Enthornung von Ziegen in Österreich - zu früh gefreut?

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Pichlbauer
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Enthornung von Ziegen in Österreich - zu früh gefreut?

Beitrag von Pichlbauer »

Aus dem nachfolgenden Text, den ich heute x-fach gemailt habe, könnt ihr entnehmen, dass die Lobbyisten der Massenbtierhaltung noch weiter kämpfen. Vielleicht können mich mit dem einem oder anderen mail an österreichische Tierschutzorganisationen, den beiden Ministerien und den Bundesfachverband und.... die unterstützen, denen das Verbot der Ziegenenthornung am Herzen liegt. Bitte eure Kontakte nutzen. Die Entscheidung fällt in den nächsten Tagen!

Nach Verabschiedung des Bundestierschutzgesetzes befindet sich die 1. Tierhaltungsverordnung in Begutachtung die aufgrund der Verordnungsermächtigung des BM für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit dem BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vermutlich demnächst erlassen werden wird.

Ich habe die eindeutige und klare Begrenzung von zulässigen Eingriffen an Nutztieren begrüßt. In der Anlage 4 dieses Verordnungsentwurfes, wird bei Ziegen als einziger Eingriff die Kastration von Böcken zugelassen – Vor allem das weit verbreitete Enthornen von Ziegen ist nicht gelistet. Dies habe ich großen Schritt der Vernunft und Achtung der Tierethologie in dieser Verordnung gesehen.

Heute habe ich auf einer Ziegenversteigerung in Salzburg erfahren, dass das Enthornungsverbot vom Bundesfachverband für Schaf- und Ziegenzucht vertreten und gut geheißen wurde, nun aber die niederösterreichische und oberösterreichische Ziegenzuchtverbände alles versuchen werden, dass die Enthornung zugelassen wird. Hintergrund ist, dass in diesen Bundesländern Großbetriebe existieren, die Ziegenhaltung als Massentierhaltung betreiben und ihre Betriebe und Stallungen nicht den Bedürfnissen der Ziegen anpassen, sondern wegen des dichten Tierbesatzes ihre Ziegen an ihre Haltungsbedingungen durch Enthornen anpassen müssen.

Dass eine wirtschaftlich vertretbare Ziegenhaltung mit einer gemischten Herde aus horntragenden und genetisch hornlosen Ziegen problemlos möglich ist, kann jederzeit z. B. am Betrieb des Kurt Holzweber (stellvertretender Obmann des oberösterreichischen Ziegenzuchtverbandes) mit 120 Milchziegen bekundet werden. Daneben können ihnen namhafte Wissenschaftler, bzw. Tierethnologen, wie Univ. Prof. Fölsch – Uni Kassel, Univ. Prof. H. Bartussek – BAL Gumpenstein, Dr. S. Wailblinger – vetmed. Uni Wien, Dr. C. Menke – Verein für Erforschung artgerechter Tierhaltung nachweisen, dass die Ziegenenthornung ein Beharren auf eingefahrene Haltungsformen bekundet und auch in modernen Stallsystemen absolut nicht notwendig ist.

Als Konsument und Tierfreund widerstrebt es mir, dass diese unnotwendige Denaturierung eines liebenswerten Nutztieres, das ich immer wieder beneide, wenn es sich genüsslich mit seinen Hörnern den Rücken kratzen kann, kein Widerspruch zum Tierschutz sein soll.


Pichlbauer
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Reaktionen

Beitrag von Pichlbauer »

[b][size=150][i]Fr. Dr. Weber[/i][/size][/b], [size=59]21.10.2004 14:46 [/size], Tierschutzbeautragte im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, bundesweite Koordination der Tierschutzangelegenheiten und Geschäftsstelle des Tierschutzrates hat geschrieben:Herzlichen Dank für Ihre Mail vom Oktober 2004. Ich kann ihnen zumindest vorab beruhigend mitteilen, dass Ihre Sorgen unbegründet sind. Ein Aufschnüren des Verhandlungspaketes zur Zulassung der Enthornung für Ziegen steht bei uns nicht zur Debatte.

Mit besten Grüßen

Christine Weber
[size=150][i][b]Dr. Hausleitner[/b][/i][/size],[size=59] 19.10.2004 06:12[/size], BAL Gumpenstein, Abteilung Stallklimatechnik und Tierschutz, Leiter der „Arbeitsgruppe Nutztierschutz“, bestehend aus Vertretern der für den Tierschutz zuständigen Behörden der Bundesländer, der landwirtschaftlichen Beratung und Interessensvertretung, des BMLFUW und der im Bereich Nutztierschutz tätigen und kompetenten wissenschaftlichen Institute hat geschrieben:Die Diskussion ist mir noch bekannt. Wenn auch die Möglichkeit eine Stellungsnahme zum Verordnungsentwurf abzugeben, offiziell lange vorbei ist, werde ich dennoch versuchen, an kompetenter Stelle nachzufragen und in Ihrem Sinne tätig zu werden.

MfG

A.Hausleitner
[size=150][i][b]DI Geßl[/b][/i][/size], [size=59] 19.10.2004 15:48[/size], Obmann, Öffentlichkeitsarbeit und Fachberatung, KT-FREILAND Verband für ökologisch-tiergerechte Nutztierhaltung und gesunde Ernährung hat geschrieben:Herzlichen Dank für Ihre E-Mail.
Die Enthornung ist mit Sicherheit eines der in der Diskussion um den Verordnungsentwurf nicht prioritären Themen. Gerade solche Punkte werden zur Befriedung einzelner Interessensvertreter in letzter Sekunde in papiere aufgenommen. Ich kenne diese Taktik schon aus mehreren Diskussionen zur Findung von Verordnungs- und Gesetzestexten.
Ich werde Ihre Anliegen jedenfalls in die Stellungnahme der österreichischen Bio-Verbände aufnehmen. Ethologische Argumete gegen eine Enthornung der Ziegen (wie auch der Rinder) gibt es ja genug.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Geßl
[size=150][i][b]meine Wenigkeit[/b][/i][/size], [size=59]21.10.2004 15:44 [/size]in Bantwortung des Mails von Fr. Dr. Weber hat geschrieben:Sehr geehrter Frau Dr. Weber,

Ich danke für ihre für unsere Ziegen erfreuliche Antwort. Dabei hoffe ich dass die Formulierung in der generellen Form bleibt, wie sie dem einfachen Bürger als zur Begutachtung zugänglicher Entwurf der 1. Tierhaltungsverordnung vorliegt. Ein mir angedeutetes Aufschnüren für Rassen, in deren Rassebeschreibung nicht eindeutig „horntragend“ (z.B. Weiße Edelziege im Vergleich zu Gebirgsrassen) enthalten ist, wäre nach meinem Dafürhalten bereits ein Kniefall vor den wirtschaftlichen Interessen einiger Großbetriebe.

In der Praxis ist in Ziegen - Großbetrieben die Enthornung „Stand der Technik“. Ein Verbot (nicht Zulassen) der Enthornung wird dort sicher Investitionen (z.B. Kletterbühnen) erfordern, die ohne Übergangsfristen nicht bis zum 1.1.2005 realistisch realisierbar sein werden. Angemessenheit im Vollzug und Überwachung wird, wenn dieser Punkt der Anlage 4 in unveränderter Form beibehalten wird, hier sicher auch im Sinne der Tiere während einer Umstellung ausgleichen können.

Langfristig wäre es auch ein Erfolg für den Tierschutz, wenn unsere Kinder und Enkelkinder auch Kühe wieder so erleben können, wie sie ohne Eingriff mit Lötkolben oder Ätzstift von Natur aus geschaffen wurden. Hier bin ich Realist: hier werden sich sicher Tier und Konsument nicht so schnell gegen die wirtschaftlichen Interessen der Massentierhaltung durchsetzen können. Leider wird von den Interessenvertretungen und vom darauf eingeschworenen Tiermarkt auch den Kleinbetrieben, in denen eine Laufstallhaltung auch mit behornten Kühen möglich wäre, der Weg dorthin nicht geebnet. Insofern bewundere ich hier Arbeit, Mut und Ehrlichkeit einiger Bioverbände, wie z.B. Demeter, KT Freiland oder BioRing Allgäu.

Nochmals herzlichen Dank für ihre Antwort, in der Hoffnung, dass diese nicht nur vorab beruhigend bleibt.


Judith Schmidt
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Beitrag von Judith Schmidt »

Zum Thema Enthornung,

als neulich unsere Tierärztin da war, habe ich sie darauf angesprochen und sie meinte, dass sie einmal eine Ziege enthornt hätte und sie würde es nie wieder tun. Es sei barbarisch und sie sähe darin keinen Sinn. Da bin ich mit ihr einer Meinung und sehe weiterhin gerne dabei zu, wenn sich unsere Ziegen ganz geschickt einen Zweig zwischen die Hörner stecken und sich damit kratzen :wink: .


Schönen Gruß aus der belgischen Eifel
Judith

Für mich ist das Leben eines Lamms nicht weniger wertvoll, als das Leben eines Menschen. (Mahatma Gandhi)

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Irene
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Beitrag von Irene »

Hallo Pichlbauer!
Hast DU Zahlen wie viele Ziegenbetriebe in NÖ und OÖ enthornen??
Und wo (besser wer) sind die Massenhaltungstierbetriebe??
Züchtest Du oder vermeherst Du Ziegen?? Theoretisch ist die Welt leicht zu ändern nuuur es fehlen die Menschen danach.

Irene


Wenn alles schief geht, kanns nur mehr besser werden!
Pichlbauer
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Beitrag von Pichlbauer »

Hallo Irene,

Zu deinen Fragen:

Ich bin registrierter Zuchtbetrieb im Salzburger Verband.
Die einzelnen Betriebsnamen in NÖ und OÖ kenne ich nicht vollständig. Die größeren Betriebe in OÖ bezeichnet Dipl. Ing. Böcker (Obmann des O.Ö. Ziegenzuchtverbandes) mit 70 bis 120 Muttertiere nicht als Großbetrieb. Großbetriebe sind in NÖ Betriebe mit z.B. 700 bis 800 Milchtieren (Liefert an Molkerei Andechs). Namen und Adresse kannst du sicher über Herrn Franz WEBER oder Frau Ilse NEU von NÖ â€“Verband erfragen.

Konkrete Zahlen wieviel Betriebe enthornen kann ich dir auch nicht geben. In einem Gespräch mit D. I. Böcker, meinte dieser, dass in OÖ die meisten größeren Ziegenmilch - Betriebe wegen hoher Besatzdichte ihrer Ställe enthornen müssen. Er stellte ein Einschreiten gegen das Enthornungsverbot durch den OÖ Verband mir gegenüber in Abrede.

Ich weiß nicht, was du mit deinem letzten Satz genau sagen willst – wenn der Mensch aber die Welt nicht theoretisch, sondern praktisch gegen die Natur ändert, wird er sicher früher oder später darin fehlen.


Irene
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Beitrag von Irene »

Hallo,
Also die beiden Verbandsvorstände aus NÖ kenne ich persönlich;jetzt fehlt mir nur mehr die "Ziegenlobby" und noch immer die "BÖSEN" Enthorner.Auch finde ich es "toll",daß ich über einen deutschen Chat über Vorgänge in Österreich informiert werde:da krankts doch wohl an Gesprächsbereitschaft und der Öffentlichkeitarbeit der Weltverbesserer.Meine Ziegen sind rassemäßig behornt und ich tu wie seeeehr viele andere nichts dagegen.
Irene


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Pichlbauer
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Beitrag von Pichlbauer »

Das Enthornungsverbot entsprechend des vorliegenden Begutachtungsentwurfes der 1. Tierhaltungsverordnung stellt für Ziegenrassen, die in ihrer Rassebeschreibung als horntragend dargestellt sind (Gebirgsziegenrassen, Buren…) selbstredend kein Problem dar.
Anders ist dies bei einigen Milchleistungsrassen und „Wald- und Wiesenziegen“, in deren Rassebeschreibung die Hornanlage (vom Menschen – nicht von der Natur) nicht verankert wurde. Hier fordern und fördern einige Vertreter (z.B. Steirischer Rassemilchziegen Zuchtverband) und österr. Autoren (z.B. G. Maurer in „Ziegen“ – Stocker Verlag und in „Der Ziegenzüchter“ - BRD) ganz offen die Enthornung von Ziegenkitzen. Auch bei Zwergziegen wird teilweise von den gleichen Personen die Enthornung gefordert (kinderfreundlich enthornt).

Wem dieses Thema in Österreich als interessierten Leser am Herzen liegt, werden z.B. Artikel von Univ. Prof. Dr. Bartussek in „Schaf und Ziege“ und der Verbandszeitschrift „ERNTE“ (beide erscheinen in Österreich) und deren nachfolgende Diskussion wohl nicht entgangen sein.

Für Burenziegenhalter/-züchter ist und war Enthornung kaum ein Thema!

Es sei aber dein gutes Recht, die Enthornung von Ziegen zu befürworten und die diesbezügliche Praxis in Österreich zu verniedlichen. Dass wenigen „Bösen“ am Fall des Enthornungsverbotes gelegen sein muss, spricht der Versuch dieser „Ziegenlobby“ die Tierhaltungsverordnung
abzuändern. Die Information, dass dies erfolgt und über die NÖ und OÖ Verbände laufen soll, habe ich von einer Vertreterin aus dem Bundesfachverband.

Ich habe vor nun bald mehr als drei Jahren hier im (Vorgänger-)Forum dieses Thema angerissen und erlaubte mir, hier „toll“ einmal über den Stand der zwischenzeitlichen aktuellen Entwicklung zu berichten.

Ob Befürworter oder Gegner der Enthornung in ihren Argumenten und Lobbyismus überzeugen konnten, werden wir sehen, wenn die Verordnung verabschiedet wurde und rechtskräftig wird.


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