Achtung! Romantisch-idealistischer Bericht!
#gitarre#
Vorbereitung
Vier Stunden vor dem Aufbruch ein halbstündiges Telefonat mit einer Bekannten, die von sich sagt, sie könne mit Tieren "reden". Ich glaube zwar nicht wirklich an solcherlei, aber Dionysos wird bestimmt keinen Schaden nehmen, wenn ich ihm durch die Bekannte erklären lasse, was auf ihn zukommt und warum die Sterilisation nötig ist.
Zwei Stunden vor dem Aufbruch erste Gabe von Rescue-Tropfen, anschliessend im 30 Minuten-Takt, sowohl für Dionysos wie auch für mich und jedes Mal mit der Bitte verbunden, die Götter mögen uns Kraft und Ruhe schenken für die bevorstehende Reise.
(Mir war auch eine einmalige, präoperative Gabe von Arnica D30 empfohlen worden, aber diesbezüglich scheiden sich mal wieder die Geister und letztlich hab ich mich dagegen entschieden, weil ich das Risiko von starken Blutungen, die durch Arnica offenbar ausgelöst werden könnten, nicht eingehen wollte.)
Aufbruch
Dionysos lässt sich in aller Ruhe halftern, anleinen und aus dem Stall führen. Das erwartete Protestgeschrei bleibt aus und nach gutem Zureden meinerseits und kurzem Zögern seinerseits springt er nach mir in den Transporter.
Fahrt
Als der Transporter sich in Bewegung setzt, beginnt Dionysos zu schlottern, drückt sich an mich und steckt seinen Kopf unter meine Achsel. So bleibt er die nächsten 20 Minuten stehen und es berührt mich sehr, dass dieses scheue Tier, das sich ansonsten nur ungern anfassen lässt, nun Schutz und Trost sucht in körperlicher Nähe.
Nach 20 Minuten hört das Schlottern auf, Dionysos wendet sich dem Efeu zu und knabbert ca. 10 Minuten lang daran; dann wendet er sich ab, drängt sich in eine Ecke, bleibt für die restlichen 30 Minuten mit hängendem Kopf stehen und will nicht mehr angefasst werden.
Während der einstündigen Fahrt Rescue-Tropfen im Viertelstundentakt.
Ankunft
Dionysos lässt sich unter grossem Angst- und Protestgeschrei aus dem Transporter ziehen/schieben. Er schlottert wieder, bäumt sich auf, will wegrennen. Ich fasse ihn am Halfter und ziehe/führe ihn zur Anmeldung. Das Geschrei verstummt, das Schlottern bleibt.
Eine junge Arztin nimmt uns in Empfang, bespricht mit mir nochmals den ganzen Ablauf, lässt mich ein Formular bezüglich Narkose-Risiko lesen und unterschreiben. Die Eintritts-Untersuchung verläuft ruhig und zügig, Dionysos schlottert unentwegt, seine Temperatur liegt bei 40.3 Grad. Er lässt sich in seine Boxe ziehen/schieben, als würde er zur Schlachtbank geführt...
Letzte Gabe von Rescue-Tropfen und ein Stossgebet gen Himmel mit der Bitte, die Nacht möge für das verängstigte Tier so erträglich wie irgendwie möglich sein. Es ist herzzerreisend, Dionysos in solch einem Zustand alleine zurückzulassen...
Nächster Tag
Früh morgens ein Anruf von der Klinik, der Eingriff müsse wegen Notfällen auf den frühen Nachmittag verschoben werden -- SHIT!!!
Entgegen meiner Absicht fahre ich nicht gleich los und beschliesse, nicht schon vor, sondern erst nach dem Eingriff in der Klinik zu sein. Ich bin derart angespannt und "hyprig", dass ich die zuständigen Tierärzte in den Wahnsinn treiben und Dionysos nix Gutes tun würde. Man wird mich benachrichtigen, wenn der Eingriff durch ist und Dionysos abgeholt werden kann.
Um 14:00 halte ich die Anspannung nicht mehr aus und beschliesse loszufahren. 10 Minuten bevor wir die Klinik erreichen, kommt endlich der Anruf: Alles gut gelaufen, Dionysos ist noch nicht ganz wach, aber in guter Verfassung -- den Göttern sei Dank!!!
Dionysos liegt schlotternd auf einer Matte und ich breite meine dicke Fleece-Jacke über seinen Körper. Die zuständige Ärztin meint, er schlottere vor Angst und sie habe noch nie ein Tier erlebt, das derart empfindlich mit Fieber und ständigem Schlottern auf Stress reagiere. Ich verfluche mich dafür, dass ich nicht schon am frühen Morgen losgefahren bin...
Rescue-Tropfen, streicheln, besänftigend und ermunternd auf das verängstigte Tier einwirken... Der TA, der den Eingriff vorgenommen hat, bringt das Behandlungsjournal, schildert den Verlauf, sagt, er sei sehr zu frieden, Dionysos habe die Kurznarkose gut vertragen, sei in guter Verfassung, könne sich in den nächsten Stunden aber noch taumelig und verstört verhalten.
Nach einer Dreiviertelstunden steht Dinoysos auf, immer noch schlotternd, aber wild entschlossen, den Ort des Schreckens so schnell wie möglich zu verlassen. Sein Gang ist überraschend sicher, er zieht an der Leine, wirft unwillig den Kopf hin und her, springt ohne Zögern in den Transporter.
Heimfahrt
Dionysos hört nach wenigen Minuten auf zu schlottern, macht sich über das Heu her, steht erstaunlich sicher, will nicht angefasst werden. Nach ca. 20 Minuten legt er sich hin, wirkt während der restlichen Fahrt ruhig und entspannt.
Heimkehr
Dionysos will nicht aus dem Transporter, stemmt sich gegen den Zug der Leine, meckert empört. Erst als er die Mädels rufen hört, ist er mit einem gewaltigen Satz plötzlich draussen, bricht in lautes Geschrei aus, rennt schreiend zum Gehege-Gatter und verlangt Einlass, rennt Philia fast über den Haufen, rast schreiend auf Bella zu, schlittert die letzten Meter über den eisigen Asphalt, Bella geht ihm ruhigen Schrittes entgegen und die beiden lassen ihre Hörner ein paarmal sanft gegeneinander klingen, beschnuppern sich ausgiebig, dann läuft Dionysos zum Stall, geht schnurstracks in seine Boxe und macht sich über das Heu her. Die Mädels, die während seiner Abwesenheit sonderbar ruhig und verhalten waren, hüpfen lebhaft im Stall umher, rangeln miteinander, und die Aufregung/Freude über die Dionysos' Rückkehr ist so greifbar, dass mein Herz vor Dankbarkeit überläuft... :D
Bis Mitternacht war ich im Halbstundentakt im Stall, bis 04:00 noch jede Stunde, dann hab ich mir drei Stunden Schlaf gegönnt. Dionysos verhielt und verhält sich völlig normal, frisst schön, geht mit den Mädels nach draussen, weist Perle in ihre Schranken und ist sehr an Bellas Urin interessiert, einzig beim Klettern stellt er sich etwas unbeholfen an, vermutlich tut ihm die noch frische Naht etwas weh.
Insgesamt und obwohl nicht alles ganz genau so wie geplant und gewünscht gelaufen ist, bin ich sehr zufrieden und ungemein dankbar, dass Dionysos den Eingriff trotz Mega-Stress so gut überstanden hat, und freue mich sehr sehr sehr darüber, dass das hypersensible Bürschchen sich ungestört zu einem ausgewachsenen Stinker entwickeln darf.
Dorchen hat geschrieben:Ich liebe den Bockgeruch...
Geht mir genauso... :D
#gitarre#
p.s. Als ich gestern Nachmittag während der Aufwachphase kurz draussen war, kam ein Kuhhalter des Weges, blieb neben mir stehen, schnupperte und meinte: "Da muss wohl ein Ziegenbock in der Nähe sein..." Die Fleece-Jacke war drinnen bei Dionysos, aber mein Kaschmirschal roch auch sehr angenehm nach Bock... *fg*