Jahr alt und rammt mir nicht soo stark gegen mein knie und drückt dann eine Weile, müsste er mit einem Jahr schon aus dem "Flegelalter" draußen sein?


sanhestar
Beiträge: 8258
Registriert: 17.03.2003, 11:56

Beitrag von sanhestar »

Hallo,

nein, jetzt kommt er erst richtig in die Pubertät. Das von Dir beschriebene Verhalten soltest Du überhaupt NIEMALS zulassen, es ist eine Kampfaufforderung.

Gruss


Sabine M.H.
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Forstnerbande
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Beitrag von Forstnerbande »

Hallo

Sabine schreibt, dieses Verhalten soll man nicht zulassen. Was mache ich aber, wenn unser Bock sich den Kindern (11 und 14 Jahre) gegenüber so verhält?

Ich hab ihn schon des öfteren auf den Rücken gelegt, auch unser älterer Sohn, da hat er dann schon Respekt. Aber die Kleinen trauen sich allein fast nicht mehr zu den Ziegen. Blaue Flecken und Tränen sind leider keine Seltenheit.

Ich denke schon, dass es besonders schlimm ist, wenn eine seiner Damen in der Brunst ist. Gimli ist nun seit einem Jahr kastriert und reagiert immer noch ganz deutlich auf die Ziegendamen. Leider...

Liebe Grüße, Martina


sanhestar
Beiträge: 8258
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Beitrag von sanhestar »

Hallo Martina,

dann lass' Deine Kleinen, bis sie alt genug sind, sich durchzusetzen, nicht allein zu den Ziegen. Dein Bock erkennt noch sehr genau, mit wem er es treiben kann und mit wem nicht, vermeide Situationen, in denen er mit diesem Verhalten wieder Bestätigung erhält.

Gruss


Sabine M.H.
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DasBastet
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Beitrag von DasBastet »

Hi soweit ich euch also verstanden habe, sollte ich die beiden Böcke unter sich ausmachen lassen, wer der Ranghöchste ist?
Müsste ich die Beiden dann nicht seperat halten, da ich keinen Bock habe, diese beiden unsere Ersten sind?
Wann wäre es dann sinnvoll, einen der Beiden, zur Deckung zu zulassen?

@Hitzewelle es wäre Cleo, Heidi und Gaya. Cleo war noch nie gedeckt, und die Beiden anderen hatten schon Junge, im Frühjar letzten Jahres. Ich wollte so decken lassen, dass im Frühjahr nächstes Jahr gedeckt wird.
Die Mutter und Schwester, wollte ich aussen vor lassen, ich habe hier im Forum mal gelesen, dass es besser wäre, ein Jahr auszusetzen.

@Martina, ich schliesse mich der Meinung von Sabine an. Du wirst den Bock und deine Kinder wohl nicht unbeaufsichtigt lassen können. Hier kann ich aber jetzt wirklich nur auf Hunde zurückführen. Sie erkennen Kinder nicht als Menschen an, sondern als Rangniedrigen ihres Geschlechtes. Und werden daher immer versuchen, den Rangniedrigen, wenn er neu ins Rudel kommt, sofort in die niedrige Rangfolge zu schieben.

@alle Meint ihr dieses auf dem Rückeliegen wird kommen?

Tine


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sanhestar
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Beitrag von sanhestar »

Hallo Tine,

eine separate Bockgruppe kann sehr angenehm sein. Viele der Pöbeleien, die sich Jungböcke mit Ziegen so leisten treten garnicht erst auf. Du kannst einen oder beide zum Deckeinsatz nehmen, ich würde mir anschauen, welcher von beiden der Bessere ist bzw. mehr Deinem Zuchtziel entspricht.

Das auf den Rücken legen kann kommen, muss aber nicht. Ich habe Jungböcke laufen, die lagen noch nie auf dem Kreuz, weil sie einfach so menschenfreundlich sind, andere fragen so spätestens mit der ersten Brunst ab, ob ich denn noch immer meine, was ich sage und manche machen auch schon im Alter von ca. 3 Monaten das erste Mal Bekanntschaft mit dem Boden unter ihnen - ich entscheide das je nach Situation. Interessanterweise sind die beiden Flaschenböcke sehr lange sehr freundlich geblieben, erst nach dem Decken wurden sie etwas "aufmüpfig" beim füttern, aber immer noch im Rahmen.

Gruss


Sabine M.H.
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