Ich hatte bis letzten November noch nie ein anderes Haustier als Hunde und Katzen, was sich allerdings schlagartig änderte, als ich erfuhr, dass jemand in der Nachbarschaft zwei junge Ziegen (eine Mutter 2 Jahre, und ihre Tochter, 1 Jahr), ein junges Ziegenböckchen (1 Jahr) und drei, ebenfalls junge Kamerunschafe nicht über den Winter bringen konnte und sie darum zum schlachten gehen müssten.
Ich war entsetzt und sofort bereit, einen Stellplatz für die insgesamt sechs Tiere zu suchen. Das stellte ich mir leichter vor als es war und im Endeffekt blieben dann nur meine Familie und ich als Shelter übrig - oder eben der drohende Schlachter.
Wir bauten also kurzentschlossen unsere Partyhütte in einen Stall um und ein Nachbar, der ein "echter" Landwirt ist, unterstützte uns mit vielen guten Ratschlägen. Am Ende des Umbaus besah er sich die Hütte (die nun ein Stall war) und befand sie für gut.
Einen Tag später kamen auch schon die Ziegen und Schafe und bezogen ihr Winterquartier.
Dass es viele Anfangsschwierigkeiten gab brauche ich vermutlich nicht extra zu betonen, aber mit viel fragen, lesen, und Informationen holen wo immer es welche gab, spielte sich alles nach und nach prima ein. Das Böckchen war allerdings sehr appatisch, fraß schlecht, war sehr veränstigt und wurde ständig von den beiden Ziegen-Damen verprügelt, sodass wir den TA holten. Er stellte eine schwere Fellkrankheit fest die wir mit seiner Hilfe sehr gut behandeln konnten. Heute ist er ein selbstbewusster, stolzer, gesunder und schöner Bock, der uns große Anhänglichkeit entgegen bringt - und gegen die zwei Damen behauptet er sich jetzt energisch.
Nun wurden bereits besprochen, wann die Tiere wieder auf ihre ursprüngliche Weide zu ihrem Eigentümer zurück gebracht werden können und wir einigten uns auf 3 - 4 Wochen.
Am 10. 04. kam dann eine große Überraschung: als mein Sohn am Abend füttern wollte, fand er zwei Ziegenbabys im Stall! Wir waren total "von den Socken", denn aufgrund unserer Unerfahrenheit erkannten wir die Zeichen der Zeit vorher überhaupt nicht, außerdem sagte der TA Anfang Dez., dass kein Tier trächtig sei. Wir dachten daher, die Ziegen seien eben gut genährt.


Die Babys vom zweiten Wurf wurden überhaupt nicht von ihrer Mutter angenommen. Mit Hilfe unseres Landwirt-Nachbarn probierten wir, ihr die Lämmchen unterzuschieben,doch sie ließ es nicht zu und versuchte, sie an die Wand zu drücken. Der Nachbar meinte, es würde sich schon geben wenn sie über Nacht eine Bindung aufbauen kann und wir sollten ihr die Kleinen während der Nacht lassen. Wir haben es dann so gemacht. Heute morgen lag eins davon tot im Stall (vermutlich hat sich die Mutter draufgelegt). Das andere Baby war sehr schwach weil sie es nicht trinken lässt. Wir versuchten, es auch der anderen Ziege mit unterzuschieben, doch sie ließ es nur trinken wenn man ihr eins ihrer eigenen Lämmchen vor die Nase legte. Insgesamt bekam es viel zu wenig Milch und so holten wir es ins Haus.
Es ist gar nicht so einfach, mit der Flasche zu füttern, finde ich. Das Kleine weiß nicht wie man saugt, der Sauger rutscht dauernd raus, es schluckt nicht richtig usw., und wir müssen auch erst lernen, wie es genau funktioniert. Immerhin, heute haben wir ca. 350 ml über den Tag verteilt reingebracht (von der Biestmilli haben wir ein wenig nur melken können, es kam einfach nicht viel. Wir haben sie dem Kleinen in der Flasche gegeben). Es ist sehr schwierig für mich, mehr als 20 ml auf einmal zu füttern weil das Kleine einfach einschläft. Ich wecke es jede Stunde zum füttern.
Die anderen beiden Lämmchen sind bei ihrer Mutter im Stall und gedeihen prima. Die "Rabenmutter" haben wir heute Nacht in eine seperate Box gesperrt (das ist übrigens die einjährige Tochter der anderen Ziege), damit sie nicht noch eins umbringt.
Ganz bestimmt haben wir auch einiges falsch gemacht mit dem jetzt toten Lämmchen, uns fehlt einfach die Erfahrung. Ich habe mir wirklich Vorwürfe gemacht und war sehr traurig. GsD habe ich durch die Arbeit mit dem Flaschenkind nicht so viel Zeit, so zu trauern wie es ansonsten mit hoher Wahrscheinlichkeitgewesen wäre.
Bin einerseits richtig glücklich über die Kleinen, andererseits habe ich auch total Angst, wieder was falsch zu machen. Das tote Ziegenbaby ist schon sehr aktiv in meinen Gedanken... Eine recht merkwürdige Zeit voll gegensätzlicher Gefühle ist das für mich.
Das wars jetzt erst mal von mir. Ich freue mich auf regen Austausch und eine interessante Zeit mit Euch.
LG <3
P.S.
Den obigen Text habe ich in der tiefsten Nachtum ca. 3 Uhr geschrieben. Als ich heute morgen runter kam, stand das Baby in seinem Karton und schrie
mit zartem Stimmchen nach Milch. Den Mund macht es noch nicht selbstständig auf (habe gestern gelernt wie das geht), aber es konnte plötzlich saugen, trank dann 200 ml auf einen Schlag und macht insgesamt einen viel fitteren Eindruck. Mei, ich freu mich so! :) #jubel#